Ladies & Gentlemen:Es hat sich ausgekuschelt: die Sportbrillen kommen

Ladies & Gentlemen: Brillen gegen das Licht und für das Ego: der Herr mit Oakley, die Dame mit Prada.

Brillen gegen das Licht und für das Ego: der Herr mit Oakley, die Dame mit Prada.

(Foto: Oakley; Getty Images)

Sie sind windschnittig und standen eigentlich mal für Rennradsport. Jetzt sind 90er-Jahre-Sonnenbrillen der große Laufstegtrend.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Schau mir in die Aerodynamik, Kleines

Doch, es gibt schon so etwas wie einen Wow-Effekt, wenn Frauen sich mit technoiden Accessoires und Kulissen umgeben. Klettergürtel voller Karabiner, die Kampfoveralls einer Eliteeinheit oder auch einfach ein maximal kantiger Lamborghini schaffen bisweilen einen sehr reizvollen Kontrast zur femininen Anmut.

Es ist aber ein schmaler Grat, wie man bei diesem Prada-Laufstegentwurf sieht. Ein Glencheck-Einteiler mit kleinen Tüllgardinen über den Schultern? O.k., kann man machen. Ohne Brille wäre das vielleicht ein charmantes Outfit für höhere Töchter mit leichtem Hang zum Nachtleben. Die scharfkantige Brille aber lässt die Ausstrahlung der Dame sofort in den toxischen Bereich ausschlagen. Jetzt ist sie eine Frau namens Gefahr, tätig für schottisch Inkasso (wg. Glencheck) oder noch schlimmer.

Jedenfalls eher kein Look, bei dem man als Mann mal eben einen lockeren Spruch anbringen würde. Vielleicht ist das ja der gewünschte Effekt der Sportbrillen, die sich alle Urbanisten gerade in die Visage trimmen, als kämen sie von der Bahnradweltmeisterschaft. Derart zackige Scheiben über den Augen machen schon auf den ersten Blick klar, dass es sich ausgekuschelt hat. Und hier eine Frau steht, die sich bestimmt nicht mit ein paar müden Lieblichkeiten zufriedengibt.

Botschaft: Leben in der City ist Sport, und wenn du bei meiner Geschwindigkeit nicht mitkommst, Baby, dann verzieh dich! Immerhin, wenn man es im Flirt schafft, dass Techno-Woman die Brille abnimmt und einen mild mustert - dann hat man das erste Level geschafft.

Max Scharnigg

Für ihn: Willst du mit mir sehen, Typ?

Nach der modischen Besitzergreifung von Trekkingsandalen, Anoraks und sonstiger nerdiger Funktionskleidung war das Comeback der Radfahrerbrille natürlich nur eine Frage der Zeit. Das beliebteste Modell der 90er-Jahre, die Oakley, ist jetzt offiziell die Sonnenbrille, die man haben muss, und zwar spätestens seit Pharrell Williams und Jaden Smith sie tragen.

Was natürlich auch daran liegt, dass das Label eine schlaue Kooperationspolitik mit angesagten Marken wie Opening Ceremony betrieben und sich so selbst auf den Hipsterradar katapultiert hat. Eine windschnittige Form, Neon und Verspiegelung hat der trendbewusste Mann jetzt also auf der Nase. Dagegen wäre nichts einzuwenden, würde diese Entwicklung das Leben des anderen Geschlechts nicht unnötig komplizieren.

Denn aus der Sonnenbrillenwahl eines Mannes ließen sich bisher eindeutige Schlüsse ziehen. Der Pilotenbrillenträger war der Begleiter, der am Strand gerne Drinks mit Strohhalm trinkt, nach den ersten drei Delfinzügen jämmerlich in sich zusammensackt und bei Quallenkontakt den Rettungshelikopter ruft. Wenn dieser Mann jetzt plötzlich Oakley kauft, wird es weitaus schwieriger, den Sherpa-Typen vom Waschlappen zu unterscheiden.

Woher soll sie jetzt wissen, ob seine Muskeln in einem fancy Fitnessstudio aufgeblasen wurden oder das drahtige Erscheinungsbild von Downhill-Abenteuern, Triathlon-Training oder sauerstoffflaschenfreien Bergbesteigungen kommt? Sie muss jetzt nachfragen. Das war übrigens schon immer sicherer bei der Männerwahl.

Julia Werner

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