Süddeutsche Zeitung

Pariser Fashion Week:China an der Seine

Die Pariser Modewelt zieht Chinesen an - und andersherum. China gilt zunehmend als boomender Markt für Luxus-Artikel. Umgekehrt wollen chinesische Designer nun auch in der französischen Hauptstadt Fuß fassen - und das Image des minderwertigen "Made in China"-Prädikats aufbessern.

Die Fashion Week in der französischen Hauptstadt bringt China nach Paris: Chinesische Schauspielstars sitzen in der ersten Reihe, eine chinesische Designerin zeigt ihre Entwürfe und chinesische Käufer durchstreifen die Stadt. China nimmt die Pariser Modewoche in Beschlag - und wird seinerseits von Top-Designern umworben. Denn die Volksrepublik ist inzwischen zu einem der wichtigsten Wachstumsmärkte der Modebranche geworden.

Beim Mode-Defilee von Dior überschlugen sich die Paparazzi fast, um Fotos von drei eleganten unbekannten Schönheiten zu schießen, die von einem ganzen Stab Leibwächter umgeben waren: Die Schauspielerinnen Huo Siyan, Li Xiaolu und Lin Peng sind in ihrer Heimat Stars wie Drew Barrymore in Hollywood - in Paris dagegen musste Dior ein Info-Blatt verteilen, damit die Fotografen sie identifizieren konnten.

Doch die großen Modehäuser können es sich nicht leisten, das Land mit der zweitgrößten Zahl an Milliardären weltweit zu vernachlässigen - denn im Jahr 2015 wird China den Prognosen zufolge einen 20 Milliarden Euro schweren Markt für Luxus-Artikel bieten. Das seien dann 20 Prozent des weltweiten Marktes, schätzen die Unternehmensberater von McKinsey.

Modebegeistertes Land mit der zweitgrößten Zahl an Milliardären

"China begeistert sich für Mode - so wie alle Schwellenländer, wo das Äußere einen wichtigen Stellenwert einnimmt", sagt Didier Grumbach, der Präsident der französischen Kleidungs- und Modevereinigung. Er war Teilnehmer der Veranstaltung "China in Paris", die seit 2010 jedes Jahr während der Pariser Fashion Week abgehalten wird, um Kontakte zwischen Chinesen und der Mode-Hauptstadt herzustellen. "Vor zehn Jahren gab es noch keinen einzigen Chinesen in unserer Industrie", erinnert sich Grumbach.

William Zhao, der Vorsitzende des chinesischen Copais-Konzerns, sucht in Paris nach neuen Talenten. Denn heute dominieren fünf europäische Marken den chinesischen Markt: Dior, Louis Vuitton, Chanel, Gucci und Armani. "Ich denke, dass die Luxusindustrie in China erst am Anfang steht. Wir peilen die zehn Prozent der Reichsten in der Bevölkerung an und diese Leute wollen Neues", sagt er.

Umgekehrt will die Volksrepublik die Sichtbarkeit ihrer eigenen Designer in der Modewelt vergrößern. "China hat noch keine Designer von dem Kaliber eines Yohji Yamamoto oder Issey Miyake. Doch die Chinesen wollen Werbung für die Arbeit ihrer Kreativen machen, die eines Tages zu großen nationalen Marken werden könnten", erläutert Didier Grumbach die Ambitionen Chinas im Vergleich mit Japan.

"Sie haben keine Ahnung, wie sie in Paris Fuß fassen können"

Schon ein halbes Dutzend chinesischer Modedesigner hat Christine Zhao, die Organisatorin von "China in Paris", in die französische Hauptstadt kommen lassen. "Wir wollen ihnen die Türen öffnen, denn sie haben keine Ahnung, wie sie in Paris Fuß fassen können", sagte Zhao, aber: "Danach müssen sie selbst sehen, ob sie bleiben wollen" - und ob sie die Sprachbarriere überwinden können. Bisher haben es drei ihrer Schützlinge in die Pariser Ausstellungsräume geschafft. Der Moment sei günstig, meint Zhao. Aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen finde die chinesische Mode zunehmend Beachtung.

Die Designerin Masha Ma aus Shanghai hat sich in Paris niedergelassen - nach Jahren des Studiums am renommierten Londoner Central Saint Martins College of Art and Design und drei Auftritte bei der Fashion Week in London. Mit nur 30 Jahren zählt sie dieses Jahr zum ersten Mal zum offiziellen Programm der Modewoche in Paris. Ihr Defilee am kommenden Mittwochabend soll nicht nur chinesisches Erbe widerspiegeln. Vor allem will Ma das Image chinesischer Billig-Textil-Produktionen abstreifen: "Ich will dazu beitragen, dass sich die Vorstellung von einem minderwertigen 'Made in China' ändert. Und ich bin überzeugt, dass das möglich ist," sagt sie.

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Emma Charlton/afp/leja
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