Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Schöner schlabbern

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Fashionshows schön und gut. Aber Casual Wear ist nun mal viel näher an den Menschen und ihren Bedürfnissen, wie diese zwei neuen Trendmarken beweisen.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für sie: Sporty Spice

Niemand, so erscheint es, gibt mehr Geld für formgebende Klamotten aus, seit der Pandemie hat sich Sportkleidung als Alltagslook vollends durchgesetzt. Das erkennt man daran, dass es jetzt von wirklich jedem Label Jogger und Hoodies und Leggings gibt. Aber der Mensch ist ja nie zufrieden, auf Dauer schon gar nicht mit der ewig gleichen Jogginghose in allen erdenklichen Farben, weswegen es jetzt auch in der Rumhäng-Abteilung eine Neuheit gibt: Das sogenannte "Exercise Dress" ist seit diesem Sommer ein wirklich heißes Ding! Ja, richtig gelesen: ein Kleid, in dem man Sport machen kann, aber natürlich nicht muss. Eines der beliebtesten kommt vom neuen It-Label Girlfriend Collective, das natürlich nachhaltig ist, also beim Trendsetzen nur zu Materialien aus alten Plastikflaschen greift, weswegen sich die Gen Z konsummäßig locker machen kann. Was ist das besondere am Sportkleid? Es hat eine eingebaute Shorts, sodass man sich darin frei bewegen kann. Die Älteren unter uns können da nur mit den Augen rollen: Das ist doch nur das gute alte Tenniskleid! So was von richtig erkannt, und das auch noch ohne Tiktok-Account. Auf der Social-Media-Plattform werden nämlich mittlerweile die Trends gemacht, und zwar so: Man nehme ein Wort und hänge ein -core daran. Tenniscore rangiert gerade ganz oben in den Hashtag-Charts. Selbst Kendall Jenner trägt jetzt in ihrer Freizeit einen Tennisrock von Alo Yoga, obwohl man sie noch nie mit einem Schläger in der Hand gesehen hat. Zusammengefasst kommt also die Eitelkeit zurück, aber sie ist elastisch.

Für ihn: Pink Panther

Relativ lange war ökologisch korrekte Mode genauso aufregend, wie sie klang. Achtsam ungebleichte Farben und eher körnige Stoffqualitäten machten klar, dass man als moralischer Pionier eben ein wenig leiden muss. Das hat sich längst geändert, heute gibt es ja sowieso kaum mehr ein Label, dass sich nicht in irgendeiner Form am nachhaltigen Umdenkprozess beteiligt. Die Marke Pangaia sticht trotzdem noch mal hervor, weil ihre Sweatshirts und Hoodies aussehen, als wären sie aus Hubba Bubba und reinem Phosphor hergestellt. Dabei wird für die knalligen Farben der recycelten Baumwolle ein stets aufbereiteter Wasserkreislauf genutzt, und das ist nur eine von vielen Maßnahmen, die diese Streetwear zu einem Genuss ohne Reue machen sollen. Öko-Sweatshirts für Menschen, die nicht nach Öko-Sweatshirts aussehen wollen! Mit diesem Konzept zielt die Marke - deren Macher sich selbst als Kollektiv aus Wissenschaftlern, Designern und Technikern beschreiben - genau ins Herz der Late-Millennials. Es ist dann auch kein Wunder, dass mit Harry Styles einer der schillerndsten Vertreter dieser Generation derzeit damit durch New York flaniert (in der pinken Ausführung natürlich). Die Hoodies von Pangaia waren aber schon vor dieser prominenten Unterstützung extrem gefragt. Es ist eben die perfekte Lockdown-Fashion für Singles, gefühlte Singles und andere ewige Nomaden. Die dicke Stoffqualität bietet Ersatz für Kuschelei und Umarmungen, Kapuze und großzügige Passform puffern ihre Träger von der Restwelt ab. Softwear fürs Ich.

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