Lass Blumen singen
Praktisch, wenn das Kampagnengesicht für einen Duft namens „Flora Gorgeous Orchid“ einen Hit namens „Flowers“ hat. Zufall? Inspiration? Glückliche Fügung? Miley Cyrus ist nämlich schon seit 2021 Testimonial für Gucci Parfum, die Single kam aber erst vergangenes Jahr heraus. Was läge also näher, als die Sängerin zum Launch vergangene Woche im Chateau Marmont in Los Angeles auftreten zu lassen? Dabei sang sie nicht nur eine Akustik-Version von „Flowers“, sondern passte auch gleich noch ein bisschen den Text an. An der Stelle „Started to cry, but then remembered“, schob sie ein schnelles – „Ich bin das Gesicht von Gucci!“ ein. Sollte heißen: Weinen und dann so teures Make-up zerbröseln? Unmöglich! Aus „Paint my nails cherry red“ machte sie kurzerhand „Ancora red“ in Anspielung an die neue Hausfarbe von Gucci-Designer Sabato de Sarno.
Gäste wie Kendall Jenner, Salma Hayek und Dree Hemingway johlten vor Begeisterung. Danach spritze Cyrus das neue Parfum – süße Gourmand-Vanille trifft auf luftige Marine-Noten - in die Menge. Die Latte für perfekt-passende Duft-Botschafter liegt jetzt also mileynweit höher. Glücklicherweise fand die Sause vor der Veröffentlichung der Zahlen fürs zweite Quartal statt. Die Umsätze bei Gucci sind erneut um 20 Prozent zurückgegangen, was an einer allgemeinen Luxusflaute liegt, die vielen (aber eben nicht allen) Marken zu schaffen macht, jedoch auch an dem noch nicht ganz rund laufenden Relaunch unter de Sarnos kreativer Führung (gucci.com, erhältlich ab 29. Juli).
Lederlust
Die Handtaschen-Marke PB 0110 wurde vor einigen Jahren von Philipp Bree, Sprössling der Taschen-Dynastie Bree, ins Leben gerufen, um einen Ort für sehr hochwertige und minimalistische Ledertaschen zu schaffen. Das ist ihm auch hervorragend gelungen, immer wieder macht das Label mit besonders feingeistigen Modellen von sich reden. Ein außerordentlicher Hingucker ist jetzt auch die neueste Kooperation, bei der aber ausnahmsweise nicht nur tragbarer Stauraum im Fokus steht, sondern die reine Lust am Aufledern. Dankbares Objekt dafür ist der berühmte Klappstuhl D4 von Marcel Breuer, bis heute eines der Vorzeige-Bauhausmöbel. Entstanden 1926-1927 ist sein reduziertes Zusammenspiel aus Stahlrohr und Bezug immer noch sehr ansprechend.
Auch Philipp Bree war von der einfachen Ästhetik begeistert, als er den Stuhl beim heutigen Lizenzhalter Tecta im niedersächsischen Lauenförde sah. Aus dieser Begeisterung für das fast 100 Jahre alte Sitzmöbel entstand die Idee einer gemeinsamen Würdigung – die schließlich zusammen mit der Münchner Designerin Ayzit Bostan Gestalt annahm. Sie entwarf eine Tasche aus feinstem Leder, die nicht nur in ihren Dimensionen mit dem Stuhlklassiker harmonierte, sondern auch mit dem schlicht-funktionalen Erscheinungsbild – und natürlich mit dem feinen Täschnerleder, das für beide Objekte benutzt wurde. Um das Ensemble abzurunden, entwarf Bostan auch noch einen neuen Hocker, ganz in der Formensprache Breuers, auf dem die Tasche perfekt Platz findet. Das besonders feine Leder, das für alle drei Teile benutzt wurde (in unterschiedliche Dicken, versteht sich) stammt von einem kleinen Gerberbetrieb am Bodensee und verspricht mit den Jahren eine besonders schöne Patina, sozusagen gemacht für die nächsten 110 Jahre. Erhältlich sind die drei Liebhaberobjekte von September an bei Tecta und ausgewählten PB 0110-Händlern, der Sessel wird 2500 Euro kosten.
Große Augenblicke
Bei einem ausgebildeten Maler ist das eigentlich kein überraschender Titel: „En Plein Air“ heißt die Ausstellung von Arthur Elgort in der Berliner Galerie Camera Work – ein Begriff, der die Freilicht-Technik des 19. Jahrhunderts prägte, als die Künstler keine Lust mehr hatten, nur in Ateliers mit abgestandener Luft zu malen. Auch Elgort, der am Hunter College Gemäldetechnik studierte und erst später zur Modefotografie kam, wurden die vorgegebenen Bahnen seines Genres schnell zu eng. In die künstliche Studio-Atmosphäre der Shootings brachte der gebürtige New Yorker buchstäblich frischen Wind, er ging mit den Models nach draußen, an die Luft, ermutigte sie zu mehr Bewegung und ungestellten Posen. Die so entstehende Schnappschuss-Ästhetik war damals in den frühen Siebzigern revolutionär. Elgort, Jahrgang 1940, wurde einer der Großen seines Fachs. Er fotografierte Stella Tennant in Tweed und Gummistiefeln beim Sprung in einen Pool, Kate Moss mit Hund im Licht-und-Schatten-Spiel einer Pariser Avenue oder „Naomi Campell Jumping in the Air“ (camerawork.de, von 30. Juli an zu sehen in der virtual gallery).