Ladies &Gentlemen:Menschen des Jahres

ladies and gentlemen

Frau und Mann des Jahres: Victoria Beckham und Jan Böhmermann

(Foto: SZ.de)

Die Stilkolumne kürt ihre Stars der vergangenen zwölf Monate: Die beste Fußballergattin aller Zeiten - und ein genialer Schmalhans.

Von Julia Werner und Max Scharnigg

Victoria Beckham

Da es an dieser Stelle um Stil geht, kann die Frau des Jahres nicht einfach eine gut angezogene Frau sein. Das kann jede. Den Titel verdient, wer noch in etwas anderem erfolgreich ist als im Shoppen, in etwas, das die Welt schöner macht.

Erfolg stellt sich angeblich ein, wenn man besonders fest an das glaubt, was man tut. Wenn das so ist, kann einem in diesen Tagen natürlich schlecht werden: Adventszeit, das ist, wenn Helene Fischer das Kirchenlied "Maria durch ein Dornwald ging" mit sinnfreier Intonierung, anmaßenden Show-Armbewegungen und schauderhafter Fake-Bräune im Fernsehen vergewaltigt, und es keinen Aufschrei gibt. Erfolg und Stil sind also verschiedene Baustellen!

Aber es gibt sie, die Frau, die fest an sich glaubt und dabei noch hervorragend aussieht: Victoria Beckham. Ihre Geschichte, also der Aufstieg vom seichten Popstar zur Fußballergattin zur Designerin, ist bekannt. Aber Beckham macht nach zehn Jahren im Mode-Business nicht nur irgendwelche Kleider, sondern solche, die man wirklich alle sofort anziehen möchte, im Gegensatz zu den milliardenschweren Labels, die die Modebranche gerade etwas kopflos regieren.

Nebenbei ist sie vierfache Mutter, engagiert sich für Unaids und ist mit dem Unicef-Botschafter David Beckham verheiratet. Sein "Sexiest Man Alive"-Titel ist natürlich ihr Verdienst. Gut, Helene Fischer hat aus Florian Silbereisen auch das Beste rausgeholt. Trotzdem ist die Welt durch sie nicht schöner geworden. Das hat Victoria Beckham, unsere Frau des Jahres, besser hingekriegt.

Jan Böhmermann

Das Interessanteste an Jan Böhmermann ist die Erregungshoheit, die ihm von der deutschen Öffentlichkeit so treulich zugesprochen wird. Spätestens seit der bizarren Medienperformance mit dem Varoufakis-Mittelfinger wird jeder Tweet, jede Äußerung, alles, was Böhmermann so von sich lässt, in Echtzeit abgeklopft, nachgesungen, interpretiert und für die Nachwelt in Stein gehauen.

Das Land von Till Eulenspiegel und Münchhausen hat große Angst, so erscheint es, irgendeinen vertrackten Spaß nicht exakt auszuleuchten. Es würde den ganzen Kerl am liebsten jetzt schon in Spiritus einlegen, Tatbestand Genieverdacht.

Dazu passt der Phänotyp des biederen Böhmermann gut. Die von Anzugschneidern gefürchtete Hängeschulter präsentiert er in bundesrepublikanischer Reinform, auch seine zwei- und dreiteiligen Anzüge schaffen es nicht ganz, aus ihm ein Bild von einem Mann zu machen. Er wirkt immer wie ein zeitloser Prokurist, ein braver Hinterbänkler der Unterhaltungsbranche.

Genau aus dieser harmlosen Maske zieht Böhmermann aber seine enorme Durchschlagskraft. Man erwartet von einem, der in Bayern treffend "Krischperl" genannt würde, einfach keine derart bösartigen Kinnhaken. Es ist ja, als ob einem der Sparkassen-Azubi die Frau ausspannen würde.

Sowohl Günther Jauch damals bei Varoufakis als aktuell auch die beleidigten Gangster-Rapper tun sich schwer, ihn am Revers zu packen. Er ist kein breitflächiger Gentleman, wie Harald Schmidt es war, sondern ein wendiger Schmalhans - und passt damit perfekt in unsere Zeit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: