Ladies & Gentlemen:Karneval im Mai

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(Foto: N/A)

Die Met-Gala in New York gibt traditionell viel Anlass zum Rätselraten und Wundern - etwa über die seltsamen Looks von Billie Eilish und David Lauren.

Von Max Scharnigg und und Julia Werner

Für sie: Korrekt eingezwängt

Es war Met Gala letzte Woche in New York, Anna Wintours Mottoparty für Showponies ohne Selbstachtung, und das Thema lautete: The Gilded Age, also Ende 19. Jahrhundert, USA. Kim Kardashian verfehlte es bekanntlich mit dem Originalkleid von Marilyn Monroe, dass jene beim Geburtstagsständchen für Kennedy getragen hatte, kurz vor ihrem tragischen Tod. Wichtiger als historische Fakten war als Debattenthema dann hinterher aber, ob das jetzt okay war, dass sie sich da reingehungert hatte. Und auch die restlichen Anwesenden sahen nicht nach einer Minute Nachdenken aus. Bis auf Billie Eilish. Sie trug ein Kleid mit der für die Ära typischen, eckig anmutenden Hüftdrapierungen und atemraubendem Korsett, weswegen das, was als kecke Pose gemeint war - also sich nach vorne beugen und dabei die Hand vor den Bauch halten - eher so aussah, als müsse sie sich übergeben. Das kurvig-Laszive hat Kardashian halt selbst nach Crash-Diät besser drauf, aber wenigstens hatte die Sängerin das Thema mit streberhafter Ernstigkeit umgesetzt: Sie sah wirklich aus wie aus einem John-Singer-Sargent-Porträt gefallen. Apropos Streber, nachhaltig war das Kleid von Gucci natürlich auch noch, also aus irgendwelchen Stoffresten zusammengesetzt. Das alleine reicht heutzutage, um von den einschlägigen Modepublikationen stiltechnisch gelobt zu werden. Würden wir ob des niedrigen Niveaus dieser Zirkusveranstaltung auch gern, geht aber nicht, weil sich dieses Ungetüm von Kleid leider nicht von alleine biologisch abbauen, sondern der Welt erhalten bleiben wird.

(Foto: N/A)

Für ihn: Zwanglos daneben

Man sollte niemals unterschätzen, wie viel Ralph Lauren für die Herrenmode im Allgemeinen und die US-amerikanische Männlichkeit im Besonderen getan hat. Ohne ihn, das lässt sich sagen, wären weite Teile der westlichen Welt jedenfalls noch viel schrecklicher angezogen. Das hier nun ist sein Sohn David, der allerlei Funktionen im väterlichen Unternehmen bekleidet. Er hat eine Enkelin von George Bush Senior geheiratet und seinen jüngsten Sohn Rocky genannt - ist also ein ziemlich guter Amerikaner. Zur Met-Gala erschien er natürlich in Klamotten seines Vaters, die Kombination hat er sich aber vermutlich selber ausgedacht: Einen Frack zur zerrissenen Jeans und Cowboystiefeln. Man vermeint ja genau zu wissen, was die Idee dahinter war, es ist eine gängige Erkenntnis: Zu einem perfekten Paar Jeans - ideal eingetragen & ausgebleicht - lässt sich jedes Oberteil gewinnend kombinieren. Weil es allzu Klassisches verjüngt, allzu Vornehmes karikiert und insgesamt eben Lässigkeit beisteuert. Hätte Herr Lauren eines der schönen Tweed-Sakkos aus seinen Regalen oder ein Samt-Smokingjacket ausgesucht, wäre der Plan auch aufgegangen. Mit einem Frack hingegen, funktioniert der Jeans-Trick nicht. Nicht mal André Rieu würde diesen Fehler machen, der Look entehrt das würdevolle Kleidungsstück und lässt gleichzeitig die Jeans sehr alt und den Träger verzweifelt aussehen. Sicher, Frack und Jeans lassen sich historisch im Galamotto "Gilded Age" verorten, haben aber eben keine gemeinsame Tradition. Dass man darauf keinen allzugroßen Wert legt ist aber vielleicht gerade wieder das: ur-amerikanisch.

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