Süddeutsche Zeitung

Haben und Sein:Mehr ist mehr

Wohn-Accessoires von Philipp Plein, ein Gesichts-Spray von der Zürcher Marke "Soeder" und eine Limonade für den Sommerausklang: die Stilnews der Woche.

Von Anne Goebel, Kathrin Hollmer, Tanja Rest und Max Scharnigg

Kein Modehaus, das auf sich hält, kommt heute ohne eigene Home Collection aus. Das zeichnete sich schon vor der Pandemie ab, hat sich im Lockdown aber noch einmal rasant beschleunigt. Die Ratio dahinter ist unwiderstehlich: die Komplettauswertung der Ikonographie eines luxuriösen Namens. Warum sollte die Kundin nur in Dior speisen und nicht auch darauf (Speiseteller Jardin d' Hiver: 130 Euro)? Warum lediglich in Missoni schlafen und nicht auch darunter (Zickzackbettwäsche Andres: 168 Euro)? Merke: Erst mit Möbeln, Kissen und Nippes für daheim wird die Markenwelt wahrhaft komplett, und wer sich Chanel schon immer mal an die Wand kleben wollte, auch diese Tapete gibt es längst. Wenn nun auch der unangefochtene Großmeister des zeigefreudigen Exzesses (Motto: Mehr ist Mehr), Philipp Plein, eine Home Collection auf den Markt wirft, wie wird sie wohl aussehen? Kurzes spekulatives Innehalten: bestimmt viel Gold, Schwarz und Plüsch, Spiegel für die narzisstische Befriedigung, Swarovski-Kristalle wahrscheinlich, Totenköpfe todsicher. Und das kommt dann tatsächlich sehr nahe ran. Schwarze Samtsofas mit goldenen Beschlägen, Teppiche und Tapeten in Leo-Optik, wabenförmige Spiegel mit Goldkante, Cashmere-Decken mit Plein-Logo und in der Tat sehr viele Totenschädel. Für die Qualität bürgt die Kollaboration mit dem Luxusmöbelbauer Eichholtz und dem italienischen Traditionshaus Zambaiti Parati, das auf Tapeten spezialisiert ist. Die Kampagne hat die Fotografin Ellen von Unwerth in Szene gesetzt. Fazit: Nichts für den normalen Hausgebrauch, aber wer etwas Ironie mitbringt, könnte Spaß haben.

Bildbände über Mode sind meistens unhandliche Wälzer; dass es auch kleiner geht, zeigt die Reihe "Little Book of..." aus dem Eden-Verlag. Die Bücher erscheinen im Taschenbuchformat, allerdings als Hardcover - soviel Substanz muss sein, wenn es um die Großen der Couture geht. Nach Chanel, Gucci und Prada ist "Little Book of Dior" (15 Euro, edenbooks.de) das jüngste Werk aus der Reihe. Karen Homer erzählt die Geschichte von Christian Dior, der 1946 mit der Erfindung des femininen "New Look" nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren für eine Sensation in der Modewelt sorgte und damit den Grundstein für eines der bis heute einflussreichsten Pariser Häuser legte. Auch wenn nach seinem Tod so unterschiedliche Designer wie Yves Saint Laurent, Gianfranco Ferré oder Maria Grazia Chiuri die Handschrift der Marke prägten - es blieb bei der Dior-Maxime: großer Auftritt. Das zeigen auch die Bilder, von Marlene Dietrich mit Tüllstola über Lady Dianas Lingerie-Unterkleid bis zu Carrie Bradshaws "Sex and the City"-Lieblingstasche.

Anderes Land, andere Assoziationen: In Zürich steht der Name Soeder nicht für Politik, sondern für ein hippes Naturkosmetik-Label, dessen schlicht-schöne Flaschen als Badaccessoires dem Platzhirsch Aesop Konkurrenz machen. Liegt vielleicht auch daran, dass es mit Hanna und Johan Åkerström zwei designaffine Schweden waren, die das Kollektiv vor rund zehn Jahren in Zürich gründeten. Besonders die alpinen Kräuterduftnoten wie etwa beim neuen Herbal Face Spray weisen die Soeder-Pflegeprodukte als Made in Switzerland aus. Die Marke beschränkt sich aber nicht nur auf hochwertige Seife und Shampoos, sondern hat auch ein Textilsortiment, das den gleichen Grundsätzen verpflichtetet ist: gut aussehen und gut sein. In diesem Sinne werden schlicht-schöne Basics angeboten, die vielleicht auch dem großen Namensvetter in Bayern stehen würden.

Während einer Reise nach Äthiopien, wo die Berlinerin Welella Negussie Familie hat, waren sie und ihre Jugendfreundin Anna Papadopoulos so fasziniert von den traditionellen Textilien und der Webkultur in und um die Hauptstadt Addis Abeba, dass sie noch vor Ort beschlossen, ein eigenes Sozialunternehmen zu gründen. Mit Welana bringen sie äthiopische Handwerkskunst in die ganze Welt und vertreiben echte Lieblingsstücke: feine Hamamtücher, kuschelige Schals und Decken. In den lokalen Webereien, mit denen sie zusammenarbeiten, werden die Produkte von Hand und mit traditionellen Webtechniken gefertigt. Verwendet werden nur Naturstoffe, reine äthiopische Baumwolle oder Baumwoll-Eri-Seide-Gemische. Um die Einkommensstruktur vor Ort zu stärken, achtet Welana darauf, dass die Weberinnen und Weber für faire Löhne arbeiten und krankenversichert sind (Hamamtücher ab 89 Euro, welana.com).

Mit Mineralwasser aus der Münchner Schotterebene hat alles angefangen: Das junge Unternehmen Aqua Monaco traf damit vor einigen Jahren perfekt den regionalen Zeitgeist in der Gastronomie und im Einzelhandel. Seitdem waren es vor allem raffiniertes Tonic Water und andere Mixers, die mit ihren kleinen, bunten Flaschen für die weitere Bekanntheit der Münchner Marke sorgten. Dazu gesellt sich jetzt zum Ende des Sommers eine ganz neue Geschmacksrichtung, die auf den Namen La Toronja hört. Dahinter verbirgt sich eine Grapefruitlimonade, nicht zu süß und abgerundet mit leichtem Salzaroma und einem Hauch Chili. Ein ziemlich einzigartiges Getränk also, das mit Mezcal oder Tequila, aber auch pur auf Eis sehr gut funktionieren soll - auch jenseits der Schotterebene.

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