Lokaltermin:Zwickel & Kaps

Lesezeit: 3 Min.

Ein gutes Steak zu finden, ist eine Herausforderung. Dabei kann das beste Stück vom Rind himmlisch schmecken - wenn es bereitet wird wie in Alpirsbach.

Von Philipp Maußhardt

Ein wirklich gutes Steak zu finden, ist eine Herausforderung. Dabei kann das beste Stück vom Rind so himmlisch schmecken, wenn man alles richtig macht - wie das Zwickel & Kaps in Alpirsbach im Schwarzwald, findet Philipp Maußhardt. So verwunderlich ist die besondere Güte aber auch wieder nicht, war der Koch doch lange Küchenchef in der Traube Tonbach.

Die Bezeichnung "Steakhouse" sollte Freunden des guten Geschmacks eher als Warnung dienen. Was sich landläufig dahinter verbirgt, ist meist nur ein leeres Versprechen. Ein wirklich gutes Steak ist dagegen mindestens so schwer zu finden wie eine kostenlose Toilette auf deutschen Autobahnen. Da wären wir schon beim Problem: für das beste Steak, oder sagen wir: eines der besten Steaks in dieser Republik muss der Fleischliebhaber eine sehr lange Reise unternehmen, im konkreten Fall bis nach Alpirsbach.

Das ist ein Dorf, in einem engen Tal gelegen, irgendwo zwischen Freiburg und Stuttgart, mitten in der Landschaft, die sich Schwarzwald nennt. Eine Hauptstraße, ein winziger Marktplatz und ein ehemaliges Benediktinerkloster. Und natürlich die Brauerei. Diese Klosterbrauerei in Person ihres Chefs, den alle im Ort fast ehrfürchtig nur den "Herrn Glauner" nennen, ist schuld daran, dass Silvia Schumacher und Michael Pokolm hier seit Kurzem ein Steakhouse und eine Cocktailbar betreiben. "Herr Glauner" nämlich hat vor noch nicht einmal einem Jahr die beiden erfahrenen Gastronomen gebeten, seinen Brauerei-Gasthof Zwickel & Kaps zu übernehmen. Beide hatten zuvor viele Jahre lang in der Traube Tonbach gearbeitet - er als Küchenchef, sie als Chefin der Bar -, also in einem Heiligtum, das mit Deutschlands bestem Koch, Harald Wohlfahrt, zu den ersten Adressen der deutschen Gastronomie zählt.

Das Steakhouse sieht von außen aus wie viele auf rustikal getrimmte Gasthöfe, und der Eindruck setzt sich Innen fort: viel Holz, über dem Tresen ein mächtiger Braukessel aus Kupfer. Die Tische sind an diesem Samstagabend alle besetzt, auch die Plätze am Tresen, das Publikum ist munter und schwäbelt laut. Hier würde man einen guten Wurstsalat erwarten (gibt es) oder vielleicht einen Flammkuchen (ebenfalls auf der Karte), nicht aber unbedingt ein kulinarisches Spitzenerlebnis. Das ändert sich, wenn man die Speisekarte aufschlägt.

Sie beginnt mit einem Grundkurs in Sachen Tierzucht und erklärt, warum Rindfleisch nicht gleich Rindfleisch ist. Im Zwickel & Kaps stammt das Fleisch aus der Aufzucht von frei laufenden Herdentieren aus Nebraska. Der Schnitt der einzelnen Teile hat mit dem, was man in Deutschland beim Metzger erhält, nicht viel zu tun. Jedenfalls hat man hierzulande noch selten bis nie etwas vom Teres-Major-Muskel (liegt irgendwo an der Schulter) gehört, so wenig wie vom Tomahawk Cut, einem Zuschnitt des Rib Eye mit extra langem Knochen.

Wir verzichten auf Vorspeisen und bestellen zum Eingang gleich ein 200-Gramm-Stück Teres Major (20,90 Euro) der kleinsten Gewichtseinheit, nachdem Silvia Schumacher, die Bar-Chefin und Geschäftsführerin, uns über die 13 verschiedenen Steakarten aufgeklärt hat. Bis zum Eintreffen vertreiben wir uns die Zeit mit einem Biercocktail ("Brauwasser": Bier mit Cranberry, Limette und Zucker), den wir etwas skeptisch bestellen, dann aber begeistert trinken.

(Foto: SZ)

Das Steak ist medium-rare wie gewünscht (also innen noch fast roh), hat eine schöne, mit verschiedenen Pfeffersorten austarierte Kruste und wird begleitet von drei milden Buttervarianten (Curry, Paprika und Röstzwiebel), dazu wählen wir aus den angebotenen Beilagen einen Speckrosenkohl. Es ist schon fast Demut, mit der man nach dem ersten Biss dieses Fleisch im Munde zerkleinert. Man möchte dem Tier, dem Farmer, dem Metzger, dem Schiffskapitän, dem Lieferanten und schließlich Michael Pokolm am Herd um den Hals fallen. Wenn schon Fleisch, dann soll es bitte so schmecken.

Aber es ist ja erst die Vorspeise. Jetzt kommt gleich das, was Silvia Schumacher als Hanging Tender (27,90 Euro) angekündigt hat. Nun liegt ein elliptisch geformter Muskel auf dem schön vorgewärmten Teller (er, der Muskel, findet sich laut Speisekarte zwischen der 12. und 13. Rippe auf der Innenseite, nahe der Wirbelsäule) und erweist sich als eine nochmalige Steigerung der ersten Steaksensation. Dafür braucht man keine Zähne, das schafft die Zunge alleine. Der Saft ist im Fleisch gebunden und fließt nicht beim ersten Schnitt schon auf dem Teller davon. Offenbar hat es der Küchenchef vor dem Servieren noch ein wenig ruhen lassen.

Ein echter Fleischfreund würde jetzt auch zum Dessert noch ein weiteres Steak ordern. Aber wir befürchten, eine nochmalige Geschmackssteigerung würde uns die Sinne rauben und so belassen wir es bei der Gewissheit, an diesem Tag unseren Steakmeister gefunden zu haben. Die etwas kühne Idee, die sonst übliche Weinbegleitung durch einen weiteren Biercocktail zu ersetzen, erweist sich als überaus erfreulich. Barkeeperin Schumacher hat die Rezepte selbst komponiert, beispielsweise den "Special Punch" mit braunem Rum, Passoa, Maracuja und Limette (6,90 Euro).

Versonnen und selig nippen wir noch am Glas, als ein älterer Herr freundlich grüßend das Lokal verlässt. "Das war übrigens der Herr Glauner", sagt Silvia Schumacher. Gerne hätten wir dem Brauereichef ein "Danke" hinterher gerufen, da ist er aber auch schon aus der Tür.

Danke für die gute Idee, die beiden Wirtsleute nach Alpirsbach gelockt zu haben.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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