Für sie: Oranje Oversized
Eines ist sicher: Die Olympischen Spiele in Paris werden überkandidelt. Das liegt nicht nur an den atemberaubenden Schauplätzen, die Bilder für die Ewigkeit produzieren sollen, sondern an der Louis-Vuittonisierung dieser Stadt, die in Großteilen dem Luxusunternehmer Bernard Arnault gehört. Louis Vuitton ist der Premiumpartner dieser Spiele und liefert Medaillenkoffer, Medaillentabletts und von den Spielen 1924 inspirierte Medaillenüberbringer-Outfits, mit weiten beigen Hosen und Schiebermütze. Der Slogan der Marketingkampagne heißt: Handwerker aller Siege. Das ist so arrogant, dass man sich spätestens da ein wenig freut, dass zumindest die Uniform des französischen Teams wegen Overthinkings so schiefgegangen ist: Die Modeikone Carine Roitfeld zieht den Sportlern zusammen mit dem Label Opening Ceremony komische Kostüme mit Satinkragen an, und weil sie sonst nur mit Modelkörpern arbeitet, ist das Ergebnis eher Airline-Crew als Fashion-Anführer.
Andere Länder haben das besser gemacht, Stella Jean zum Beispiel mit ihren bunten Tellerröcken für Haiti. Aber unsere Mode-Medaille für weibliche Sportler geht an die Niederlande. Schlicht ergreifende Trainingsanzüge für alle, und zwar in Blau, Weiß oder Oranje. Das Besondere an diesem Tracksuit vom Amsterdamer Label The New Originals ist der lässige Oversized-Look, der nicht nur den deutschen Adidas-Funktionsminimalismus alt aussehen lässt, sondern diesen Spielen ein bisschen Street Credibility aufs logoverzierte Medaillentablett spuckt.
Für ihn: Zarter Krieger
Die ersten viralen Momente hatten die Olympischen Spiele von Paris schon lange vor der Eröffnung. Jedenfalls versetzen die Uniformen der mongolischen Mannschaft das Netz schon seit Wochen in kollektives Verzücken. Die erste Goldmedaille hätte das Land damit schon vorab errungen, so etwa lassen sich die Kommentare auf Instagram und Co. zusammenfassen. Tatsächlich sind die Outfits hinreißend und vereinen moderne und traditionelle Elemente, Sport und Fashion auf so interessante Weise, dass man sich als Betrachter gleich ganz schlecht fühlt, weil man sieben Wochen lang nicht mal an die Existenz der Mongolei gedacht hat.
Entworfen wurde diese Olympia-Kollektion von den Schwestern Michel und Amazonka Choigaalaa, die seit gut zehn Jahren mit ihrem Fashionlabel Michel&Amazonka erst in Ulan-Bator und mittlerweile auch in den üblichen Modemetropolen Aufsehen erregt haben. Viel aufwendige Handarbeit mit überlieferten Mustern, aber auch Anklänge von hipper Streetwear zeichnen die Designs der Schwestern aus. Auf den olympischen Oufits finden sich jetzt der Sojombo, das Nationalsymbol der Mongolei, aber auch der Eiffelturm und die olympischen Ringe, außerdem gehören Accessoires wie Taschen, Gürtel und bei den Damen auch Ohrringe zur Komplettierung des stolzen Gewandes. Mit der Anmutung eines poetisch-martialischen Helden trifft die Ästhetik jedenfalls ganz gut den Nerv westlicher Popkultur. Zwanzig Stunden reine Handarbeit stecken in jeder Uniform – gut, dass die mongolische Delegation nur aus zehn Athleten besteht.