Ladies & GentlemenOriginal und Nachwuchs

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(Foto: Getty Images)

Musik, Mode, Müßiggang – die Sehnsucht nach den Neunzigerjahren ist gerade groß, und dabei ist es nicht unbedingt wichtig, ob man sie erlebt hat: Sarah Jessica Parker und Lennon Gallagher in der Stilkritik.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für sie: Carrie? Lady!

Die Ansprüche werden immer niedriger, das gilt auch für sogenannte Stilikonen. Sobald es eine Influencerin schafft, sich ein von einem Label komplett bereitgestelltes Outfit überzustreifen, qualifiziert sie sich scheinbar für den Titel, so oft hört man ihn jedenfalls heute. Eine, die den zur Worthülse verkommenen Begriff in den Neunziger- und Nullerjahren noch mit Sinn füllte, ist Sarah Jessica Parker. Im Jahr 2000 antwortete sie als Carrie Bradshaw in „Sex and The City“ auf die Frage nach ihrer Tasche: „It is not a bag, it’s a baguette!“ Klar, dass das gleichnamige Modell, das man sich unter die Achsel klemmte, dann beim Hersteller Fendi wegging wie extralange Semmeln. Und klar, dass die Schauspielerin jetzt bei der Show in Mailand auftauchte.

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Einerseits, um das 100-jährige Bestehen des italienischen Modehauses zu feiern, andererseits, um uns daran zu erinnern, was Stil überhaupt ist. Auch sie trägt natürlich von Kopf bis Fuß Fendi, trotzdem sieht sie nicht so aus, als hätte sie sich verkleidet, sondern wie ein ganz normaler Mensch selbständig angezogen. Kein besonders auffälliges Outfit oder besonders unlaufbare Schuhe, nur damit es hinterher auf Instagram irgendjemanden interessiert. Sondern einfach ein hübsches Strickkleid mit einem hübschen Mantel, dazu die neue Version der Baguette-Bag, quer über dem Körper. Das ist natürlich schon zeitgeistig, weil der Trend zum gedimmten Hintergrund für besondere Accessoires gerade in der Luft liegt. Was macht eine Stilikone also aus? Egal, ob stehen geblieben oder nah an Trends, sie ist ganz einfach echt.

Für ihn: Daddy? Cool!

Im Rückblick mausern sich die Neunzigerjahre zunehmend zu einem total aufregenden Jahrzehnt. Wer dabei war, wird sich erinnern, dass es zwar eine ganz muntere Dekade war, aber streckenweise auch sehr bräsig selbstbezogen. Immerhin hatte man unendlich viel Zeit, um sich mit müßigen Fragen wie Oasis vs. Blur oder CD vs. Minidisk zu beschäftigen. Oder sich Innovationen wie Schaumpartys und Volksaktien auszudenken, die beide zunächst für sehr viel Aufregung sorgten, aber dann aus Gründen nicht weiterverfolgt wurden. Wie sehr diese vergleichsweise harmlose Dödel-Epoche nun im Rückblick verklärt wird, sieht man am Run auf die Konzerttickets von Oasis oder an der jüngst erfolgten Heiligsprechung von Bridget Jones. Menschen, die nie lernen mussten, wie man eine Doppel-CD-Hülle aufklappt oder eine Kassette bespielt, reißen sich um die Tickets für solche lauwarmen Aufgüsse. Warum? Weil alle gerne eine echte analoge Experience hätten, und die Neunziger waren eben das Fanal des Analogen. Seither simulieren und absorbieren Bildschirme und Algorithmen weite Teile unseres Lebens.

(Foto: Getty Images)

Lennon Gallagher ist der Sohn von Oasis-Sänger Liam und Jahrgang 1999. Er modelt und musiziert standesgemäß, wenn auch mit eher mittlerem Erfolg. Und wie bei vielen Vertretern der Gen Z spiegelt sich in seinem Stil stets der große Einfluss der Neunziger-Mode – Haarschnitt, Brillenmodell, weite Hose, irgendein Burberry-Ding und dazu Wallabe-inspiriertes Schuhwerk – das war alles auch damals groß, das hat alles sein Vater schon an exponierter Stelle getragen. Der Unterschied von heute zu damals ist vielleicht – damals waren diese Posen Pop, heute ist Pop nur noch eine Pose von vielen.

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