Haben und Sein:Zeitlos schön

Haben und Sein: Tennisspieler und Designer: die Ausstellung "Fred Perry: A British Icon" in London.

Tennisspieler und Designer: die Ausstellung "Fred Perry: A British Icon" in London.

(Foto: Hersteller)

Eine Hommage an Polohemden und Trockenhauben, der Sommerdrink "Port Tonic" und eine Münze zum Thronjubiläum der Queen: Die Stilnews der Woche.

Von Claudia Fromme, Anne Goebel, Kathrin Hollmer, Max Scharnigg und Silke Wichert

Mit dem Finale von Roland Garros an diesem Wochenende herrscht gerade Polohemd-"Peak Time". Der Tennisplatz ist ja quasi die Wiege dieses Kleidungsstücks. Seine Geschichte und Bedeutung gehen aber längst weit darüber hinaus, vor allem, was die britische Marke Fred Perry angeht. Der dreimalige Wimbledon-Sieger brachte seine ersten Hemden 1952 heraus. Der Siegeskranz als Logo kam besonders gut bei der Arbeiterklasse an, die sich auch mal als Sieger fühlen wollte. Und war Perry nicht ein Autodidakt gewesen, der sich aus bescheidenen Verhältnissen zum erfolgreichsten britischen Tennisspieler emporspielte? All das ist Gegenstand der Ausstellung "Fred Perry: A British Icon", die am 10. Juni im Design Museum von London eröffnet. Neben ersten Prototypen und späteren Editionen von Designern wie Raf Simons wird vor allem die Bedeutung des Polohemds für verschiedene Subkulturen gezeigt. In den 60er-Jahren machten die Mods das (bis oben hin zugeknöpfte) Shirt zu ihrer Uniform, später kamen die Fußballfans dazu, Rockstars, darunter Paul Weller und Amy Winehouse. Dummerweise liebten auch Neonazis das Design, von denen sich die Marke seitdem versucht zu distanzieren (bis 20. Juni, Eintritt kostenlos, designmuseum.org).

Haben und Sein: Portwein in sommerlichem Gewand: Blend No. 12.

Portwein in sommerlichem Gewand: Blend No. 12.

(Foto: Hersteller)

Seit einigen Jahren findet der Port-Tonic als Sommerdrink-Geheimtipp auch hierzulande Anhänger und kann in hippen Bars bestellt werden. Trotzdem haftet Portwein immer noch was von einem Underdog an. Der Port-Tonic (auch: Portotonic) kann da Abhilfe schaffen, denn der simple Longdrink aus Portwein, Tonic, Limette, Minze und Eis befördert weißen, aber auch roten Portwein weg vom klassischen Digestif hin zu einem erfrischenden Terrassengetränk. Dass sich das langsam herumspricht, davon zeugen zwei neue Blends, die der Traditionshersteller Graham's speziell zum Mixen auf den Markt gebracht hat: Blend No. 5 und Blend No. 12 sind besonders leichte und unkomplizierte Portweine, deren Aromatik auch im Longdrink-Glas erhalten bleiben soll. Mit dem Design der Flaschen geht der portugiesische Illustrator Antonio Soares ebenfalls ungewohnt sommerliche Wege (grahams-port.com).

Haben und Sein: Bademode, nach der man sich umdreht: die Kooperation von Stella Jean und Roxy.

Bademode, nach der man sich umdreht: die Kooperation von Stella Jean und Roxy.

(Foto: Hersteller)

Zurückhaltung ist nicht ihre Sache, die römische Designerin Stella Jean macht Mode, nach der man sich umdreht: Kleider mit Rüschen, leuchtende Prints, weit schwingende Röcke. Die Italienerin mit haitianischen Wurzeln versteht ihre Arbeit als "costruire ponti", als Brückenbauen zwischen Kulturen, die scheinbar weit auseinanderliegen. Sie vereint in ihren Entwürfen Elemente klassischer europäischer Eleganz wie schmale Taillen oder betonte Schultern mit afrikanischen Drucken oder verspielten Fransendetails. In Zusammenarbeit mit dem Bademodenlabel Roxy hat Stella Jean jetzt eine kleine Kollektion für die ersten Strandtage entworfen: bunt gemusterte Bikinis und Badeanzüge aus recyceltem Nylon, Hüte, Schuhe und eine Basttasche, handgefertigt von einer Frauenkooperative in Madagaskar (ab 8. Juni erhältlich auf roxy.com).

Haben und Sein: Ausverkauf: Gedenkmünze der "Sex Pistols" mit dem ikonischen Coverdesign von Jamie Reid.

Ausverkauf: Gedenkmünze der "Sex Pistols" mit dem ikonischen Coverdesign von Jamie Reid.

(Foto: Hersteller)

Das Schlimmste, was man einer Punkband nachsagen kann, ist der sellout, der Ausverkauf. Nun ist John Lydon, dem Sänger der Sex Pistols so dermaßen egal, was andere von ihm denken, dass er vor Jahren auch schon Werbung für Butter gemacht hat im Fernsehen und inzwischen sogar behauptet, dass er stolz auf die Queen sei, weil sie so einen guten Job macht. 1977 quengelte er ihr noch zum silbernen Thronjubiläum in der Anti-Hymne "God save the Queen" entgegen, dass sie kein Mensch ist und sowieso keine Zukunft hat. Aber hey, auch Punks brauchen Geld, besonders, wenn sie im teuren Los Angeles wohnen, und so erscheint zum Platinjubiläum der Queen nicht nur die alte Single neu auf Vinyl, es gibt auch noch eine Gedenkmünze mit dem ikonischen Coverdesign von Jamie Reid, bei dem die Queen eine Sicherheitsnadel durch die Lippen trägt. 30 Euro plus Porto kostet die "Pistol Mint Commemorative Coin" aus Nickel und Emaille in der blauen Samtschatulle; ein NFT von der Münze, ein digitales Kunstwerk, gibt es obendrauf. Für so richtig clever halten die Sex Pistols ihre Fans aber offenbar nicht: Sie warnen davor, dass man mit der Münze nicht zahlen kann. (sexpistolsofficial.com)

Haben und Sein: Design-Ikone: Der Fön "Braun HLD 550" auf dem Cover von "Soft Electronics".

Design-Ikone: Der Fön "Braun HLD 550" auf dem Cover von "Soft Electronics".

(Foto: PR)

Es war schon mal mehr Humor im Haushalt. Die Kaffeemühle "Major" von Girmi sah 1965 aus wie ein neonroter Pilz, und der Fön "Power Turbo" nahm 1977 den Begriff "Pistol Dryer" wörtlich: mit einem Griff, der aussah wie der einer Pistole. In den 60er-Jahren eroberten elektronische Geräte die Haushalte, und ihre Form wurde ebenso wichtig wie ihre Funktion. Das Buch "Soft Electronics. Iconic Retro Designs From The '60s, '70s, and '80s" von Jaro Gielens ist nun eine Hommage an das Produktdesign dieser Zeit, das im Gestalten-Verlag erschienen ist. Damals überboten sich noch Firmen wie AEG, Bosch, Braun und Moulinex mit quietschbunten Kaffeemaschinen, Eierkochern und anderen Küchengeräten. "Soft Electronics sind Geräte, die für Frauen gemacht wurden", erklärt der niederländische Designer Jaro Gielens, der den Begriff geprägt hat und dessen private Sammlung die Grundlage für das Buch ist. "Im Gegensatz zu Produkten, die für Männer entwickelt wurden, wie Audio-/Videogeräte und Werkzeuge." Passend zur Rollenverteilung in der Zeit bedienen auf den Werbeanzeigen von damals Hausfrauen Mixer, Küchenmaschine und Backofen. Neben Klassikern wie dem ikonischen orangefarbenen Fön "Braun HLD 550" oder, ebenfalls von Braun, der elektrischen Zitruspresse "Citromatic de luxe" vom legendären Chefdesigner Dieter Rams, die seit 40 Jahren verkauft wird, thematisiert Gielens auch Design-Fails: zum Beispiel eine Maschine, die Kartoffeln in Quadrate schneidet. Gielens Erklärung ist wieder nicht frei von Klischees: "Seltsamerweise wurden viele dieser Geräte, die das Leben der Frauen verbessern sollten, von Männern entwickelt, die sich damals in der Küche nicht so gut auskannten." (39,90 Euro, gestalten.com)

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