Süddeutsche Zeitung

Ladies & Gentlemen:Die Tarantino-Clique

In Cannes trafen sich die Stars des neuen Tarantino-Films auf dem roten Teppich. Brad Pitt machte dabei eine gute Figur, Margot Robbie hingegen ließ es etwas schleifen.

Sie in Cannes: die bemühte Margot

Zugegeben, es ist ein Nischenproblem, aber: Gemeinsam mit den Überstars Brad Pitt und Leonardo di Caprio über den roten Teppich zu flanieren, ohne dabei auszusehen wie ein dazu gebuchter Begleitservice, das ist für Frauen wahrlich eine Herausforderung. Margot Robbie, Australiens sympathischster Hollywood-Export, hat bei der Premiere des neuen Tarantino-Streifens, in dem auch sie eine Hauptrolle spielt, deshalb mal was anderes versucht als die obligatorische Robe, nämlich ein flatteriges Paillettenhemdchen über einer Glitzerhose. Oder auch: Chanel Haute Couture von 2011. Das alte Zeug aufzutragen ist aus Nachhaltigkeitsperspektive natürlich löblich. Aber leider nur aus dieser. Denn hier passt nichts - weder Ober- noch Unterteil wollen sich für etwas entscheiden. Soll die unentschlossen schlabbernde Hose eine Hose doch eher eine Leggings sein? Und ist das Baby-Doll darüber ein Top oder ein Kleid? Warum musste auf das am Busen angebrachte Pailletten-Präsentband auch noch eine rosafarbene Blume? Wären offene Sandalen zum Look schon zu anbiedernd weibisch gewesen? Und wer ist der Stylist, der diesen Look für Robbies Auftritt in Cannes aus der Mottenkiste gekramt hat? Auf keine dieser Fragen gibt es befriedigende Antworten. Schon klar, Filmstars wollen schon lange nicht mehr nur reine Deko auf dem roten Teppich sein, sondern auch mal die Hosen anhaben. Aber erstens gibt es die auch in modern, und zweitens fängt das Hosenanhaben damit an, zu übereifrigen Stylisten manchmal Nein zu sagen. Julia Werner

Er in Cannes: der alte Brad

Brad Pitt ist die Coca-Cola unter den Männern: früher süß und heiß begehrt, zwischendurch als etwas zu beliebig, klebrig und irgendwie ungesund erkannt, aber trotz allem eine beruhigende Konstante der Popkultur. Und jetzt, mit etwas Abstand, schmeckt's auch mal wieder. Jedenfalls wirkte er im Gegensatz zu Leonardo DiCaprio auf dem Tarantino-Teppich in Cannes irgendwie kernsaniert und na ja, ziemlich nah an einem der alten Pitts, von denen jeder einen aus irgendeinem 90er-Film nah am Herzen trägt. Eine Zeit lang schien er ja ins Lager jener schönen Männer zu driften, die nicht besonders gut altern, weil sie sich am Beckenrand der Jugend festklammern. Aber in Cannes wirkten seine 55 Jahre jetzt endlich doch harmonisch ins Gesamtbild integriert. Haare, Bubenlächeln, ironische Augenbraue - funktioniert alles noch. Die Erkenntnis, dass Pitt immer so aussehe wie seine jeweilige Partnerin, wird ja längst im Netz mit eindrucksvollen Fotovergleichen untermauert und lässt sich nicht ganz als üble Nachrede abtun. Wobei Gwyneth Paltrow, darauf angesprochen, recht charmant argumentierte, die Frauen würden sich vielleicht nur Pitts aktuellem Look anpassen. Wie dem auch sei, als Single im Smoking wirkt er nun tatsächlich ziemlich bei sich. Nur die Fliege ist ein bisschen zu groß geraten, man erwartet ja beinahe, dass sie gleich zu propellern anfängt oder irgendein Agententrick damit zum Einsatz kommt. Aber auch das ist stimmig, denn das Prinzip Brad Pitt wies immer schon Spuren von Clownerie auf. Max Scharnigg

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SZ vom 25.05.2019
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