Ladies & Gentlemen:Die Sache mit den Weihnachtspullis

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Viel Polyamid und schön bunt, das genügte in den letzten Jahren als Witz unterm Weihnachtsbaum. Neuerdings muss aber auch noch ein Markenname in den Textilunfall verwickelt sein.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Für sie: Die Unisex-Masche

Der Weihnachtspullover ist eine Marotte, die der Rest der Welt vor allem bei "Bridget Jones" kennengelernt hat. In diesem RomCom-Klassiker trägt der schöne Colin Firth jedes Jahr an Weihnachten ein besonders hässliches Modell. Botschaft: Ironie gehört zur Tradition. In den letzten Jahren hatten sich sogar berühmte Designer am Christmas-Sweater-Hype beteiligt, das scheint jetzt aber vorbei zu sein, vielleicht, weil Designer erstens nicht ironisch sind und zweitens alle Kreativkapazitäten mit der Neuerfindung von Jogginghosen ausgelastet waren. Dafür gibt es jetzt einen vom Jogger-Giganten Adidas. Das Modell "Christmas Jumper" ist laut Hersteller "ein besonders dicker Pullover für maximale Christmas-Vibes", und das ist eine wichtige Ansage, schließlich deutet, bis auf den Preis (200 Euro), nichts an diesem Pullover auf Weihnachten hin. Er ist laut Produktbeschreibung aus 100 Prozent Polyacryl, trotzdem aber Teil der sogenannten "Better Cotton Initiative". Die Farbzusammenstellung ist unschmeichelhafte Retroklassik der Skimode, und der Labelname prangt auf dem Unisex-Pulli gleich mehrfach. Stichwort Unisex, Adidas nennt sein genderneutrales Designkonzept, dessen Schnitte auf vielen verschiedenen Körpergrößen und -formen basieren, "Unitefit", und das ist dann am Ende natürlich doch ein sehr weihnachtlicher Gedanke, unite! Obwohl der größte Weihnachtswunsch vieler Frauen ja wohl der wäre, endlich mal wieder wie eine Frau auszusehen und Zeit für sich zu haben. Aber was man wirklich will, dass darf man vor allem an Heiligabend ja auf keinen Fall sagen.

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Für ihn: Die Billig-Masche

Das angelsächsische Gewese rund um witzig empfundene Weihnachtspullover ist ein Trend, der viel zu bereitwillig und schnell in Deutschland adaptiert wurde. Vor zehn Jahren musste man die Ungetüme noch mühsam importieren, heute hat sogar Oma schon zwei im Schrank hängen und Nachschub gibt es termingerecht im Non-Food-Areal bei Aldi. Das letzte Fitzelchen Ironie ist aber naturgemäß vernichtet, wenn man es so pflichtschuldig shoppt wie Frischkäse - der Pullover ist ja mit 6,99 Euro auch nur unwesentlich teurer. Allerdings ist die Gentrifizierung des Gags in diesem Fall nicht wirklich zu beanstanden, denn bei Aldi haben sie das Prinzip durchaus verstanden und respektabel umgesetzt. Es wurde nämlich nicht nur die gewünscht plumpe X-Mas-Folklore auf die naturreine Polyamidfaser geklatscht, sondern auch gleich noch der Aldi-Schriftzug an prominenter Stelle platziert. Superhässlich, well played! Das katapultiert die Sache also doch wieder ziemlich weit nach vorne. Denn da können die lieben Verwandten mit ihren großelchigen Weihnachtspullovern von Tchibo und C&A noch so bemüht ironisch auf dem Diwan sitzen, wer mit Aldi-Logo nah am Herzen "Es ist ein Ros' entsprungen" singt, der bekommt dieses Jahr den Lars-Eidinger-Orden am Band. Außerdem persifliert er damit auch die verspannte Ralph-Lauren-Fraktion, die trotz grotesker Weihnachtspullover in Wahrheit doch immer nur gut aussehen möchte. Nein, wenn schon Brutalismus zum Konsumfest - dann frontal!

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