Süddeutsche Zeitung

Modezirkus zu Stiefeln:Pretty Woman will ihre Schuhe zurück

Kann ich das tragen? Wie kombiniert man Animal Print? Und was bedeutet eigentlich Ethno-Look? Im Modezirkus, der Stil-Kolumne auf Süddeutsche.de, greifen wir aktuelle Trends und klassische Fragen zur richtigen Kleiderwahl auf und erklären gemeinsam mit unseren Stilexperten, worauf zu achten und was zu vermeiden ist.

Von Felicitas Kock

Es gibt diese perfekten Stiefel, von denen man am liebsten zwei Paar gekauft hätte, für den Fall, dass das erste irgendwann kaputt geht. Sie wärmen, sehen toll aus und jedes Jahr im November wird aufs Neue abgewogen: Sind die noch tragbar, trotz der abgewetzten Stelle? Obwohl sich das Futter vorne merkwürdig zusammenschiebt? Und obwohl das linke Exemplar bei jedem Schritt ein leises, altersschwaches Quietschen von sich gibt?

Man kann sich lange selbst belügen, aber irgendwann kommt bei jedem Stiefel-Traumpaar der Moment, in dem man sich trotz Lederfett und Schuster verabschieden muss. Gegen Trennungsschmerz und kalte Füße hilft nur eines: Eine neue Liebe. Zu einem Stiefel, der im Idealfall genauso robust, bequem und schön ist.

Der Klassiker - und seine hippen Verwandten

In diesem Winter sind Stiefel angesagt, deren Schaft knapp unter dem Knie endet. Die klassische Form lässt sich sowohl zu Kleidern und Röcken als auch zu engen Hosen kombinieren. Wer den Reiter-Look in den vergangenen Jahren perfektioniert hat, wird ihn also auch in diesem Winter tragen können. "Es handelt sich hier um einen absoluten Klassiker", sagt Stilberaterin Janine Katharina Pötsch, "Mode geht, Stil bleibt."

Wem das zu angestaubt ist, der sollte sich an ausgefallene Farben und Muster wagen. Von Valentino über Gucci bis Dolce&Gabbana haben zahlreiche Designer auf den Schauen für die Wintersaison bunte Stiefel gezeigt. Knalliges Rot, Schlangenlederoptik, auffällige Stickereien - erlaubt ist alles, was dem nüchternen Stiefel Glanz verleiht, ohne nach Kölner Karneval auszusehen.

Je klobiger, desto hipster

Wer sich in Stiefeln mit hohem Schaft vorkommt wie der Storch im Salat, für den gibt es eine Menge kürzere Alternativen. Ankle Boots zum Beispiel. Während die Schuhe, deren Schaft gerade bis zum Knöchel reicht, im vergangenen Jahr noch mit schmalem Absatz daherkamen, gilt aktuell: Je klobiger, desto hipster. Ankle Boots lassen sich zu allem kombinieren. Nur zu sehr kurzen Röcken und Kleidern passen ausgewachsene Stiefel in der Regel besser.

Weniger verspielt, dafür aber garantiert Matschwetter abweisend sind Biker-Boots. Die schweren schwarzen Lederstiefel sind in diesem Winter nach wie vor tragbar, auch die Mädchenvariante mit Nieten und Zier-Schnallen. "So oder so eignen sich Biker-Boots eher für den sportlicheren Typ", sagt Pötsch.

Grüße vom Hollywood Boulevard

Vivian aus Pretty Woman hat angerufen, sie hat Edward und das Studium aufgegeben und hätte gerne ihre Stiefel zurück: Ja, Schuhe, deren Schaft ein gutes Stück über das Knie hinaus geht, sind eine ganz eigene Kategorie. Tragen können die engen Teile sowieso nur Menschen mit langen schlanken Beinen. Stellt sich die Frage, ob man immer alles tun muss, was man kann. Im Bezug auf Overknees heißt die Antwort der Stunde: Ja, man muss. Lange waren die XXL-Stiefel nicht mehr so angesagt wie in diesem Winter.

Die wichtigsten Regeln:

  • Wie bei jedem Kleidungsstück, das schnell billig aussieht, sollte das Material möglichst hochwertig sein.
  • Wer Overknees trägt, hat in Sachen Mode schon genug bewiesen - der Rest der Kleidung darf da gerne zurückhaltender ausfallen.
  • Auch wenn die ersten beiden Ratschläge berücksichtigt werden, sollten Overknees besser abends zum Ausgehen getragen werden als morgens in die Arbeit.

Matsch kennt keine Mode

Versinken die Straßen im Schneematsch, sind die meisten Moderegeln außer Kraft. Gut ist, was warm hält. Nur zu plastikmäßig sollte das Outfit nicht werden, meint Stilberaterin Pötsch: "Moonboots gehen allenfalls im Skigebiet - nicht in der Großstadt."

Vielleicht kommen dann auch noch mal die alten abgewetzten, quietschenden Stiefel zum Einsatz. Weil sie warm sind; und bequem; und, subjektiv betrachtet, immer noch verdammt schön.

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