Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Drinks to go

Die Trinkflasche im kunstvollen Holster ist diesen Sommer das Accessoire, auf das sich nahezu alle Labels einigen können. Hier zwei besonders auffällige Beispiele.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für sie: Der Wasserkorb

Das weibliche Gepäck ist bekanntlich von Koffergröße (Make-up, Hygieneartikel, riesige Geldbörsen) auf Miniformat geschrumpft (Schlüssel, EC-Karte). Weswegen sich für riesige Handtaschen niemand mehr interessiert. Allerdings ist ein neues Transportgut dazugekommen, nämlich die Trinkflasche. Es geht dabei weniger um Müllvermeidung als mehr um die größte Gefahr für den strahlenden Glow: die Dehydrierung. Sie lauert überall, auf dem Weg zum Supermarkt oder beim Spaziergang im Park! Es gehört zu den Rätseln der Gegenwart, warum das kurze Rausspringen an der Tanke für eine Apfelschorlenpfandflasche nicht mehr akzeptabel ist. Also, wo soll die Flasche hin, wenn man sich doch gerade von Monstertaschen befreit hat? Die Designer haben eine Lösung: den Water Bottle Holder. Er ist die neue Handyhülle, die sich vom reinen Schutz ja auch längst zum Fashion-Statement gemausert hat. Dieser Wasserflaschenhalter vom Luxuslabel Fendi ist die Naturschönheit unter den It-Accessoires. Er ist aus geflochtenem Bast, weswegen das laute Branding nicht aggressiv, sondern mediterran-süß wirkt, und er geht zum Strandkleid wie zum Hosenanzug. Die Botschaft lautet: Ich lebe gesund, ich brauche nur Wasser, Seife und ein wenig fette Gesichtscreme. Weil diese Selbstwahrnehmung sich in den Gesichtern oft gar nicht widerspiegelt, sondern einfach nur aussieht wie zu viel Öl, wünscht man sich manchmal die Zeiten zurück, in denen Frauen Glow egal und Zigarettenschachtelhüllen von Gucci sowie spachteliges Make-up cool waren. Aber Punkrock ist leider out.

Für ihn: Das doppelte Fläschchen

Es gehört seit jeher zum Kennzeichen übersteigerter Männlichkeit, etwas zweimal zu besitzen, das alle anderen nur einmal haben. Eine Ehefrau und eine Geliebte zum Beispiel. In Westernfilmen waren es die Typen mit zwei Colts am Gurt und doppeltem Whiskey im Salon, die am Ende aber doch verloren haben. Heute ist der Doppelauspuff am Auto ein potentes Abzeichen, oder eben gleich der Zweitwohnsitz. Das martialische Doppelholster von Nike (z.B. über Mr. Porter) hier wirkt in diesem Sinne auch schön maskulin hochgerüstet. Aber klar, die Selbstverständlichkeit, mit der heute einfach alle in den Parks oder an den Wasserflächen der Stadt zum Laufen gehen, schreit nun mal nach Distinktion. Wer da mit einer angehängten Flasche läuft, macht den ganzen Easy-Joggern schon mal deutlich, dass er die Langstrecke anpeilt. Und wer sich zwei Flaschen um den Rumpf schnallt, trainiert deutlich sichtbar mindestens für den Marathon, wenn nicht gar, Achtung, für den Doppelmarathon! Vergessen ist die Zeit, als man am Körper getragene Ausrüstung noch für eher peinlichen Nerdkram hielt, für den sich nur Bundeswehrfans oder Onkel Heinz mit der Safariweste interessierten. Was hat man den damals für sein kunstledernes Handytäschchen und seinen Schlüsselkarabiner belächelt! Heute wird, ob sportlich bedingt oder nicht, alles wieder mit Genuss ans Outfit geflanscht und so die Combat-Ästhetik der urbanen Guerillas gefeiert. Auch wenn man damit aussieht wie ein Jungpionier oder Raketenwerfer, pardon, Doppelraketenwerfer.

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