Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Dresscode für die Promi-Scheidung

Ein seriöses Outfit eignet sich bestens, um vor Gericht Gemeinheiten auszutauschen - so richtig funktioniert hat die Strategie bei Amber Heard und Johnny Depp aber nicht.

Rachegöttin: Amber Heard

Pikante Details erreichen uns aus London, wo sich Johnny Depp und seine 23 Jahre jüngere Ex Amber Heard eine Schlammschlacht liefern. Hat sie wirklich ein Häufchen im Ehebett hinterlassen? Hat sie ihn wirklich - grausamer geht es in Hollywood nicht - als fett beschimpft, als rauskam, dass Johnny nicht mehr reich ist, sondern pleite? Bei so einer Nachricht kann eine Frau natürlich die Nerven verlieren.

Wer schuldig ist und wer Opfer, ist aber völlig egal, fest steht, dass die beiden nur ihren Verpflichtungen nachgekommen sind. Stars sind dazu da, uns eine Show zu liefern. Die beiden haben sich also gekloppt und mit Champagnerflaschen beworfen. Und jetzt winken sie der Menge vor dem Gerichtsgebäude zu, als seien sie auf dem Filmfestival in Cannes.

Sie hat ihren Look auf ihre Absicht abgestimmt, sich als unschuldig zu inszenieren. Schwarzer Rock in demütiger Länge zu hochgeschlossener weißer Bluse und flachen Schnürschuhen kontrastieren allerdings seltsam mit dem siegessicheren Lächeln. Verräterisch ist auch die wilde Mädchenmähne. Und die Smokingjacke. Wahrscheinlich trägt sie die normalerweise unten ohne, sonst wäre es zu dieser unseligen Verbindung ja gar nicht gekommen. Jetzt muss sie eben als Anstandsjacke herhalten. Eindeutig: Eine junge Rachegöttin im Engelsgewand. Selbst schuld, Mann.

(Julia Werner)

Wackelkandidat: Johnny Depp

Merke: Auch der beste Pirat der Welt greift ausnahmsweise zur Krawatte, wenn er in London vor den Richter treten muss. Johnny Depp verfuhr bei diesem Auftritt auch sonst wie einst der Schul-Dödel, der es irgendwann vors Amtsgericht geschafft hatte, wo er dann in zu großem Anzug und mit Brillantine im Haar Besserung gelobte - nur um draußen gleich wieder den Mülleimer anzuzünden.

Das traute man Depp spontan auch zu, als er gut gelaunt und verpeilt aus dem Gerichtssaal wankte, in dem die banalen Spitzen seiner glücklosen Kurzehe protokolliert worden waren. Medikamente, Weinflaschen, Eifersucht, Drogengefummel, es ist schon fürchterlich deprimierend, als schöner Leinwandrebell in die Jahre zu kommen. Wenn man solche Indiskretionen preisgeben muss, ist man als Gentleman ja grundsätzlich erst mal gescheitert.

Lässt es sich nicht vermeiden, ist ein dunkelblauer Dreiteiler tatsächlich die beste Kleiderwahl - keine Rüstung simuliert besser gefestigte Position und wiedergewonnene Kontrolle. Die komischen Clarks mit extradicker Sohle, die Depp dazu trug, eine unseriöse weiße Aviator-Brille und ein zu lässiges Mundschutz-Bandana zu den Piratenohrringen stellten das Bild des ehrbaren älteren Herrn aber gleich wieder infrage und bestätigten eher einen anderen Verdacht: Hier bahnt sich eine Helmutbergerisierung an.

(Max Scharnigg)

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Quelle:
SZ vom 18.07.2020/olkl
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