Lokaltermin:Em Brass

Das Restaurant Em Brass liegt an einer zweifelhaften Düsseldorfer Fressmeile, doch Weine, Essen und Service hier sind top, findet Fabienne Hurst. Dieses Lokal macht Partylaune.

Die Stimmung in einem Restaurant entscheidet über vieles. Oft sogar darüber - alte Faustregel der Küchenpsychologie -, wie gut uns am Ende das Essen schmeckt. Das Em Brass mag sich durch seine Lage an einer berüchtigten Düsseldorfer Fressmeile nicht gerade als Gourmet-Adresse empfehlen, doch Weine, Essen und Service hier sind hervorragend, findet Fabienne Hurst. Viel entscheidender für den Abend ist aber: Dieses Lokal macht Partylaune.

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Wann ist man schon mal auf einer Dinnerparty, die ihren Namen verdient hat? Normale Geburtstagsfeiern mit Mettigeln, Plastikgeschirr und Tupperdosen-Büffet zählen ebenso wenig dazu wie gesetzte Abendessen zu ein bisschen Klimpermusik. Bei einer echten Dinnerparty stehen die Leute, essen aber trotzdem von Porzellantellern. Sie trinken Wein aus richtigen Gläsern, reden laut, um Musik und Geschirrgeklapper zu übertönen, zwischen den Gängen wird geraucht oder ein bisschen rumgeschunkelt, am Ende jedenfalls sind alle satt und glücklich. Doch leider sind echte Dinnerpartys sehr selten, da wahnsinnig anstrengend auszurichten. Wer kocht schon Menü für sagen wir 40 Menschen und hat den Porzellanbestand einer mittleren Hotelküche?

Aufregenderweise gibt es in Düsseldorf ein Restaurant, das dem Konzept der Dinnerparty extrem nahe kommt. Das "Em Brass" von Sven Aschebrock liegt in der Moltkestraße und damit an der kulinarisch eher berüchtigten Fressmeile der Stadt. Embrasser sagen Franzosen für "umarmen, küssen" - und wer hier reserviert, begibt sich tatsächlich in die Arme vortrefflicher Gastgeber, die ihre Gäste empfangen wie gute Freunde. Im Rheinischen bedeutet "Em Brass" allerdings so viel wie "im Stress" - vielleicht eine Anspielung auf das lediglich drei Leute zählende Serviceteam? Denn das kümmert sich nicht nur um den ausgebuchten Laden, sondern auch um die voll besetzte Außenterrasse. Und es weiß selbst kleine Unfälle so vorzubringen, dass sie wie Glücksfälle klingen: "Hört zu, es gibt irgendwie ein Problem, an eurem Tisch sitzt eine Person zu viel", erklärt der Kellner, ein junger Mann mit Schnauzbart und Stift hinterm Ohr. "Aber ich regle das, keine Sorge." Grinsend drückt er uns zwei Gläser Crémant in die Hand. "Zum Überbrücken".

Eng an eng gesetzt passen 40 Personen in den kleinen, nur mit Weinregalen und Spiegeln ausgestatteten Raum. Gegessen wird hier an langen, hohen Marmortischen, an denen je sechs bis acht Personen auf Barhockern Platz haben. Nach kurzem Warten sitzen wir dann eingerahmt von einer jungen Familie und zwei älteren Freundinnen, die über bauchigen Rotweingläsern kichernd die Köpfe zusammenstecken. Am Nebentisch feiert eine Runde Freundinnen Geburtstag. Aus den Lautsprechern schallt Popmusik und der Geräuschpegel steigt mit jeder Getränkebestellung. Die Stimmung ist so locker, dass man kurz drüber nachdenkt, den Sitznachbarn zu fragen, ob man von seiner Vorspeise probieren darf. Zunächst bringt der Kellner eine Portion Brot, aber keine trockenen Sattmacherscheiben, sondern frisches, noch warmes Sauerteigbrot mit extra krosser Kruste und leichtem Kardamom-Aroma. Mit dem dazu gereichten, fruchtigen Olivenöl wird daraus fast schon eine exzellente Vorspeise.

Auf der Karte finden sich italienisch und französisch angehauchte Lieblingsgerichte wie Fischsuppe, Saltimbocca oder Lachstatar, ohne große Experimente, aber mit kleinen Ausflügen nach Asien (Miso, Koriander, Thai-Basilikum). Hier geht es nicht darum, mit ausgefallenen Geschmackskombinationen zu beeindrucken oder sich besonders streng an Traditionen zu halten. Vielmehr will man bewährte Gerichte einwandfrei zubereiten, sodass alle Gäste ihr persönliches Glück finden, schließlich wird die fröhliche Stimmung hier besonders ernst genommen.

Wir entscheiden uns zum Einstieg für die Miesmuscheln nach ligurischer Art (12,50 Euro), rustikal zubereitet in einem hausgemachten Gemüsesud aus Sellerie, Tomaten, Oliven und Weißwein. Hier muss man sich beherrschen, den Sud nicht komplett mit dem knusprigen Brot aufzutunken, so aromatisch und gelungen ist er. Etwas raffinierter kommen die Jakobsmuscheln (14,50 Euro) auf den Tisch: perfekt gebraten, umhüllt von einer Koriander-Kruste, angerichtet auf einem Birnencarpaccio und Wildkräutersalat. Textur und Geschmack sind elegant ausbalanziert - knusprig, butterweich, fruchtig, knackig, süß, sauer, cremig, alles da. Die nur grob zerstoßenen Korianderkörner in der Panko-Panade sorgen für den angenehmen Biss, Birne und Miso-Dressing für eine ausgleichende Süße. Ein ideales Gericht, das sich auch gut teilen lässt.

Wir dürfen mehrere Weine probieren, die uns der freundliche, sich aber nie anbiedernde Kellner eingießt. "Was meint ihr, zu viel Maracuja? Dann hab ich was anderes." Selten sieht man Personal, das so unaufdringlich herzlich ist wie hier. Zu den Muscheln empfiehlt der lässige Sommelier einen Bourgogne Chardonnay aus der Domaine François Carillon, im Barriquefass gereift und wunderbar trocken, holzig, dabei fast ohne Säure. Der Wein begleitet auch den nächsten Gang, einen dampfenden Teller Spaghetti, durchzogen von nussiger Butter und üppig bestreut mit frisch gehobelten Sommertrüffeln (15 Euro). Obwohl es gleich zwei Sorten Fisch im Ganzen auf die Tageskarte geschafft haben (Rotbarbe und Steinbutt), entscheiden wir uns, für das "Surf&Turf" (36,50 Euro), das hier aus gebratenem Rinderfilet und zwei großen, würzig marinierten Gambas besteht. Leider übertüncht das zu intensiv gewürzte Teriyaki-Gemüse die beiden edlen Zutaten, die neben einer schlichteren Begleitung womöglich mehr geglänzt hätten.

Die Dessertauswahl zwischen warmem Schokoladenkuchen mit Vanilleparfait (8,50 Euro) und Maracuja Panna Cotta (7 Euro) ist weder besonders groß, noch besonders kreativ. Wir verzichten deshalb auf ein süßes Ende und lassen den Abend bei Wein langsam ausklingen. Bis irgendwann der Kellner kommt und ganz vorsichtig fragt, ob es noch etwas sein darf, sonst würde man, nun ja, bald den Laden schließen, es sei ja auch schon spät. Wir fühlen uns wie die letzten Gäste auf einer Dinnerparty. Die, die am liebsten gar nicht gehen wollen.

In einem Satz

Essen wie bei Freunden? Das mag ein Klischee sein, aber im "Em Brass" kommt man diesem Anspruch erstaunlich nahe.

Qualität: ●●●●○

Ambiente: ●●●●○

Service: ●●●●●

Preis/Leistung: ●●●●○

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