Nachruf auf die Designerin der Queen:Die Handtasche als Kunstwerk

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Judith Leiber hat mehr als 3500 Handtaschen entworfen, zu ihren Kundinnen gehörten die Queen und Hillary Clinton. Mit 97 Jahren ist sie gestorben. (Foto: imago/ZUMA Press)

Eine Clutch, die wie ein Bund Spargel aussah oder wie eine Aubergine - Judith Leibers Entwürfe waren bunt und verrückt. Zu ihren Kundinnen zählten die Queen und Hillary Clinton. Nun ist die Designerin gestorben.

Von Nadeschda Scharfenberg

Für Männer gehört sie zu den größten Mysterien: die Handtasche. Was mag sich bloß darin verbergen, in diesem Universum der Weiblichkeit? Ganz banal: Handy, Schlüsselbund, Geldbeutel, Labello. So was. Aber es gibt auch Handtaschen, die sind selbst für Frauen ein Mysterium, jedenfalls für Durchschnittsfrauen.

Zum Beispiel die Modelle der Designerin Judith Leiber. Sie sind klein, bunt, verrückt; sie hat eine Clutch (ein henkelloses Täschchen) entworfen, die wie ein Bund Spargel aussieht. Oder wie eine Aubergine. Oder wie ein Pekinese. In diese Täschchen passt kaum etwas rein, kein Handy, kein Schlüsselbund, kein Geldbeutel, höchstens eine Kreditkarte und ein abgepfriemelter Hausschlüssel. Und der Labello. Und eigentlich passen sie auch zu keinem Outfit, weil sie so übertrieben sind.

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Judith Leiber, geboren 1921 in Budapest, Tochter jüdischer Eltern, erlernte als Jugendliche das Täschner-Handwerk. Während des Holocausts lebte sie im Ghetto und verlor mehrere Verwandte. Um nicht verrückt zu werden, entwarf sie im Geiste Handtaschen, so erzählte sie einmal Harper's Bazaar. Sie verliebte sich in einen US-Soldaten, Gerson Leiber, einen Künstler, mit ihm wanderte sie 1947 in die USA aus. Angeblich hatte sie kein Gepäck dabei - außer einer grünen Kiste mit Täschnerwerkzeug.

In New York arbeitete sie für mehrere Modefirmen, 1953 erregte sie erstmals Aufmerksamkeit, als sie die Tasche designte, die Mamie Eisenhower bei der Amtseinführung ihres Mannes trug. 1963 gründete Leiber ihr eigenes Label. Mehr als 3500 Handtaschen hat sie entworfen, darunter auch dezentere Modelle. Zu ihren Kundinnen gehörten die Queen, mehrere First Ladys (für Hillary Clinton entwarf sie eine Tasche in Form der Hauskatze Socks) und Stars wie Greta Garbo, Katy Perry oder Sarah Jessica Parker, die als Carrie Bradshaw die Modelle Cupcake und Swan in der TV-Serie "Sex and the City" spazierentrug. 1998 zog Leiber sich zurück und verkaufte Firma und Markenrechte.

Leibers bis zu 7000 Dollar teure Taschen sind weniger Gebrauchsgegenstände als vielmehr Kunst, ihre Modelle sind in Museen ausgestellt. Am Wochenende ist Judith Leiber nach US-Medienberichten in ihrem Haus in Long Island an einem Herzinfarkt gestorben, nur wenige Stunden nach ihrem Mann, der ebenfalls einen Herzinfarkt erlitt.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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