Süddeutsche Zeitung

Haben und Sein:Oh! My! God!

Eine Woche voller Überraschungen: mit unfassbaren Roben im neuen Adele-Video, einem wuchtigen Bildband über John Galliano und einem Man-Ray-Tattoo auf prominentem Rücken. Unsere Geschenktipps.

Von Anne Goebel, Jan Kedves, Tanja Rest, Julia Rothhaas und Silke Wichert

Sie ist gerade mal 33 Jahre alt und schon eine XXL-Diva. Das hört man nicht nur (die Stimme, klar), das sieht man auch. In ihrem neuen Video "Oh My God" zieht Adele alle nur denkbaren Couture-Strippen. Das Filmchen, auf einer Theaterbühne mit Tänzern und Akrobaten dem Augenschein nach in einem Take gedreht, trifft die Sängerin zunächst mit transparenter Pünktchenbluse von Harris Reed zum Empire-Rock an. Es folgt ein Exklusiv-Outfit von Nicolas Ghesquière für Louis Vuitton: weißes Cape mit Edelmetall-Beschlägen über schwerer Brokatrobe, dazu schwarze Lederhandschuhe bis weit über die Ellenbogen und Kreuz-Ohrringe. Oh wow, großes Drama, denkt man - bis das dritte Outfit erscheint: ein fabulöses Corsagenkleid von Vivienne Westwood. Das Video mag in Schwarzweiß gedreht sein, die blutrote Farbe aber kann man spüren. Toll!

Den etwas bürokratisch klingenden Ausdruck "in Zahlung geben" kennt man aus dem Gebrauchtwagenhandel. Das alte Auto wird abgeben, der Restwert beim Kauf des neuen Schlittens angerechnet. Ein bewährtes Modell, das nun auch bei Secondhand-Mode immer häufiger zum Einsatz kommt. Vom 27. Januar an führt die Online-Boutique Net-a-porter in Deutschland einen neuen Service in Zusammenarbeit mit der Resale-Plattform Reflaunt ein. Wer dort seine guterhaltenen Designerstücke verkauft, kann künftig entscheiden, ob er sich den Betrag auszahlen lässt - oder dafür ein Guthaben plus zehn Prozent extra bei Net-a-porter erhält. Für Designerhandtaschen gibt es den Shoppinggutschein bereits, wenn der Artikel von Reflaunt akzeptiert wird, also nicht erst, wenn er tatsächlich verkauft wurde. Als weiteren Anreiz zu mehr nachhaltiger Kreislaufwirtschaft (und mehr Umsatz mit Neuware) übernehmen die Unternehmen die komplette Abwicklung: Taschen, Schuhe, Accessoires und Schmuck werden kostenlos bei den Kunden zu Hause abgeholt, fotografiert, online gestellt und nach dem Verkauf an den neuen Besitzer geschickt. All das also, was einen bis jetzt vom hemmungslosen Ausmisten und Weiterverkaufen abgehalten hat (www.netaporter.com).

Nicht jede Tätowierung muss etwas bedeuten. Aber bei Celebrities, deren Körper öffentlich sind? Mike Tyson unterstreicht mit seinem martialischen Tribal-Tattoo am Auge eigener Aussage nach seinen "Kriegerstatus" als Boxer. Lady Gaga erinnert sich mit einem Zitat aus Rilkes "Briefen an einen jungen Dichter" auf dem Oberarm täglich daran, dass sie Künstlerin sein will. Fragt sich, was die italienisch-amerikanische Schauspielerin, Regisseurin und Fotografin Julia Fox dazu brachte, sich Schalllöcher auf den Rücken tätowieren zu lassen. Die 31-Jährige wird gerade via Boulevard als Nachfolgerin Kim Kardashians an der Seite von Rapper Kanye West vorgestellt. Ihre Tattoo-Vorlage zählt jedenfalls zum kunsthistorischen Kanon: Das Man-Ray-Foto "Le Violon d'Ingres" von 1924 zeigt den nackten Rücken von Kiki de Montparnasse, der mit sogenannten Schalllöchern verziert ist und so an ein Cello erinnert. Kiki de Montparnasse war jedoch nicht tätowiert. Die gekurvten Aussparungen - in der Musik-Fachsprache heißen sie F-Löcher - wurden von Man Ray aufs Aktfoto seiner Geliebten gemalt. Das Ergebnis ist heute eine Ikone des Surrealismus, komplex, humoristisch - und auch sexistisch? Das diskutiert man, seit die Instrumentalisierung nackter Frauen durch männliche Künstler kritisch betrachtet wird. Julia Fox, die vor ihrer Liaison mit Kanye West für den Playboy posierte und, als Künstlerin, Serien pornografischer Fotos veröffentlichte, scheint jedenfalls eine ganz aktive Autorinnenschaft bei ihrer Rolle als Rapper-Geliebte zu beanspruchen. Anders gesagt: Sie ist mehr Spielerin als Gespielin, wenn sie, umarmt von West, den Paparazzi ihre F-Löcher zuwendet.

Er hat dem ehrwürdigen Haus Dior einige der kommerziell erfolgreichsten Stücke beschert - und den größten Skandal: John Galliano, von 1997 an 15 Jahre lang britischer Chefdesigner des französischen Luxushauses, entwarf Klassiker wie die Saddle Bag oder das Newspaper-Kleid, und wurde 2011 höchst unehrenhaft aus dem Modezirkus katapultiert, nachdem er in einem Lokal antisemitische Beleidigungen von sich gegeben hatte. Sogar der Ritter-Titel der französischen Ehrenlegion wurde dem stets maximal exzentrisch auftretenden Galliano entzogen. Dior hat zumindest mit dessen künstlerischem Vermächtnis seinen Frieden gemacht: In der Buchreihe der Haus-Designer würdigt der Bildband Dior by John Galliano 1997-2011 die überbordenden Kreationen, für die der heute 61-Jährige berühmt wurde - getreu seinem Motto, Mode sei vor allem anderen die "Kunst der Verwandlung" (195 Euro, eu.assouline.com).

Es gibt unendlich viele Dinge, die absolut niemand braucht. Dazu gehört: ein Kissen für die Badewanne. Wer allerdings je einen Blick auf die Kissenkollektion von Badesofa geworfen hat, wird rasch anderer Meinung sein, nämlich: Muss her, und zwar schnell! Die Kissen, die es in vier verschiedenen Größen gibt (das Größte misst 80x60 cm), könnten genauso auf einem Sofa im Wohnzimmer liegen, weil sie so puffig aussehen. Außerdem sind sie in Farben jenseits der Sanitätshausskala zu haben (Steingrau! Perlmutt! Lindgrün!). Dank des Outdoor-Stoffs sind die Teile außerdem immun gegen Schimmel oder Stockflecken und vertragen sich gut mit herkömmlichen Schaum- und Ölbadezusätzen. Darüberhinaus sorgt die Befüllung aus Quarzsand dafür, dass das Kissen im Wasser nicht auftreibt. Es ist also soweit: Das Homeoffice kann endlich ins Badezimmer verlegt werden (ab 99,99 Euro, badesofa.de).

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5511420
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/jrot
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.