Möbelmesse in Köln:I am Safe

Buben&Zorweg

Erst für Hollywood-Diven, Könige und Potentaten, nun auch für "relativ normale" Menschen: "Magnum" heißt der edle Safe von Buben & Zörweg.

(Foto: Buben & Zorweg/PR)

Das Leben möbliert man jetzt am besten mit einem Tresor für Superreiche und einem Birkenstock-Bett: Was die Kölner Möbelmesse über die Gegenwart erzählt.

Von Gerhard Matzig, Köln

Alexander Igol ist, wie er sagt, "zum ersten Mal da". Denn seine Möbel, die er ab Freitag auf der Kölner Möbelmesse dem allgemeinen Publikum präsentieren wird, sind etwas speziell. Nicht ganz alltäglich. Offen gesagt: Es sind tonnenschwere, dabei im nostalgischen Art-déco-Stil gehaltene, innen jedoch technizistisch und edel ausgestattete Tresore. Schrankgroß mitunter. Bisher haben sich eher einige Hollywooddiven, Fußballfantastilliardäre, Könige, Potentaten, IT-Visionäre und Immobilienmakler mit präsidialen Neigungen dafür interessiert. Das sind nicht gerade die netten, gestaltungsaffinen Designerbrillenleute, die sonst nach Köln kommen, um sich nach einem neuen Sofa umzusehen oder die Frage zu stellen, ob es noch so etwas Bizarres wie Bücherregale gibt in der Welt des Wohnens.

Es hilft ja nichts. Auch die angesehene Firma Buben & Zörweg, aus Österreich stammend und jetzt als "aufstrebendes Luxus-Imperium" in der Nähe von Stuttgart sowie im Reich der Superreichen ansässig, muss sich dem bald allgemeinen, wenn nicht gemeinen Trend zum Luxus stellen. "Es ist viel Geld unterwegs", sagt Igol als Repräsentant von Buben & Zörweg mit würdevoller Miene, "auch relativ normale Menschen interessieren sich zunehmend für unsere Produkte und sehen darin innenarchitektonische Möglichkeiten. Deshalb sind wir jetzt erstmals auch auf der Möbelmesse."

Innenarchitektonisch ambitionierte Safes und Tresore, die Schmuck, Kunstwerke, Geld, Gold, Wertpapiere, edle Uhren oder auch, wer weiß das schon, die heimlichen Ritz-Carlton-Bilder vom wahren Donald Trump bergen, sind demnach, um in der B&Z-Terminologie zu bleiben, unterwegs. Beziehungsweise eben nicht unterwegs, sondern bombenfest verschraubt, immobil, Teil von Schloss oder Yacht, unkaputtbar und vor allem sicher. Die I'm safe-App auf dem Handy, die dazu dient, Freunden zu signalisieren, man sei sicher in unsicheren Zeiten, mag eine Antwort auf den Wahnsinn unserer Zeit sein. Ein Safe, der passend zur 30-Millionen-Villa 300 000 Euro kostet und womöglich mit Spion-Spiegelglas, "Swiss-made-Sicherheitstechnologie", Uhrenschaukel sowie Goldbeschichtung oder Nappaleder ausgestattet ist, stellt auch eine Antwort dar. Eine, nun, relativ normale Antwort.

Vom Fußbett zum Bett: Kate Moss sei Dank

Aber was ist schon normal in einer Welt, die von Extremen zusammengehalten wird - und so fast zwangsläufig einen weiteren, in umgekehrter Analogie bemerkenswerten Messeneuling in der Nähe des Safe-Imperiums verortet: Birkenstock.

Der Erfinder der gesundheitsbewussten Fußbettsandale (später: "Gymnastiksandale"), der lange mit einem tüdeligen Lilalatzhosen-Image zu kämpfen hatte, bis Kate Moss einmal auf sehr fotogene, öffentlichkeitswirksame Weise wenig mehr als ihre geliebten Ich-hasse-High-Heels-Sandalen von Birkenstock anhatte, baut neuerdings auch echte Betten.

In Neustadt muss man sich gedacht haben: Wer Fußbetten kann, die der Podologe mag, kann auch Betten, die der Orthopäde schätzt. So ist (in Zusammenarbeit mit Ada, einem Möbelprofi aus der Steiermark), etwa das Bett "Canberra" entstanden. Dessen Stirn ist in ein so dickes, handverarbeitetes Leder gefasst, dass man sich darin zur Not auch einen Safe vorstellen könnte. Fußbett-typisch vorgeformt, in einer Art Wellen-Plastizität, ist übrigens nur der ergonomische Lattenrost. Das heißt: Dem Rücken rückt man nicht so formvollendet haltungspädagogisch zu Leibe wie den Zehen. Gut so.

Ansonsten sind die qualitätvollen Birkenstock-Betten, die eher bequem als allzu smart aussehen, erstens der Beleg dafür, dass sich nach Diesel, Tom Tailor und vielen anderen Möbelexoten immer mehr Lifestyle-Holistiker in den Wohn- und Schlafzimmern tummeln, um am Boom der Möbelbranche in Zeiten des Rückzugs teilzuhaben. Zweitens aber markieren die Bettensandalen auch einen Trend, der zum Luxussegment passt wie eine Seite der Medaille zur anderen. Das dezent esoterische Wohnen dient als Schutzmechanismus gegen fast jede Unbill.

Cocooning-Mobiliar wird immer auffälliger

So belegen die immer etwas gerontologisch aussehenden Anti-Stress-Möbel ganze Hallen der Messe. Dazu passen auch die handverlesenen Hervorbringungen der Zirbelholz-Fraktion, die im Schlafzimmer angeblich gut sind fürs Herz. Auch reiht sich hier ein der Sonic Chair, ein Kuschelsessel, der in Wahrheit ein gigantischer Lautsprecher ist. Manche Sofas und Betten haben auch Baldachine - um sich dahinter vor der Welt zu verstecken. Das Cocooning-Mobiliar wird also immer auffälliger. Nicht unbedingt auch immer raffinierter. Selten sieht es gut aus, den popfidelen Sonic Chair einmal ausgenommen, den sich Verner Panton ausgedacht haben könnte.

Eigentlich müsste er längst tot sein, aber der Glastisch lebt. Leider

Doch ist die Moderne immer mehr auf dem Rückzug. Auch wenn sie zuletzt noch ein kleines Comeback erlebte - in Form des Mid-Century-Style, der einige Wohnblogs und TV-Serien dominiert. Die Formen sind indessen wieder völlig frei. Als verwehrten Hinweisschilder an den Messeeingängen nicht nur Hunden den Zugang, sondern auch dem Funktionalismus.

Zudem zeigt sich, und das passt nun wieder zum I-am-Safe-Segment, dass der neronische Stil schon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. So viel Kristall, Lack und Schimmerfarbe war lange nicht mehr auf der Messe zu erleiden. Untot ist auch ein Wesen, das man längst fröhlich beerdigt hatte. Der Couchtisch.

Solche Tischchen, bestehend aus einer Glasplatte und einer möglichst absurden Trägerkonstruktion, etwa mikadohaften Holzarrangements oder barbusigen Meerjungfrauen, hatte man zuletzt auf dem Friedhof der Dinge gesichtet, also im örtlichen Baumarkt in der Ramschecke. Plötzlich ist er wieder da: der Glastisch als Bastard aus Moderne (Glas) und Kitsch (alles andere). Harmonisch fügt er sich in den Trumpismus des Wohndesigns. "Greatness" ist auch hier das Gebot, mindestens aber das Verbrechen der Stunde. Hoffentlich ist das bald wieder Vergangenheit.

"In die Zukunft" guckt dagegen das "Smart Home" in Halle 7. Und wie immer, wenn der Futurismus so trompetenhaft inszeniert wird abseits seiner natürlichen, evolutorischen Souveränität, wirkt er etwas komödiantisch. Etwa in Form des Mäh-Roboters von Gardena, der vor dem smarten Haus für das aktuelle Phänomen des Smart-Gardening steht. Das heißt: stünde. Stünde er nämlich nicht auf einem Kunstrasen, der sich vor allem dadurch auszeichnet, dass er seiner Kunststoffnatur gemäß nicht gemäht werden muss. Müsste.

Nett ist der Klodeckel dennoch, der sich bei Näherung sensorgesteuert öffnet wie ein Karpfenmaul auf dem Trockenen. Und sowieso charmanter als der "Panikschalter". Betätigt man ihn ("bei der Vermutung eines Einbruchs"), aktiviert sich die Beleuchtung im ganzen Haus - und die geöffneten Rollladen schließen sich. Fehlt nur, dass sich daraufhin auch der Home Connect-Kühlschrank, der einem auf das Smartphone sendet, was man kaufen soll im Supermarkt, verriegelt. Das smarte Zuhause der Zukunft ist auch so etwas wie ein sehr großer, bewohnbarer Safe.

Um aber abseits solcher Utopien, die von den Dystopien kaum zu unterscheiden sind, noch eine Frage zu beantworten: Auf der Kölner Möbelmesse sind Hunderttausende Möbel versammelt. Darunter befindet sich - nach langer Suche - auch ein Buchregal. In Halle 7, Gang B, Stellplatz 032. Mathias Moorloher von der Firma Fif- Möbel meint: "Es gibt noch Leute, die Bücher gut finden. Für die bauen wir Regale." Noch. Nächstes Jahr aber wird es definitiv mehr Tresore geben. Vielleicht sollte man vorsichtshalber Bücher hineinlegen.

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