Ladies & Gentlemen:Sozialdemokratie mit Farbkonzept

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Ob Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gute SPD-Vorsitzende sind, ist natürlich eine rein politische Frage. Aber auch Outfits können Macht sichern. Eine kleine Modenschau.

Für sie: Chefin mit Farbkonzept

(Foto: N/A)

Natürlich geht es uns bei Politikerinnen nie ums Aussehen, nur um Inhalte. Trotzdem: Outfits können zwar die Macht nicht sichern - aber festigen. Eine gewisse strenge Ausstrahlung gehört nämlich schon zur Vorsitzenden im Allgemeinen und zu der der SPD im Besonderen dazu, besonders wenn die Position gerade erst mühsam errungen wurde. Was also trägt Saskia Esken so, die neue Chefin der SPD? Abgesehen von witzigen Turnschuhen aus San Francisco liebt sie, das wissen wir bis jetzt, grafische Schwarz-Weiß-Muster und knallfarbene Blazer, zum Beispiel in Rot, Blau oder Gelb. Diese modischen Versatzstücke fügt sie variabel zusammen, was leider den Eindruck erweckt, ihr Kleiderschrank sei eine Art Baukastensystem für Mainzelmännchen. Die SPD-Vorsitzende sitzt - klassischer deutscher Politikerinnenfehler - dem Irrtum auf, dass es lässiger wirkt, wenn eine Frau eine farbige Jacke über ein andersfarbiges Darunter wirft, als in einem Kostüm Haltung zu suchen. Das in der deutschen Politik so gut wie vergessene Jacke-Rock-Ensemble ist etwas, das Angst macht - vielleicht davor, bürgerlich wirken. Allerdings macht eine Farbe von Kopf bis Fuß eine Frau noch lange nicht zu einer Dagmar Wöhrl, vor allem nicht, würde sie dazu den superkrassen Hikuvola (hinten kurz, vorne lang) von Claire Underwood aus "House of Cards" tragen, für den Saskia Eskens mit ihrem gut geschnittenen langen Pony schon eine hervorragende Basis hat. Basis ist ein gutes Stichwort, denn die SPD erwartet von ihrer Chefin nur eins: eine klare Linie. Julia Werner

Für ihn: Chef ohne Strohhalm

(Foto: N/A)

Es gibt diesen Satz, mit dem in der "Unendlichen Geschichte" das bedrohliche Nichts beschrieben wird: "Es ist, als ob man blind wäre, wenn man auf die Stelle schaut." Nun, das gilt ein bisschen auch für Norbert Walter-Borjans. Er ist wahrscheinlich ein toller Sozialdemokrat und auf dem Papier sicher geeignet, seiner Partei Halt zu geben. Aber irgendwie fehlt an der real existierenden Erscheinung dieses Mannes ein Strohhalm, an den man sich optisch klammern könnte. Er ist so prägnant wie ein Reihenhaus. Von einem Spitzenpolitiker erwarten Menschen aber ein Mindestmaß an Wiedererkennungswert. Man kann so was künstlich herbeiführen, mit gelben Pullundern, Tabakpfeifen oder lustigen Fliegen. Darüber wird vielleicht gelacht, aber alles ist in diesem Business besser, als gänzlich durchlässig zu erscheinen. Jeder Kreuzfahrtkapitän, jeder Lufthansapilot schafft es, dass man kapiert: Ah, der Chef vom Laden. Diese Menschen tragen Uniformen, denn das hilft dabei, normalen Männern eine gewisse Stattlichkeit zu verleihen. Leider ist es an der SPD-Basis wohl nicht durchzukriegen, das Spitzenpersonal mit schneidigen Fantasie-Uniformen auszurüsten (vielleicht mit Bert-Brecht-artigen Arbeitsoveralls?). Aber, bitte: Alles, was Herrn Walter-Borjans von seiner trostlosen Genossenkluft aus Jeans oder altmodischer Anzughose, Sakko und mäßig ambitioniertem Hemd losreißt, wäre geeignet, der Sache Schwung zu geben. Die neue Brille war ein richtiger Schritt. Darauf kann man sich aber noch nicht ausruhen. Max Scharnigg

© SZ vom 04.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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