Wer im Restaurant "Rub & Stub" anruft, um einen Tisch zu reservieren, der hört erst mal ungewöhnliche Sätze. "Ja, im Prinzip gern", sagt dann zum Beispiel Sophie Sales, eine der Gründerinnen des Lokals, sehr freundlich am Telefon, "aber Sie müssen damit rechnen, dass aus Ihrem Abendessen nichts wird." Es komme zum Glück nicht oft vor, aber es könne durchaus sein, dass sie für einen Abend nicht genügend Mitarbeiter zusammenkriege. "Dann können wir nicht öffnen. Und Sie müssen anderswo essen."
Nicht weniger ungewöhnlich sind die Reaktionen der Gäste. "Aber das macht doch gar nichts", sagen die meisten, "das verstehen wir gut!" Dann betonen sie häufig noch, wie toll sie das Projekt finden. Dieses Wohlwollen wird sich beim Essen später durch den ganzen Abend ziehen. Denn egal, ob der Service wieder ein paar Bestellungen vertauscht hat, das Gemüse verkocht war oder der Kuchen ein bisschen schmierig, die Besucher werden - fast verlässlich - zufrieden sein.
Kleines Startkapital, Mitarbeiter verzichten auf ihren Lohn
Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass das Rub & Stub im alternativen Kulturzentrum "Huset" in der Altstadt von Kopenhagen eröffnet hat, und bis heute ist der Andrang so groß, "wie wir das nie erwartet hätten", sagt Sophie Sales. Die Gäste kommen sicher nicht, weil sie Perfektion suchen oder phantastisch essen wollen. Eher schon kommen sie für einen gemütlichen Abend mit soliden Gerichten. Vor allem aber: für ein gutes Gewissen.
Nachhaltigkeit und alles was entfernt daran erinnert, gehört auch in der Gastronomie seit Jahren zu den wichtigsten Trends. Regionale Küche, eine Auswahl an vegetarischen Gerichten, Bio-Produkte, fair gehandelte Ware und Herstellernachweise auf der Karte sind in vielen Lokalen längst Standard, ob nun ernst gemeint oder nur fürs Marketing.
Das Rub & Stub aber, dessen Name sich in etwa mit "restlos alles" übersetzen ließe, geht weit über solche Selbstverständlichkeiten hinaus. Würden seine Betreiber auf Superlative Wert legen, könnte man es sicher als eines der nachhaltigsten Restaurants der Welt bezeichnen. Denn gekocht wird so weit wie möglich mit Lebensmitteln, die sonst im Müll landen würden, fast alle Mitarbeiter verzichten komplett auf ihren Lohn, und der schmale Gewinn ermöglicht, dass Jugendliche in Sierra Leone an Computern ausgebildet werden. Mehr kann man mit ein paar Schüsseln Suppe, ein bisschen Salat oder einigen Tellern Couscous kaum erreichen.
Das Lokal liegt im ersten Stock eines früheren Viehstalls aus dem 18. Jahrhundert, mit Eichenbalken, schweren Dielen und Platz für weit mehr als hundert Gäste. Wer hier nachmittags eintritt, der wähnt sich eher in einer Studenten-WG. In einer Sofaecke sprechen Sophie Sales, 28, und der Koch Søren Grimstrup, 33, mit ein paar anderen über die Abendplanung. In drei Stunden werden gut 70 Besucher erwartet, trotzdem wirkt die Runde gemütlich. Die Einrichtung ist großteils zusammengewürfelt: Lampen aus den 70ern, Secondhand-Sessel, antike Kabeltrommeln als Tische. "Wir haben gesammelt, was wir umsonst kriegen konnten", erklärt Sophie Sales, "schließlich wussten wir noch vor anderthalb Jahren gar nicht, dass wir ein Lokal führen würden. Und wir hatten kein Geld." Das Startkapital: etwas mehr als tausend Euro.