Süddeutsche Zeitung

Lothar Müller:Begierden-Ballett

Dass die Dinge nicht einfach zur Hand sind, sondern ein Eigenleben führen, Ansprüche stellen, weiß jeder, der irgendetwas sammelt. Mrs. Gereth hat auf ihrem Landsitz zeitlebens exquisite Kunstgegenstände gesammelt, Gemälde, Gobelins, Louis-Quinze-Geschirr, Raritäten aus Porzellan, venezianischen Samt. Ihre Sammlung bildet eine Einheit mit dem Haus, das sie füllt. Das englische Erbrecht aber bestimmt, dass Mrs. Gareth sich von dieser Einheit wird trennen müssen, wenn ihr Sohn eine Ehe eingeht. Henry James macht daraus in seinem kürzlich neu übersetzten Roman "Die Kostbarkeiten von Poynton" (Manesse, 24,95 Euro) ein hinreißend choreografiertes Ballett der Begierden und Intrigen, in dem der Sohn nur eine Nebenrolle spielt. Alle seine Erzählkunst bietet Henry James auf, um Mrs. Gareth, die Verlobte des Sohnes und eine junge Frau geringer Herkunft, die zwischen die Fronten gerät, gekonnt in immer neues Zwielicht zu setzen. Bis den Kostbarkeiten die Stunde schlägt.

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Quelle:
SZ vom 02.12.2017
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