Ladies and Gentlemen:Grinsekatze mit Plastikkrallen

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Cathy Hummels versucht, bei den Stilsicheren anzudocken. Bei Lewis Hamilton lässt es jetzt krachen - leider auch in der Mode. (Foto: N/A)

Promis wie Cathy Hummels und Lewis Hamilton sind bei jeder Fashionshow dabei - Hauptsache, der eigene Instagram-Account bekommt etwas Glanz ab. Aber Stil kann man eben nicht erzwingen.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Den schlimmsten Shitstorm hat Cathy Hummels hinter sich: Wir erinnern uns noch gut an den Sommer, in dem wir Weltmeister wurden - und sie als Beiwerk in die Abseitsfalle stolperte. Damals ging es um ein paar nicht stilsichere Video-Botschaften und zwar da, wo Geschmacksverirrungen hingehören, auf Bild Online. Richtig unangenehm wird Frau Hummels erst jetzt. Denn sie ist überall: Auf Shop-Eröffnungen lässt sie sich an der Seite von Vogue-Chefredakteurinnen ablichten, die vorher die Fluchtwege nicht studiert hatten. Auf den Mailänder Modenschauen ist sie plötzlich Backstage-Gast beim Modehaus Etro. Kurz: Die Grinsekatze versucht, bei den Stilsicheren anzudocken. Und all das dokumentiert sie mit mädchenhafter Begeisterung auf Instagram.

Dass man Geschmack mit Geld nicht kaufen kann, ist bekannt. Diese Schwäche verraten Damen, die sich Cathy nennen, mit allem, was sie tun: wie sie sich die Haare föhnen lassen (Fernsehmoderatorinnen-Style), wie sie die Fingernägel tragen (lang, aus Plastik), und für was sie wie viel Geld ausgeben. Hier trägt die Möchtegern-Stilikone mit Todesernst Clutch und Schuhe aus der Rockstud-Linie von Valentino, einer vor Jahren kurz angesagten Linie, die das Modehaus nur deswegen weiterführt, weil der Verkauf an all die Cathys dieser Welt bestens läuft. Gut, Victoria Beckham hat auch mal so angefangen - und ist heute nicht nur Stilikone, sondern respektierte Designerin. Aber aufgeregt gegrinst hat sie nie. Stattdessen hat sie die anderen einfach besser beobachtet.

Klassisches Männer-Dilemma bei Lewis Hamilton. Seine Zwanziger hat er in einer Beziehung mit einer Frau verbracht, die in vielerlei Hinsicht älter war als er. Er hatte das Geld, sie den Geschmack. Sie kaufte ihm gute Anzüge, zu denen er zwar Knalloballo-Krawatten und Hüte aussuchen durfte, aber allzu albernen Gockeleien entwand sie seinen Händen. Nun ist Nicole Scherzinger wohl endgültig weg und Herr Hamilton bekommt als 30-jähriger Multimillionär das gesagt, was alle Männer in dieser Situation gesagt bekommen: Lass es jetzt mal krachen, Lewis! Das tut er und erliegt dabei der irrigen Annahme, dass Vollgas und Karacho auch in der Mode gängige Qualitätsmerkmale sein könnten. Offenbar hat ihm nie jemand gesagt, dass Flamboyanz in erster Linie Geisteshaltung ist und nicht einfach nur etwas, das man nutzt, um in der Menge gesehen zu werden.

Sein weltmeisterliches Selbstbewusstsein auch jenseits der Rennstrecke führt jedenfalls zu seltsamen Auftritten. Zum Beispiel flog er aus der Royal Box in Wimbledon, weil er nicht mal ansatzweise den dortigen Kleiderregeln Folge leisten wollte und wie ein beleidigter Pfau abzog. Dabei geben die Regeln dort nur vor, dass ein Herr Jackett, Krawatte und Schuhe tragen soll. Wer sich für Mode interessiert, nimmt solche Dresscodes als vergnügliche Aufgabenstellung. Hamilton aber crasht lieber in die Bande und versucht dafür mit Dauerpräsenz auf Fashionshows und Kumpeleien mit Designern den vagen Verdacht von der eigenen Stilsicherheit zu erhärten. Nicht mit uns, Rennfahrer!

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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