Ladies & Gentlemen:Raute Couture

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Damson Madder, Cos)

Altes Muster, frischer Wind: Viele Marken setzen derzeit auf das klassische Argyle-Muster. Das sieht nach gut gelaunten Aristokraten aus, kann genau deshalb aber auch schnell spießig wirken.

Von Julia Werner, Max Scharnigg

Für sie: Gute Laune

Gerade (also letztes Jahr) hatte man in einen schweren, teuren Fair-Isle-Pullover investiert, da passiert das: Es gibt einen neuen Schotten-Trend. Die Leute, die sich auskennen, tragen plötzlich Argyle, und irgendwie sieht das sehr frisch aus. Das Intarsienstrickmuster aus bunten Rauten sah man in den vergangenen Monaten auf allerlei Laufstegen, bei Chanel, Loewe und Anna Sui, und auch Miu Miu hat gerade einen Rauten-Sweater im Angebot. Erfunden hat das Muster ein mächtiger Clan in den schottischen Highlands vor 800 Jahren, allerdings als Tartan gewebt. Modisch wurde es dann im vorigen Jahrhundert als lustiger Akzent beim Golfen von Prinzen und Lords aller Art entdeckt. Und wie das immer so ist mit Aristokratenmode, sie wird irgendwann von Aufsteigern gekapert und mit Todesernst getragen – und schließlich zum spießigen Bürger-Look.

(Foto: Damson Madder)

Als klassischen Cardigan in Grün-Grau-Blau sollte man Argyle also lieber immer noch nicht ausprobieren, aber in Oversized-Version und lustigen Farben – unbedingt! Als Einsteigermodell zu empfehlen sind kniehohe Strümpfe, so wie diese hier von Damson Madder – am besten in Loafers oder lustig in Mary-Jane-Ballerinas getragen. Man kann, muss sie aber natürlich nicht mit Minirock kombinieren, so wie die Nullerjahre-Ikone Cher in dem Kultfilm „Clueless“ – die erwachsenere Variante ist definitiv der knöchellange Rock. Jetzt nur noch darauf achten, dass das Rautenmuster nicht oberhalb des Fußes aufhört, sondern erst kurz vor den Zehen – dann sieht das weder zu lustig noch zu verbissen aus. 

Für ihn: Max Mustermann

Wir Deutschen sind gerne bereit, uns ein wenig anglophil zu geben, schließlich ist da alles so traditionsreich und der britische Humor, haha, köstlich! In dieser Hinsicht fielen lange Zeit die Strümpfe der Firma Burlington auf, deren aufdringliches Erkennungszeichen das Argyle-Rautenmuster ist. Jeder Jung-Thomas, der schon mal im Wachsfigurenkabinett war, trug eine Zeit lang diese Strümpfe zur ersten Anzughose, weil sie so herrlich britisch aussahen. Tatsächlich aber kommt die Marke Burlington aus dem tiefsten Baden-Württemberg und hat so viel britische Tradition wie eine Flasche Trollinger. Aber das Argyle-Muster ist eben international bewährt, das haben die Menschen am Rande des Schwarzwalds schon vor 40 Jahren erkannt. So wirkt es auch ein bisschen ideenlos, dass nun viele große Modehäuser das klassische Muster wieder entdecken – ja, es funktioniert, ja, es sieht immer nach Wochenende in Oxbridge aus, aber man mustert sich auch schnell daran satt.

(Foto: Cos)

Klassischerweise ist Argyle bei der Marke Pringle Of Scotland in Verwendung, der Pullover hier hängt derzeit bei Cos. Er hat, darauf ist beim Kauf zu achten, eine harmonische Farbverteilung. Bloß nicht zu knallig! Argyle wirkt am besten, wenn es aussieht wie aus einer alten Kiste auf dem Dachboden gezogen. Auch kleine Löcher am Ellenbogen sind sehr authentisch. Für Burlingtonsocken gilt das nicht. Deren Löcher waren stets nur Hinweis darauf, dass man es nicht mit britischer Wertarbeit zu tun hatte. Wer englische Strümpfe bester Qualität sucht, wird übrigens bei Pantherella fündig. Auch wenn deren Name eher nach Italien klingt... verwirrend!

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