Süddeutsche Zeitung

Luxusjuwelier in New York:Tiffany hat ein Problem mit Trump

Das Weihnachtsgeschäft lief schlecht für den Luxusjuwelier - jetzt muss der CEO gehen. Die Misere des New Yorker Geschäfts hat mit der Nähe zum Trump Tower zu tun.

Von Johanna Bruckner, New York

Ihren letzten großen Auftritt hatte die vielleicht markanteste Schachtel der Welt am Tag der Inauguration. Als das scheidende Präsidentenpaar Obama das neue Präsidentenpaar Trump vor dem Weißen Haus begrüßte, wechselte eine Tiffany-Schachtel die Hände. Quadratisch, im markentypischen Türkis, mit einer weißen Schleife. Weil Michelle Obama nicht wusste, wohin mit dem Gastgeschenk, hatte die Tiffany-Schachtel für wertvolle Sekunden die Aufmerksamkheit der Weltöffentlichkeit. Frédéric Cumenal könnte diese kostenlose Werbung als kleine Entschädigung begriffen haben - sie reichte jedoch nicht, um seinen Job zu retten.

Am Sonntag verkündete der New Yorker Luxusjuwelier, dass Cumenal seinen Posten als Chief Executive Officer (CEO) von Tiffany & Co. mit sofortiger Wirkung räumt. Bis ein geeigneter Nachfolger gefunden ist, übernimmt der frühere Chef und jetzige Vorsitzende des Kontrollgremiums, Michael Kowalski, den Posten. Grund für den Abgang des 56-jährigen Cumenal, der 2011 vom französischen Luxusmarkenkonglomerat LVMH gekommen war und 2013 die Führung des Schmuckherstellers übernahm, sind die enttäuschenden Zahlen aus dem Weihnachtsgeschäfts. Zwar stieg der Netto-Umsatz des Unternehmens im November und Dezember im Vergleich zum Vorjahr leicht. Aber der Umsatz in Tiffany-Geschäften in Nordamerika sank um vier Prozent, in Europa sogar um elf Prozent.

Noch schlimmer: Im Flagship-Store in der Fifth Avenue 727 musste Tiffany ein Minus von 14 Prozent verbuchen. Verantwortlich macht der Luxus-Juwelier auch den neuen US-Präsidenten. Dessen Trump Tower liegt in unmittelbarer Nachbarschaft und ist seit der Wahl Anfang November das wohl bestbewachte Gebäude in Manhattan. Immer wieder hätten in den vergangenen Monaten Straßensperren den Zugang zum Laden behindert, klagt das Unternehmen. Zehn Prozent seines Gesamtumsatzes macht Tiffany hier normalerweise. Wütende Demonstranten mögen ein Zeichen für eine lebendige Demokratie sein, für das Geschäft eines Luxusjuweliers sind sie tödlich.

Kunden aus China haben Angst, teure Geschenke zu machen

Zumal das 1837 gegründete Unternehmen wie andere Schmuck- und Uhrenhersteller ohnehin zu kämpfen hat. Der Gewinn von Tiffany stagniert seit 2014 bei etwa vier Milliarden US-Dollar. Der starke Dollar schreckt die wohlhabende Klientel aus Asien ab. Kunden aus China sind wegen strengerer Anti-Korruptions-Gesetze zudem vorsichtig geworden mit kostspieligen Aufmerksamkeiten. In den USA ist das geschwungene Tiffany-Herz aus Silber mit passender Kette, erhältlich ab 200 US-Dollar, zwar immer noch ein beliebtes Geschenk für Highschool-Absolventen. Doch das Unternehmen hat Probleme, jüngere Kundschaft zu binden. Der Klassiker zu sein, reicht nicht mehr.

Wie sehr sich Tiffany um ein hipperes Image bemüht, zeigt die Personalie Francesca Amfitheatrof. Cumenal machte die Amerikanerin 2013 als erste Frau zur Design-Chefin, vorher arbeitete sie unter anderem für Fendi und Alessi. Bei den Oscars 2015 gelang ihr ein Social-Media-Coop: So viel Aufmerksamkeit wie das Tiffany-Collier aus Türkisen, mit dem Schauspielerin Cate Blanchett über den roten Teppich schritt, bekam kein Oscar-Gewinner. Doch Amfitheatrof ist nun, genau wie ihr Förderer Cumenal, Firmengeschichte. Seit dem 1. Februar heißt der Design-Direktor Reed Krakoff. Er ist zugleich Vorstandsmitglied - so viel Macht hatte bislang kein Kreativer bei Tiffany.

Unterstützung bekommt er von einer Frau: Am Sonntag hatte Lady Gaga während der Werbepause beim Super Bowl ihren ersten Auftritt als Markenbotschafterin. In einem Schwarz-Weiß-Clip kündigt sie an: "Ich will immer den Status quo hinterfragen." Vielleicht gehört dazu ja auch, das Geheimnis um den Inhalt der türkisfarbenen Schachtel in Erfahrung zu bringen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3367287
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.