Ladies & Gentlemen:Schöner Scheitern

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Spielt guter Stil eine Rolle, wenn man gerade eine Niederlage bei der Bayernwahl kassiert hat? Über Frauen, die Weichzeichner sind, und einen Teflon-Ministerpräsidenten.

Die Frau als Emotions-Dolmetscherin

Guter Stil entsteht durch die richtigen Entscheidungen. Die für oder gegen Kleider sind dabei die unwichtigsten. Über die soliden Looks der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, links, und die bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Kerstin Schreyer, geht es hier deshalb nicht. Viel wichtiger ist, dass sie sich am vergangenen Sonntag entschieden haben, das klassische Bild eines Mannes im Debakel mit ihrer weiblichen Anmut auszustaffieren. Schon klar, Teamgeist und so, allein: Wo war denn dann der Innenminister Herrmann (Mann), mit dessen Thema man ja den Wähler verstört hat? Natürlich nicht in der Nähe des Verlierers. Dass Söder den beiden Damen befohlen hat, in Weinköniginnen-Manier einen adretten Brünett-Blond-Rahmen zu bilden, glauben wir nicht - diese Damen sind ja Bad-Ass-Ministerinnen und wissen, was sie tun. Aber genau deswegen muss gefragt werden, warum eigentlich Frauen immer noch freiwillig die Weichzeichnung übernehmen, wenn die Männer es mal wieder verbockt haben. Bei der Senatsanhörung des amerikanischen Verfassungsrichters Brett Kavanaugh war es genauso: er eine Fratze, hinter ihm eine Reihe Frauen, die zu seinem Gezeter jeweils betroffen schauten oder verstärkend nickten - die emotionale Beilage zu jedem gefühlsverirrten Typen. Das ist ungefähr so cool, wie sich im Bikini auf eine Automesse-Neuheit zu legen. Ja, sieht schöner aus. Aber einfach mal nichts mehr zu beschönigen, das wäre für Frauen die erste wirklich gute Stilentscheidung.

Julia Werner

Der Mann als unbewegtes Wesen

Es gibt in Kung-Fu-Filmen oft eine Szene, in der ein Kämpfer anfliegenden Pfeilen oder sonstigen Geschossen gegen jede physikalische Logik ausweicht. Diese fernöstliche Kampftechnik beherrschte auch Markus Söder am Wahlsonntag. Allen anfliegenden Spitzen entwand er sich, absolvierte ein halbes Dutzend Fernsehinterviews mit heiter-kratzfester Teflonvisage und wirkte insgesamt von der erlittenen Schlappe so weit entfernt wie sein Kabinett vom Weltrekord im Achter mit Steuermann. Das ist eine Auslegung von Männlichkeit in Machtpositionen, die wieder recht häufig zu beobachten ist. Männer weinen nicht, Männer schauen nicht zurück, Männer sehen keinen Grund, um Entschuldigung zu bitten. Es ist die Terminator-Taktik - unbeeindruckt aus dem eingestürzten Gebäude und aus jeder Explosion spazieren, cooler Spruch, weiter. Vordergründig wird damit machtvolle Unbekümmertheit demonstriert. Aber man muss kein Politiker sein, um zu wissen, dass es sich eher um männliches Autopilot-Verhalten handelt, das Überforderung und Scham kaschieren soll. Und um ein Missverständnis - es ist eben nicht gentlemanlike, sich nie etwas anmerken zu lassen. Größe zeigte sich in der Geschichte gerade im Eingestehen von Fehlern, in Bußgängen und im ritterlichen Übernehmen von Verantwortung. Früher, als Männer in Führungsposition noch edel und im Besitz einer Würde waren, wusste man auch, wie man als Anführer aus einer verlorenen Schlacht ehrenhaft herauskam. Gar nicht, nämlich. Grüße!

Max Scharnigg

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