Süddeutsche Zeitung

Lena Hoschek auf der Fashion Week Berlin:Ist uns ein Vergnügen!

Die neue Kollektion von Lena Hoschek ist nichts für biedere Moderedakteurinnen oder Menschen, die ohne Anleitung nicht wissen, was sie anziehen sollen. Sie ist: Ausdruck reinsten Spaßes.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

Schon alleine diese Söckchen: Hauchzart umschmeicheln sie die Fesseln der Models auf der Fashion Week Berlin wie eine zweite Haut aus Organza. Ganz ohne einschneidende Gummis ragen sie wie Blütenkelche an den Beinen empor. Und dann diese Schühchen: Glitzer-Pumps in allen Farben des Regenbogens, bevorzugt: rosa, silber, discofarben.

Die verspielten und kindlich-kitschig-romantischen Details setzen sich in den restlichen Accessoires bei Lena Hoschek nach oben fort - kurze Handschuhe aus Leder bilden Akzente zu nackten Schultern und kurzen Ärmelchen, ...

... auf den Lippen leuchtet zartes Rosé mit wiederum glitzernden Sternen, passend zu hellrosa Wangen - wie nach einem ausgiebigen Spaziergang im Schnee. All das passt und kontrastiert perfekt zu den schwarzen 20er-Jahre-Bobs mit halblangem Pony, wie sie derzeit in der Modewelt fast schon wieder so en vogue sind wie im Berlin der 20er Jahre - nur in der längeren Variante. Dazu: Mickey Mouse!

Doch all das, was die österreichische Designerin diesmal an detailverliebtem Drumherum geschaffen hat, bildet nur den Rahmen für die Hauptsache: die Kleider. Und die sind diesmal so umwerfend spaßig, dass es eine helle Freude ist.

Rosa wippende Röcke, goldene Cocktaildresses - und dieses Kleid ist eine einzige große rote Schleife. Es ist nichts weniger als ein Geschenk, das Hoschek diesmal an die aufgebrezelten Besucherinnen der Berliner Fashion Week macht. Und es ist ganz anders als die Mode, die sie sonst verkauft.

Gut, ein paar Glockenröcke sind wieder dabei und sogar ein schwarzes Kleid, wie man es selbst in Österreich noch zur Beerdigung tragen könnte. Ein Beweis, dass hier tatsächlich dieselbe Hoschek am Werk ist, die seit vielen Jahren sehr tragbare Mode für ein modeverrücktes Publikum macht, das ihr zu Füßen liegt. Gerade weil sie normalerweise fast brave Mode für züchtige Mädchen entwirft. Zwar ausgefallen, bunt gemustert und immer perfekt geschneidert, das muss man ihr lassen. Doch anfangs konnte sich manch Modemensch noch nicht sicher sein: Kann ich Lena Hoschek tragen, oder ist das doch allzu heimatverbunden?

Mit dieser Kollektion hat sich die Designerin endgültig von ihren erdigen Wurzeln gelöst, die sich vor zwei Jahren noch in blumigen Damenkostümen äußerten. Stattdessen präsentiert sie: Farbe, Glitzer, Lust am Experiment (Lippenstiftprint!) und eine wilde Mischung aus dem Pinup-Style der 50er, Comicfiguren der 60er, der wilden Sexiness der 70er-Disco-Ära und dem knalligen, selbstbewussten Pop der 80er Jahre. Angelehnt an ihre modischen Vorbilder, Jane Mansfield und Marilyn Monroe, Jane Fonda, Courtney Love und Peggy Bundy.

Dass der wilde Ritt durch alle Mode-Instanzen sogar trotz Leoprint in Pink-Türkis elegant und signifikant bleibt anstatt in Beliebigkeit und pure Effekthascherei zu verfallen, ist Hoscheks untrüglichem Gespür für Stil zu verdanken, der das Unnötige weglässt und das Nötige wirkungsvoll in Szene setzt. Die Schnitte bleiben damenhaft und distinguiert und damit edel.

Mit dieser Kollektion erinnert Hoschek daran, was Mode eigentlich sein soll: keine Anleitung für Menschen, die eine Anweisung zum Anziehen brauchen. Und auch keine Bibel für biedere Moderedakteurinnen. Sondern die Erinnerung daran, das Leben zu feiern, wie es auch sein kann: bunt, ausgelassen, unerwartet und bisweilen extrem spaßig.

Wem es dabei ein bisschen zu viel glitzert, für den hat die Modedesignerin auch gleich die passende Ausrede parat: "Es ist eh alles so trist heutzutage."

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