Kolumne „In aller Munde“:Die Superbirne

Lesezeit: 2 Min.

Die Nashi-Birne erinnert der Form nach an einen Apfel. (Foto: nahhan via imago-images.de/Depositphotos)

Nashis kommen aus China, gelten in Japan als Delikatesse und sind auch immer öfter in deutschen Obstauslagen zu finden. Lohnt sich die Birne, von der Spitzenköche schwärmen?

Von Marten Rolff

In manchen Obstauslagen hat sich zuletzt eine neue Birnensorte etwas breiter gemacht, die Nashi-Birne, die wegen ihrer Herkunft (China) und wegen ihres Hauptverbreitungsgebietes wahlweise auch chinesische, japanische oder koreanische Birne genannt wird. „Apfel-Birne“ und „Birpfel“ sind ebenfalls als Namen gebräuchlich, wegen ihrer runden Form. Und „Nashi-Birne“ ist streng genommen eine Tautologie, weil Nashi schlicht das japanische Wort für Birne ist.

Obwohl erste Nashis schon vor 60 Jahren nach Deutschland gebracht wurden und hier – vereinzelt – sogar angebaut werden (mehr Plantagen gibt es in Frankreich), ist die Sorte kaum bekannt. Im Zuge des Japan-Booms in der Gastronomie tauchte sie dann vor allem auf Speisekarten besserer Restaurants auf. Neuerdings findet man sie immer öfter in Supermärkten, ja sogar im Discounter, was eigentlich eine gute Nachricht ist, denn Nashis schmecken großartig.

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Ihr Fruchtfleisch hat für eine Birne eine ungewöhnlich feste bis knackige Struktur, und auch geschmacklich erinnert sie an eine Kreuzung aus Birne und Apfel, sehr frisch, mit einer fantastischen Balance aus Säure und Süße und Anklängen von Melone. Leider gibt es auch eine schlechte Nachricht, denn mit ihren asiatischen Verwandten haben in Deutschland verkaufte Nashis geschmacklich selten etwas zu tun. Auf japanischen Märkten werden besonders schöne Exemplare gewürfelt als süchtig machender Snack verkauft. Europäische Supermarkt-Nashi-Birnen schmecken selbst jetzt zur Saison und voll ausgereift oft dumpf und wässrig.

Womit man beim deutschen Birnenproblem wäre. Eine gute Apfelsorte zu finden, ist heute schwierig genug. Aber vor allem jetzt zur Erntezeit immer noch ein Kinderspiel im Vergleich zum Aufspüren einer guten Birnensorte. Dafür braucht es mittlerweile ein Quellenstudium, das dem Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit gleichkommt. Angesichts von 460 Sorten Tafelbirnen weltweit, Mostbirnen nicht mitgerechnet, verpassen wir einiges.

Wer etwas für die Sortenvielfalt tun will, muss Obstbrände trinken

Natürlich sind gängige Sorten wie Williams Christ (meistangebaute Birne der Welt), Abate Fetel oder Conference gut. Aber sie ersetzen nicht die Vielfalt. Da wären Butterbirnen wie Amanlis oder Superfin, mit zimtfarbener Schale und süßem, rosenduftigen Fleisch, das sich für edle Desserts eignet. Oder die zarte Gute Luise, die wegen ihrer Gerbstoffe perfekt zum Einlegen ist. Die fast vergessene, aromatische Schmeckerbirne, die Deutsche Nationalbergamotte, die fleischige Sommerblutbirne, die Liste ist endlos. Nach vielen dieser Sorten muss man lange suchen, fündig wird man zum Beispiel nördlich von Nürnberg, wo Streuobstwiesen und kleinteiliger Obstanbau oft erhalten geblieben sind. Und es sind interessanterweise nicht zwingend Bauern, die noch alte Bäume haben, sondern Spitzendestillerien wie die Edelbrennerei Haas in Pretzfeld, die Wiesen mit alten Baumbeständen gekauft hat, um sie vor Flächenfraß zu schützen und weiter gutes Obst für besondere Brände zu bekommen. Wer heute etwas für die Sortenvielfalt tun will, muss also, kein Witz, Schnaps trinken.

Die Qualitäten einer guten Birne sollte man übrigens unbedingt mal in einer herzhaften Zubereitung suchen, sie passt perfekt zu Käse und Schweinefleisch. Dafür die Birne schälen, das Kerngehäuse rund ausstechen und das Obst mit einem Stückchen Camembert füllen. Dann mit zwei, drei Scheiben magerem Speck umwickeln, diese mit einem Zahnstocher arretieren und das Ganze bei 200 Grad in den Ofen geben (Ober- und Unterhitze), bis der Speck knusprig und der Käse zerlaufen ist. So köstlich schmeckt der Herbst.

Der Autor bekam von einer Freundin einmal selbsteingelegte Safranbirnen serviert, an deren tollen Geschmack er sich bis heute erinnert. Und bis heute verweigert man ihm das Rezept dafür. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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