Ladies & Gentlemen:Stilikonen 2018

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(Foto: DPA, AP)

Ta-daaa: die Stil-Redaktion hat ihre modischen Gewinner des Jahres gekürt. Eine amerikanische Sängerin und ein deutscher Politiker dürfen sich diesmal freuen.

Von Max Scharnigg

Bei den Frauen: Lady Gaga

Instagram und Online-Shopping macht inzwischen jeder - klar, dass es bei der Wahl der Stilkönigin also nicht mehr um den Look allein gehen kann, oder? Einen Sinn für Ästhetik vortäuschen können mittlerweile selbst Bewohnerinnen der kulturellen Wüste, und so ist sogar avantgardistische Coolness à la Tilda Swinton seit Instagram nur noch eine leere Hülle (es sei denn natürlich, es steckt Tilda drin). Deswegen: Herzlichen Glückwunsch, Lady Gaga, unsere Ikone 2018! Der Hammerfilm "A Star is born", in dem sie größtenteils ungeschminkt neben Bradley Cooper sang, war dabei nur ihr zweitgrößter Stil-Triumph. Viel mehr beeindruckte sie uns vor einigen Monaten auf einer Award-Bühne, in einem voluminösen Herrenanzug. Der "Me Too"-Chor aus Hollywood ist in diesem Jahr ja um einiges leiser geworden. Es scheint, als prügelten die Damen sich hinter den Kulissen lieber wieder um die knappsten Kleider, die härtesten Fitnesstrainer und die unsichtbarsten Dermatologen. Oder, um hier mal aus der Dankesrede von Gaga zu zitieren: Kann ja wohl nicht sein, dass weibliche Stars wie Mitglieder eines gigantischen Beauty-Contests zur Belustigung des Publikums gegeneinander antreten. Was ja irgendwie auch für alle anderen weiblichen Erdenbürger zählt. Also habe sie sich für den Anzug entschieden, in dem traurigen Wissen, dass alles, was zähle, ihr Look sei. Und so machte sie uns vor, was guter Geschmack heute bedeutet: genau das auszunutzen. Mit jedem Zentimeter Stoff Haltung zu zeigen. Aber nicht alle Eitelkeit abzulegen, das wäre dann doch übertrieben. Schließlich war der Anzug ein gut durchdachtes Stück von Marc Jacobs.

Julia Werner

Bei den Männern: Robert Habeck

Das bundesweite Auftauchen von Robert Habeck als Grünen-Vorsitzender im Januar fühlt sich ein bisschen so an, als ob unterm Schuljahr ein neuer Lehrer die Klasse übernimmt. Man konnte sich gar nicht rechtzeitig mit Spuckekugeln munitionieren, da hatte er mit seinem Charme und den aufgekrempelten Ärmeln schon alle überrumpelt. Der Schriftsteller und Philosoph Habeck gibt sich eigentlich auch seither wie ein netter Lehrer. Einer, bei dem man zwar nicht besonders viel fürs Abi lernt, aber eben fürs Leben. Zur lockeren Ausstrahlung trägt vermutlich sein nicht vorhandenes Jurastudium bei. Er wirkt neben altgedienten Politikern irgendwie immer gesünder, herzlicher und weniger frustriert. Und, nebenbei bemerkt, Habeck scheint seinen Körperschwerpunkt genau zu kennen, denn wenn er steht und winkt, ist er immer extrem gut ausgewuchtet. Er strahlt jedenfalls eine stabile Kuhwärme aus, die ihn über die Parteigrenzen vermittelbar macht. Das dürfte für seine weitere Karriere die entscheidende Eigenschaft sein, denn ein mehrheitsfähiger Grüner ist nicht jeden Tag im Schaufenster. Und Habeck weiß, welche Outfits seine guten Gene unterstreichen. Nie ist er mit Krawatte zu sehen, dafür in allen Variationen des smart casual: T-Shirt-Sakko, offener Kragen, halbteure Pullover. Damit grenzt er sich von Turnschuh-Joschka oder Alm-Anton ab, und zielt in die Normalo-Mitte. Seine Sachen passen ihm, seine Farben sind männlich-dezent, seine Körpersprache ist angenehm zurückhaltend. In einem Jahr voller starker Frauen und dilettierender Politik-Männer reicht das schon zum ersten Platz.

Max Scharnigg

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