Süddeutsche Zeitung

Modezirkus zu Strickmode:Die neue Woll-Lust

Kann ich das tragen? Wie kombiniert man Animal Print? Und was bedeutet eigentlich Ethno-Look? Im Modezirkus, der Stil-Kolumne auf Süddeutsche.de, greifen wir aktuelle Trends und klassische Fragen zur richtigen Kleiderwahl auf und erklären gemeinsam mit unseren Stilexperten, worauf zu achten und was zu vermeiden ist.

Von Anna Fischhaber

Es war einmal ein kleiner Prinz, der trug gerne Cardigans aus roter Wolle und Latzhosen mit niedlichen gestrickten Schiffen drauf. Er sah darin so gut aus, dass bald viele andere Eltern im Königreich ihren Kindern auch Wolle verordneten. Die Rede ist von Baby George, der einem Medienbericht zufolge den Verkauf von Wollprodukten in Großbritannien kräftig antreibt.

Strickmode hat in der britischen Königsfamilie Tradition. Großvater Prinz Charles ließ neulich sogar einen Pulli in seinem Garten vergraben, um zu zeigen, wie umweltverträglich Wolle ist. Nun gilt der Thronfolger im Gegensatz zu Baby George nicht gerade als Trendsetter, in diesem Fall hat er aber Designerin Vivienne Westwood auf seiner Seite: "Wenn Seide die Königin, Baumwolle die Tante und Leinen der Onkel ist, dann ist Wolle der König", erklärte sie einmal stolz über die britische Wolle, die in ihrer Heimat nicht nur die Königsfamilie wärmt.

Machen Sie es sich gemütlich

Auch im deutschen Neubau mit Zentralheizung darf man es sich in diesem Winter in Wolle gemütlich machen. Muss sogar - zumindest wenn es nach den Designern geht. Nachdem die Do-it-yourself-Bewegung das Stricken wieder in Mode gebracht hat, war Gestricktes von Kopf bis Fuß unlängst auch auf den Laufstegen in aller Welt zu sehen.

In Paris etwa zeigte Modeschöpferin Stella McCartney, wie man sich in grobmaschigen Kapuzen vermummen kann, in Mailand schickte Antonio Marras seine Models in Ganzkörperpullovern auf den Laufsteg und in Hollywood ließ sich Rihanna im Strickkleid samt Stricktasche fotografieren.

Und nicht nur Pullover und Kleider dürfen in diesem Winter kuschelig sein: Auch überlange Wollhosen waren auf den Schauen zu sehen. Wer auf die Straße geht, kann sich in diesem Jahr komplett in flauschiger Wolle wärmen: Der Bademantel - der Trendmantel dieses Winters - hat einen Facelift bekommen und sich von einem Frottee-Monster in einen Traum aus Wolle verwandelt.

Auffallen um jedes Garn

Nun galt der grobe Strickpulli bislang eher als Freizeitdress. Und noch immer ist er mehr gemütlich als elegant. Die Designer schmücken deshalb die Wolle mit Glitzersteinen und bunten Perlen, mit Blütenverzierungen und anderen dekorativen Mustern. Auffallen um jedes Garn war etwa das Motto bei Marras: Er zeigte Pullis mit heulenden Wölfen und ließ einen Vollmond über dem Laufsteg montieren.

Wer tagsüber hinter dem Bankschalter arbeitet, sollte seine Kunden lieber nicht mit solchen Tieren einschüchtern. Doch auch einfarbiger Strick kann mit dem richtigen Beiwerk durchaus elegant wirken. Stilexpertin Janine Katharina Pötsch rät zur weißen Bluse unter dem Wollpulli. Der dürfe auch gern aus Kaschmir sein. "Einen Kaschmirpullover braucht jeder. Er kostet zwar einiges, aber die Investition lohnt sich. Er hält ewig und sieht auch nach Jahren noch kuschelig aus." Und noch einen Vorteil hat Kaschmir: Es kratzt nicht.

Der Teppich wird gesellschaftsfähig

Oversize-Schnitte und grobmaschige Zöpfe fallen auf. Umso dezenter sind in diesem Jahr die Farben: Schwarz, weiß, grau, dunkelblau und immer wieder Erdtöne und Naturfarben. Oft auch Ton in Ton - so kommt Strick am besten zur Geltung. Auf dem Laufsteg führte das dazu, dass man manche Entwürfe mit Teppichen verwechseln konnte. Joseph Altuzarra etwa zeigte Kleider aus groben Wollflechten zusammengefügt. Die würden sich sicher auch auf dem Wohnzimmerboden gut machen.

Soweit, dass man sich den eigenen Teppich umwickelt, muss man aber nicht gehen. Die gute Nachricht: Schwere Wolle in dezenten Farben gibt es inzwischen auch in den Modehäusern. Die schlechte: Wolle trägt leicht auf. Stilexpertin Pötsch rät deshalb dazu, bei Strickkleidern auch mal zu Feinstrick oder Jersey zu greifen. Oder auf ein weniger figurbetontes Kostüm aus Walk zu setzen. Das sieht aus wie gestrickt, ist es aber nicht.

Leider ist das Material auch nicht so flauschig und warm. Aber zum Glück sind die meisten von uns eher selten in zugigen britischen Landhäusern unterwegs, sondern können ganz einfach das Thermometer der Zentralheizung hochdrehen, wenn es zu kalt wird.

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