Für sie: Weiche Lösung
Mäntel, hat man das Gefühl, sehen heutzutage – von Weitem – alle gleich aus, egal ob sie von Max Mara oder Zara kommen. Sie sind ein- oder doppelreihig und so schlicht, dass einem beim bloßen Gedanken an die nächsten kalten Monate das Leben noch grauer vorkommt. Wieso sind Mäntel so selten kariert, rot oder orange, und wieso wollen jetzt alle wieder aussehen wie Kapitalismussklaven? Hinzu kommt bei diesen Eleganzdiktatoren aus teurem oder billigem Stoff ja auch noch die Tatsache, dass sie sofort an Ausstrahlung verlieren, sobald sie mit dem kombiniert werden, was man dringend braucht: dem Schal. Der ist ein Style-Mörder, vor allem in einer von der Jacke abweichenden Farbe. Nie sehen Schals an einem selbst so aus wie an Influencern, immer verbreiten sie stattdessen die Aura von Halsschmerzen.
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Dass die Mehrheit also nur noch Daunenjacken trägt, ist da kein Wunder. Denn lieber tröstet man sich mit dem Gedanken, dass bei Frost eh alles egal ist, als sich den Kopf über smarte Schal-Mantel-Kombinationen zu zerbrechen. Aber das stimmt natürlich nicht – es ist nie alles egal. Und es gibt einen Mikro-Manteltrend, der gleich alle Mantel-Depressionen auf einmal löst. Beim Schalmantel (hier von Massimo Dutti) ist der Halswärmer schon integriert, also aus dem gleichen Material wie der Rest. Das sieht nicht nur harmonisch, sondern auch interessant aus, weil das Gegenüber nie so genau weiß, ob das jetzt ein Mantel ist oder einfach eine riesige Decke, in die man sich wegen Totalaufgabe eingewickelt hat.
Für ihn: Dickes Ding
Der Dufflecoat ist ein wunderbarer Klassiker und ewiger Wiedergänger in der Herrengarderobe. Von seinen Anfängen als schrulliger Soldatenwärmer in der britischen Armee über seine studentische Zweitverwertung in den 1960er-Jahren und bei Paddington Bär bis hin zur aktuellen Rückkehr in die Schaufenster – er hat immer einen gewissen knuffigen Charme behalten. Die charakteristisch robuste Knöpfung, die dicken Wollstoffe und die betont unförmige Silhouette signalisieren: Bitte nicht stören, dieser Mensch ist ein sentimentaler Feingeist, der einen Tinnitus in Form eines Simon-&-Garfunkel-Songs hat. Männer, die ein solches Bild pflegen wollen, tragen dazu noch gute Cordhosen, Vintage-Wollpullover von Ballantyne und Wallabees von Clarks – fertig ist der anglophile Hedonist.
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Sicher, es gibt auch Gelegenheiten, bei denen der Mantel ein wenig zu schluffig und mützig wirkt, das Leben besteht ja leider nicht nur aus Schwänefüttern im Park. Und ein bestimmter Männertypus geht in einem üppigen Dufflecoat auch einfach verloren – ein Hauch militärischer Straffheit oder zumindest eine Spur Schlacksigkeit sollten im Idealfall beim Träger vorhanden sein, und auch die Beine sollten unten noch ein gutes Stück weit rausstehen. Sonst ähnelt man im Herbstnebel schnell einem zufriedenen Bierbrauer-Mönchlein in wolliger Kutte. Dieses Modell von Cos ist aus recycelter Wolle und auch sonst recht urban getrimmt. Ein schönes Stück, aber viel feingliedriger darf ein Dufflecoat nicht werden, sonst ist er nur noch ein Coat und zaubert nicht mehr.