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Prominente: Nicht mehr 16: Madonna, 63, wie sie sich in den Sozialen Medien zeigt.

Nicht mehr 16: Madonna, 63, wie sie sich in den Sozialen Medien zeigt.

(Foto: picture alliance / Captital Pict)

Porzellanhaut, Spitzkinn... Moment, wie sieht denn Madonna aus? Genau: Deutlich jünger als sie ist. Aber muss man sich immer wieder darüber aufregen?

Von Anne Goebel

In einem knappen halben Jahr, am 16. August, wird Madonna 64, und wem beim Lesen dieser unbehaglichen Zahl ein bisschen kühl wird: Nicht nötig, zumindest nicht wegen Madonna. Was sollen zwei Ziffern einer Frau anhaben, die seit Jahrzehnten im Popgeschäft erfolgreich ist, neben ihrer Stimme immer das millionenfach reproduzierte Bild ihres Körpers verkaufte, trotzdem als Ikone des Feminismus gilt und mehr als eine Milliarde US-Dollar besitzt? Muss man sich keine Sorgen machen. Auch dann nicht, wenn es, unverändert blond natürlich, Richtung Renteneintrittsalter geht.

Eher könnte das Frösteln vom Vergleich mit dem eigenen Alter kommen, eine dieser schnellen Überschlagsrechnungen, die man in der Regel besser sein lässt. Um sich stattdessen, wie es gerade wieder ausführlich geschieht, den ewigen Verwandlungen der Madonna Louise Ciccone zuzuwenden. Bis heute hat keine einen schöneren Namens-Dreiklang, und ebenso konstant signalisiert er: Skandal. Diesmal nicht wegen Madonnas Ekstasevideo in einer Kirche ("Like A Prayer" im unwirklich fernen Jahr 1989), Adoptionen in Malawi (Nullerjahre) oder einem Sturz von der Bühne 2015. Sondern, man staune: Madonna sieht jünger aus, als sie ist. Eine Handvoll surrealer Portraits auf Instagram mit Porzellanteint plus Spitzkinn, und es wogt in den sozialen Medien.

Prominente: Superblonde Kunstfigur: Madonna 1986 in London.

Superblonde Kunstfigur: Madonna 1986 in London.

(Foto: Peter Kemp/AP)

Die Aufregung darüber ist so künstlich wie die Glitzersteine in dem Krönchen mit Fuck You-Schriftzug, das die "Queen of Pop" vergangenen September bei einem Auftritt in New York trug. Denn abgesehen von ihren ganz frühen Zahnlücken-Jahren, als sie brünett, sehr hübsch und fast ein bisschen drall war, ist Madonna immer eine Kunstfigur gewesen. Der überrote Mund, die weiße Haut, Jean Paul Gaultiers spitze Corsagen und der sehnige Körper, über den die Welt nach dem vielzitierten und gemeinen Knorpel-Befund ihres überhaupt sehr gemeinen Ehemanns Guy Ritchie mehr erfuhr, als sie wissen wollte. Wen wundert es da, dass Madonna jetzt, mit fast 64, Fotos in die Welt setzt, die behaupten: Ich bin eine Mischung aus allen Kardashians und einer Mangaheldin. Klar geht das nur dank Photoshop und der kompletten digitalen Filterpalette - der Wirbel um die offensichtliche Bildmanipulation bei bild.de bis zum Ok Magazine ist fast rührend. Wer hat Selfies erwartet, die nach Pigmentflecken und Blasenschwäche aussehen?

Im übrigen ist es das uralte Lied von der ewigen Jugend, die sich diejenigen, die jetzt am meisten lästern, genauso wünschen. Kaiserin Sisi belegte ihr Gesicht bekanntlich nachts mit rohem Kalbfleisch für rosige Wangen; Queen Elizabeth I. war nicht die Jungfrau mit milchigem Teint wie auf den Bildnissen der Hofmaler, sondern versteckte Narben unter viel Schminke. Über Jahrhunderte Bäder in Eselsmilch oder Essig, endlose Haut-und Haarprozeduren: Zumindest damit ist es bei der totalen Kontrolle über das eigene digitale Abbild wie im Fall von Madonna vorbei. Auch eine Form von Freiheit.

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