Lokaltermin:Totalfusion

Die Nikkei-Küche verbindet traditionell zwei Küchenstile, die gerade weltweit enorm erfolgreich sind: japanisch und peruanisch! Im Hamburger Restaurant Nikkei Nine gelingt diese Fusion gut, findet Stevan Paul.

Gastronomen, die alles richtig machen wollen, setzen auf die Nikkei-Küche. Denn sie verbindet traditionell zwei Küchenstile, die gerade weltweit enorm erfolgreich sind: japanisch und peruanisch. Im Hamburger Restaurant Nikkei Nine gelingt diese Fusion gut, findet Stevan Paul. Und weil dort auf heißen Steinen gebraten wird, gibt es Silvesterstimmung ganzjährig dazu.

Japan, Japan und kein Ende. Wenn die japanische Küche hierzulande gerade als energiespendend, gesund und leicht wiederentdeckt wird, dann hat das sicher auch mit der derzeit so populären Selbstoptimierung zu tun, mit dem Hype um sogenanntes Superfood und kohlenhydratarme Ernährung. Außerdem hat sich mittlerweile sogar bei uns rumgesprochen, dass Japan mehr zu bieten hat als Sushi-Röllchen. Das merkt man vor allem in der Gastronomie, wo die Zahl an japanischen Restaurants, Izakayas und Ramen-Bars quasi im Wochentakt größer und die Speisekarte immer länger wird.

Einen Trend im Trend stellt die japanisch-peruanische Nikkei-Küche dar. Sie ist geprägt von japanischen Auswanderern, die dem Ruf des Goldes folgend, Ende des 19. Jahrhunderts den Andenstaat besiedelten. Kleinster gemeinsamer Nenner beider Esskulturen war roher Fisch, japanisches Sashimi und peruanische Ceviche, daraus entwickelte sich eine würzige Fusion-Küche, Chili und Sojasauce bilden die Basis. Das Hamburger Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten erwies ein frühes Gespür für den neuen Trend, im Souterrain des Grand Hotels eröffnete bereits im vergangenen Jahr das "Nikkei Nine" Restaurant. Ein weiterer Trend ist leider auch, dass Essengehen immer öfter als das neue Ausgehen gehandelt wird, gefeiert insbesondere von jener Generation, die bereits alle U-30-Partys hinter sich hat. Das Nikkei Nine weiß nur zu gut, wie man dieser Feierlust entspricht: Bereits das Entrée gemahnt an einen Club, zwei wie Discokugeln funkelnde Pantherstatuen bewachen eine Wasserwand, die über schwarzen Stein und den Namen des Restaurants in Goldlettern fließt. Geschäftige Concierge-Damen überprüfen die Reservierung. Die vorgelagerte, opulente Bar ist bereits proppenvoll, freitags legt hier ein DJ auf. Goldtöne, Bronze, Kupfer und Samt prägen das Design, schicke Lampen wechseln im Rhythmus der Musik die Farbe. Neben Klassikern werden auch ausgefallene Sake- und Shōchū-Cocktails serviert.

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Wir bestellen Fujiyama Mule (15 Euro), eine Variante des Moscow Mule, der mit Wasabi-Soda aromatisiert wurde. Nach dem dritten Schluck muss man das allerdings mögen. Japan, Peru und die alte Hanse kommen beim Gimlet Hamburg Style (zwölf Euro) zusammen - mit Kümmelschnaps, Limette und Shisoblatt, spannend und frisch, das grün-güldene Martiniglas erinnert an das mutige Design der Leonardo-Gläser in den Jugendzimmern der Achtziger, kommt ja alles wieder. Aus dem Bargetümmel geht es ins ebenso gradlinig designte und voll besetzte Restaurant mit offener Küche. Am Nebentisch trägt eine Großgruppe ansonsten elegant gekleideter Damen blinkende Weihnachtsmarkt-Nikolaus-Mützen auf den Köpfen, fröhlich wird zu einer Riesenplatte Sushi ein Geburtstag gefeiert. Rechts von uns brutzelt Filetfleisch auf heißen Steinen. Jahreswechselstimmung.

Die Speisekarte ist dann überraschend vielschichtig und komplex. Vorbildlich erklärt ein Glossar kurz japanische und peruanische Begriffe zum Menü. Wir bestellen Ceviche vom Hamachi (21 Euro), rohe Gelbschwanzmakrele in Leche de Tigre, ein klassischer Sud aus Zitronen- und Fischsaft, Chili und Zwiebeln. Der Fisch ist von höchster Qualität und in der würzigen Marinade ein Genuss, getoppt von winzigen Tupfen süß geschmorter roter Zwiebeln, dazu der elegant kohl-artige Geschmack der Zweige von rotem Mizuna-Salat, die grünen Erbsensprossen sind allerdings entbehrliches Augenfutter. Der Babys Spinat- Salat mit knusprigen Calamari (17 Euro) erweist sich erfreulicherweise als gelungenes Tempura-Gericht japanischer Tradition: feinluftiger, zart-knuspriger Saketeig ummantelt die saftigen Calamari, die aber leider unter einem Berg Spinatsalat liegen und dort rasch ihre Knusprigkeit einbüßen. Mariniert sind die Blätter mit Yuzu-Ponzu, einer japanische Würzsauce auf Basis von Dashi, japanischer Zitrusfrucht und Sojasauce. Dem wurde noch ein eher irritierendes Trüffelaroma hinzugefügt, die dezente Erdigkeit der Edelknolle nimmt etwas von der Frische des ansonsten tadellosen Gerichts. "Jetzt schon ein Klassiker" von Küchenchef Ben Dayag , so erklärt der Service, sei der mit Kõji behandelte Kabeljau. Kõji-Pilz wird sonst unter anderem zur Fermentation von Sojabohnen, Getreide und Reis für Sojasauce oder Miso eingesetzt. Hier verwandelt er den Kabeljau in einen aromatischen Fisch von subtil buttrig-nussiger Würze - klasse! (39 Euro).

Doch warum sind die Sushi aus Meisterhand von Yuki Hamasaki (fünf bis 13 Euro) - der Fisch ist exzellent - so dünn wie Hänsels kleiner Finger? Ja, erklärt der gut gelaunte Service, die Sushi seien hier nun mal "filigraner". Der dazu gereichte, hausgemachte Gari amazu-shōga macht süchtig, selten aß ich einen knackiger eingelegten Ingwer, von milder Schärfe und mit feiner Säure - perfekt ausbalanciert. Opulent ist die Portion süß gelackter Bauch vom Apfelschwein, drei schwergewichtige Spieße (18 Euro), butterzart gegart und fein-würzig. Kurz nach 22 Uhr, der DJ fährt unangekündigt die Lautstärke hoch, ertönt dann "Celebration" von Kool & the Gang.

Geschmacksache ist auch das samtige Himbeer-Wasabi-Sorbet mit einer Suppenkellen-großen Portion weißer Sesam-Mousse unter knackiger Schokohülle (14 Euro). Die Mousse hat leider die Konsistenz von Buttercreme. Gelungen ist der Yuzu-Mohnkuchen unter geflämmtem Baiser mit Zitronencremetupfen und knackig-kühlen Nashi-Birnen-Perlen. Vier offene Sake begleiten uns über den Abend - ein in abgestuften Qualitäten gereichtes, schmeckbar nachvollziehbares Vergnügen (0,1 zu zwölf bis 15 Euro), das vom Service gerne auch erhellend erläutert wird. Während der Woche geht es ruhiger zu im Nikkei Nine, jetzt aber ist Freitagnacht, und bevor die Party richtig losgeht, bezahlen wir gerne und treten schnell hinaus in die klare, stille Nacht.

In einem Satz

Das Nikkei Nine bietet handwerklich gute japanische Fusionküche und höchste Produktqualität, die Clubstimmung am Wochenende muss man mögen.

Qualität: ●●●●○

Ambiente: ●●●●○

Service: ●●●●○

Preis/Leistung: ●●●○○

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