Süddeutsche Zeitung

Lokaltermin:Robert.

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In Düsseldorf gilt der frühere Sternekoch Robert Hülsmann als Gastro-Legende. Eigentlich hatte er sich in den Ruhestand verabschiedet. Doch nun, mit 72, steht er wieder in der Küche seines eigenen Restaurants am Rheinufer.

In Düsseldorf gilt der frühere Sternekoch Robert Hülsmann als Gastro-Legende. Eigentlich hatte er sich bereits in den Ruhestand verabschiedet. Doch dort muss ihm irgendwie langweilig geworden sein, vermutet nicht nur Fabienne Hurst. Denn heute steht der nun 72-Jährige wieder in der Küche seines eigenen Restaurants am Rheinufer. Das Robert. soll sein letztes Projekt sein, betont er. Hülsmann nennt sich jetzt "der Alte" und macht nur, was er immer schon wollte: kochen - klassisch, schnörkellos, gut.

Was macht eigentlich ein ehemaliger Spitzenkoch, wenn ihn der Ruhestand langweilt? Wenn man jahrelang Tag und Nacht von Gästen, Freunden, Kollegen umgeben war, zusammen gekocht, gegessen und gefeiert hat? Da muss ein Rentnerleben doch schrecklich öde sein. Diesen Eindruck bekommt jedenfalls, wer die Geschichte des Düsseldorfers Robert Hülsmann hört.

Der 72-Jährige hat seinen Ruhestand beendet und vor etwa einem Jahr ein neues Restaurant in seiner Heimatstadt eröffnet. Das "Robert." - und ja, der Punkt hinter dem Namen ist wichtig, denn der soll markieren, dass es sein letztes Projekt sein wird. Auf der Webseite des Lokals heißt es sicherheitshalber noch "Hier kocht der Alte noch selbst", so als wollte man auch die letzten Zweifler besänftigen, die dahinter reine PR vermuten könnten. Denn Hülsmanns Küche ist in Düsseldorf so etwas wie ein Kulturerbe, er habe "Düsseldorfer Kochgeschichte" geschrieben, liest man in der Lokalpresse. Tatsächlich hat Hülsmann die Gastronomie der Stadt geprägt: Mit "Roberts Restaurant" erkochte er in den 70er-Jahren einen Stern, zu einer Zeit also, als das für ein Restaurant fast noch ein Alleinstellungsmerkmal war. Danach schaffte er mit "Roberts Bistro" am Medienhafen eine Institution, und schließlich eröffnete auch noch die "Brasserie Hülsmann", die seine Tochter betreibt.

Seinem Markenkern ist der Koch auch beim neuen Projekt treu geblieben: Er steht für klassische französische Küche, Innereien, Meeresfrüchte, Pasteten - und damit im Prinzip für alles, was man in einem Uferrestaurant an der Rheinpromenade nicht erwartet. Denn Außenstehende vermuten in dem Lokal mit der roten Markise erst mal keine kulinarischen Ambitionen. Rechts die Filiale einer Franchisekette, links eine vom Erdbeerrauch umwölkte Shisha-Bar. Außerdem überall Elektroroller, Badelatschen, irgendwo spielt jemand das "Star Wars"-Thema auf der Blockflöte. Trotzdem: Das Robert. ist auch schon mittags rappelvoll. Austern-Esser mit Sommerhütchen speisen hier neben sonnenbebrillten Damen und tischhohen Weinkühlern. Der Service ist diskret bis gelangweilt, aber nicht unfreundlich, die Speisekarte eher eine lose Blättersammlung und so üppig bestückt, dass einem fast ein bisschen schwindelig wird. War in den Ankündigungen nicht von einer "Kleinen Karte guter Küche" die Rede gewesen? Stattdessen gibt es hier noch eine zusätzliche Tageskarte mit einem Dutzend weiterer Gerichte. Und obendrein noch ein Extrablatt mit entsprechenden Saisonangeboten: "Steinpilze gefunden!" Ein Ausruf wie aus einer Janosch-Geschichte und damit so sympathisch, dass man dem Chef die Riesenauswahl direkt verzeiht.

Robert Hülsmann, der neben Michael Geisner und René Lindemann tatsächlich selbst in der Küche steht, scheint einfach zu sehr an den Spezialitäten zu hängen, die hier allesamt hausgemacht sind. Ab und zu schleicht der Alte zwischen den bunten Terrassentischen hindurch, um die offenbar zahlreichen Stammgäste zu begrüßen. Mit seinem blau-weißen Ringelhemd wirkt das irgendwie sehr französisch, passend zur Inneneinrichtung im Stil des berühmten Pariser "Café de Flore" und den Leuten, die beim Essen rauchen.

Als Vorspeise nehmen wir die Foie gras mit karamellisierten Äpfeln (18,50 Euro), ein unkomplizierter Klassiker, der hier genauso gut hin passt wie die schlichten gekochten Crevetten mit Mayonnaise (15 Euro). Auch das frische, warme Baguette passt hervorragend, ebenso wie der rustikale Grauburgunder vom Weingut Gunderloch in Rheinhessen (6,50 Euro). Konsistenz, Temperatur, Garpunkt, Frische - alles, worauf es bei diesen zeit- wie schnörkellosen Tellern ankommt, stimmt.

Auch die von einer marmeladigen Pflaumensauce etwas überfrachtete Entenbrust (14,50 Euro) ist schön rosa gebraten und verliert durch den schlichten, knackigen Salat als Beilage etwas von ihrer Schwere. Deftig-provenzalisch wird es bei der Lammkeule an einer dunkel eingekochten Rosmarin-Jus, der man anmerkt, dass sie mehrere Stunden (gar Tage?) köcheln durfte, und die würziger kaum sein könnte. Dazu ein frisches Marktgemüse aus Spinat, Tomaten, Zwiebeln und Steinpilzen, alles noch mit einem leichten Biss und so sorgfältig zubereitet, dass man sich gleich noch eine Portion davon wünscht. Nur die etwas dumpfen Flageoletbohnen wirken, als hätten sie sich auf den Teller verirrt.

Dafür zerfallen die butterzarten Kalbsbäckchen (16,50 Euro) auf der Gabel, das Kartoffelgratin ist würzig und cremig, das Entrecôte (25,50 Euro) auf den Punkt gegart. Klar, die übervolle Karte irritiert, auch das etwas desinteressierte Personal, die etwas zusammengewürfelte Deko und die vielen Schriftarten auf der Visitenkarte. Aber viel wichtiger: Der Pfeffer kommt direkt aus der Mühle, das Steakmesser ist scharf, die Tarte Tatin (6,90 Euro) warm und knusprig, der Espresso wunderbar cremig. Genau richtig gesetzte Prioritäten. So ist es wohl, wenn man schon mal im Ruhestand war: Man weiß, worauf es wirklich ankommt.

In einem Satz: Echte französische Brasserieküche, klassisch, hausgemacht und angenehm unkompliziert.

Qualität: ●●●●○

Ambiente: ●●●○○

Service: ●●●○○

Preis/Leistung: ●●●●○

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Quelle:
SZ vom 21.09.2019
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