Ladies & Gentlemen:Schöner trauern

Die Beerdigungen von Aretha Franklin und John McCain zeigten, dass der Tod manchen Gästen richtig gut steht. Und manchen nicht.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

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Genau richtig: Jennifer Hudson

Jennifer Hudson performs at the funeral service for the late singer Aretha Franklin at the Greater Grace Temple in Detroit

Quelle: REUTERS

Zwei Beerdigungen bestimmten das letzte Wochenende: die des Trump-Antagonisten John McCain und die der Soullegende Aretha Franklin. Über letztere wurde weniger berichtet, wohl einfach, weil der über achtstündige Gedenkwahnsinn einfach nicht in eine dreiminütige Zusammenfassung zu fassen war. Was wurde da gegospelt, gekalauert, geschunkelt, sich aufgebrezelt - mit riesigen Ohrgehängen, Kopfbedeckungen und unfassbar hohen Schuhen.

Bestes Beispiel: Jennifer Hudson, die für Franklin "Amazing Grace" schmetterte, und zwar mit einer Inbrunst, die ihr extrem gut geschnittenes Samtkostüm, bestehend aus Schößchenjacke und Bleistiftrock, immer nur fast zum Platzen gebracht hätte. Ein Fascinator, also eine exzentrische Kopfbedeckung, sowie die glitzernde Seriösitätsbrosche am Revers, rundeten den Look ab - die Schauspielerin zeigte hier die perfekte Beerdigungsgarderobe.

Das sah einfacher aus, als es ist, denn einerseits möchte man sich, im Gedenken an die verstorbene Person, ein letztes Mal richtig Mühe geben - andererseits auf keinen Fall im Mittelpunkt stehen. Ein gutes Gedenkoutfit ist also das Mittelding aus schwarzem Pulli-Hose-Ensemble und schillernder Eleganz.

Bei den McCain-Gedenkfeiern der Politik-Elite Amerikas ging es natürlich geordneter zu. Aber nicht weniger stilvoll - und so kann man sagen, dass es auf beiden Veranstaltungen zu keinen größeren Modeschocks kam. Bis auf die Erkenntnis, dass es große Verluste braucht, damit die Leute sich endlich mal wieder ordentlich anziehen.

Julia Werner

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Etwas zu lässig: Bill Clinton

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Quelle: AP

Eine Beerdigung gehört zu den wenigen verblieben Anlässen, an denen Moderegeln noch annähernd respektiert werden. Alles andere - Hochzeiten, Preisverleihungen, Fernsehnachrichten - wurde ja in den letzten Jahrzehnten stilistisch aufgeweicht und banalisiert. Höchstens ein paar britische Traditionsveranstaltungen schaffen es noch, einen verbindlichen Dresscode für ein paar Stunden durchzuhalten.

Nun war die Beerdigung von Aretha Franklin zwar alles andere als eine formal strenge Sache, die Gäste wurden zum Beispiel in pinken Cadillacs herumgefahren. Aber trotzdem fiel der Anzug von Bill Clinton auf den Fotos auf, weil er, naja, in dem ganzen Schwarz doch sehr blau war. Es muss natürlich und gerade in den USA bei einer Abschiedszeremonie heute kein strenger schwarzer Anzug mehr sein. Es gibt aber durchaus viele andächtigere Blautöne als den hier zur Schau getragenen.

Von diesem Kornblumenblau hat Bill Clinton gelernt, dass es ihm gut steht und jugendliche Frische verleiht. Bei McCain trug er das gleiche Outfit, wirkte aber antlitzmäßig etwas düsterer. Clinton war ja nie ein modisch auffälliger Präsident und hat in den 90er-Jahren wirklich schlimme Krawatten getragen (war damit aber nicht alleine.) Nach dem Amt hat er seinen Look ein bisschen aufgelockert und damit deutlich an Lässigkeit gewonnen.

Trotzdem: Eine schwarze Krawatte wäre zu dem Anzug angemessen gewesen. Oder sonst ein Detail, das die Besonderheit des Termins kennzeichnete. So aber sah Clinton aus, als käme er aus dem Büro.

 Max Scharnigg

© SZ/vs
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