Ladies & Gentlemen:Die Neuen

Die eine ist sehr rechts, der andere sehr reich: Die politischen Überflieger Giorgia Meloni und Rishi Sunak sind heute in der Stilkritik.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

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(Foto: imago stock/imago stock)

Für sie: Italienisches Mittelmaß

Giorgia Meloni haben wir zu verdanken, dass das Wort "rechtsradikal" plötzlich wieder in aller Munde ist. Egal, wo gerade von ihr geredet wird, ohne diesen Zusatz scheint es nicht zu gehen, wahrscheinlich ist das eine Schockreaktion, galten die Italiener doch bisher in unserer Vorstellung als elegant, also als das Gegenteil von rechtsradikal. Irgendwie unelegant ist ja auch, weiterhin auf das männliche Pronomen zu bestehen, also "der Präsident" genannt werden zu wollen, und nicht "die Präsidentin". Klar, man braucht, wenn man sich bei halbsenilen Milliardären und gewieften Populisten unterhakt, natürlich eine gewisse Hemdsärmeligkeit und muss mit tiefer gelegter Stimme schreien, dass man keine Migrantenboote mehr in Italien haben will. All diese Grobheiten macht die Meloni leider mit ihrem Look wett, über den man ja so wahnsinnig gerne lästern würde, an dem aber so gar nichts Radikales ist, er ist noch nicht mal so peinlich pseudoadelig wie der von Beatrix von Storch. Il Presidente del Consiglio trägt Hosenanzüge, solide Pumps und einen großstädtischen Haarschnitt, sieht nicht besonders großartig aus, aber eben auch nie daneben. Die Silhouette ist manchmal leicht oversized, so wie hier: bisschen zu große Seidenbluse unter schwarzem Hosenanzug, lässig, aber trotzdem dem Anlass angemessen, die Italienerinnen beherrschen eben die modischen Grundlagen und tappen nicht sofort in jedes Stil-Fettnäpfchen. Und das gilt dort sogar für das Personal an den Rändern des politischen Spektrums.

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(Foto: Kin Cheung/Kin Cheung)

Für ihn: Hauptsache hui!

Unter repräsentativen Aspekten ist die Wahl von Rishi Sunak zu begrüßen. Nach Theresa May, Boris Johnson und der schnellen Lizzie atmet zumindest die britische Fashionbranche jetzt auf - endlich jemand, der frisch und gebügelt aus der maßgeschneiderten Wäsche schaut und gerade gewachsen ist. Herr Sunak bewegt sich in seinen Anzügen ja auch so intuitiv, dass man weiß: Der ist schon in einer gestärkten Hemdbrust in den Privatkindergarten gefahren worden. Wobei er leider dem gleichen Irrtum erliegt wie die agilen Consultants und andere U50-Menschen in der Senator-Lounge: Sie tragen ihren Anzug, als ginge es damit ins Gym - also muskelbetont, sehr slim fit, gürtellos und insgesamt zu athletisch. Natürlich sieht das dynamisch aus, aber es ist auch ein wenig so, als würde man eine Harfe zum Federballspielen benutzen. Beim Überflieger Sunak geht es also scheinbar doch mehr um eitle Menswear, als dass sich hier wirklich guter Stil erkennen lässt. Er trägt zum Beispiel auch gerne knöchelfrei-kurze Anzughosen, was wirklich gegen jede Regel spricht, die je ein britischer Schneider formuliert hat. Ist alles nicht schlimm, aber vielleicht kann man so sagen: Das Amt des Premierministers und ein guter Anzug bringen beide eine gewisse Würde mit sich, an der man nicht rumschnippeln sollte. Es existieren auch Bilder, auf denen Sunak in Amtsgebäuden Plastikschlappen der Marke Palm Angels trägt, also einigermaßen dämlichen Hipsterkram für Menschen mit zu viel Geld. So etwas könnte zum Problem werden, weil es das Mindset bestätigt, das ihm ja stets unterstellt wird - dass er eben doch nur zum Billionaires Boys Club gehören möchte.

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