Kolumne "Eigener Herd":Nur roh macht froh

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Graved Lachs schmeckt fantastisch. Und ganz anders, als die meisten Frühstücksbuffets vermuten lassen.

(Foto: imago classic/imago images/Shotshop)

Billige Sushi-Bars und schlechte Hotelbuffets haben Lachs zum Alltagsessen degradiert. Dabei sollte man ihn behandeln wie eine Delikatesse - und zuhause selbst marinieren. Versprochen: Geht ganz einfach!

Von Marten Rolff

Wenn Lachs heute zu den beliebtesten Speisefischen der Welt zählt, dann ist das leider kein Gütesiegel, sondern ein Anlass für Skepsis. Zum Beispiel weil die norwegische Zuchtlobby und das Fischereiministerium in Oslo die Ozeane nur mehr unter dem Blickwinkel betrachten, wo noch Platz für weitere Lachsfarmen ist. Und weil jede Farm neue Umweltrisiken durch Exkremente, Medikamente und die Ansteckung wild lebender Fische mit Krankheiten birgt.

Natürlich ist nicht jede Aquakultur des Teufels. In den USA zum Beispiel plant man gerade mit landbasierten, nachhaltigen Kreislauffarmen. Es schadet also nicht, sich ein wenig zu informieren, woher der Fisch stammt, der zuhause auf den Tellern landen soll. Noch mehr würde es allerdings helfen, wenn wir wieder anfingen, den Lachs als das zu behandeln, was er einmal war, bevor billige Sushi-Ketten, miese Hotelbuffets und die Omega3-Fettsäure-Fantasien der Gesundheitsbranche ihn zum Massenprodukt machten. Es mag lange her sein, aber tatsächlich galt dieser Fisch ja einmal als Delikatesse - und zwar völlig zu recht.

Fisch im Boden vergraben? Das klingt natürlich erstmal archaisch

Eine Delikatesse entsteht allerdings - wenig überraschend - nicht, wenn man halbe Lachsseiten zum Schnäppchenpreis aus dem Kühlregal zerrt und zuhause bei 200 Grad im Ofen vertrocknen lässt. Besser ist es, schon beim Einkauf auf Frische und Qualität zu setzen (bei Zuchtware auf ASC- oder Bio-Zertifikate achten, bei Wildlachs auf Regionen, in denen Bestände nachhaltig gemanagt werden), den rohen Fisch zuhause mit Salz, Zucker, besten Gewürzen und Kräutern zu beizen und dann zwei Tage im Kühlschrank leicht fermentieren zu lassen. So entsteht eine sehr natürliche - an persönlichen Vorlieben ausgerichtete - Version von "Graved" Lachs. Das tolle Eigenaroma des Fisches bleibt erhalten, zugleich ist sein hoher Fettgehalt ein guter Geschmacksträger für Kräuter und Gewürze.

Ihren Namen verdankt diese Zubereitungsart der Tatsache, dass man Lachs in Schweden früher im Boden vergraben (graved) hat, um ihn haltbar zu machen. Das klingt aufregend archaisch, aber auch irreführend, weil es an nach Ammoniak stinkenden Grönlandhai erinnert (eine zweifelhaft lakritzig schmeckende frühere "Boden"-Spezialität). Und weil viele nicht auf die Idee kämen, es ließe sich zuhause nachmachen. Dabei ist das Schnellkonservieren von Fisch extrem einfach. Außer Filets sind dafür strenggenommen nur (Meer-)Salz und Zucker unverzichtbar. Zudem braucht man einen (Ziegel-)stein (ein Tetrapack Milch tut es auch) als Gewicht, weil der Lachs dadurch "gart", dass ihm per mechanischem und osmotischem Druck das Wasser entzogen wird.

Den Fisch lässt man am besten im Laden filetieren. Ideal ist ein schönes, in zwei gleiche Hälften geschnittenes Mittelstück von etwa 600 bis 800 Gramm; groß genug, dass es saftig bleibt, und klein genug, dass alles in eine Auflaufform passt und den Kühlschrank nicht blockiert. Den Lachs kurz kalt abwaschen und trockentupfen, mit dem Finger über die Filets streichen und eventuell steckengebliebene Gräten mit einer Pinzette entfernen. Zu fettige und dünne Teile des Bauchlappens sparsam abschneiden.

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Nun 3 EL Meersalz und 3 EL (Roh-) Zucker mit 1,5 EL gemahlenem schwarzem Pfeffer mischen. Den Abrieb von 2 Bio-Limetten oder einer unbehandelten Zitrone auf den Filets verteilen, dann den Fisch mit der Salz-Zucker-Mischung bedecken und darüber einen großen Bund frisch gehackten Dill schichten. Die Filets zusammenklappen, fest in Frischhaltefolie einwickeln, in eine (nicht zu) flache Form setzen, mit einem Stein, dicken Holzbrett oder Ähnlichem beschweren und im Kühlschrank für etwa 48 Stunden reifen lassen. Filets zwischendurch wenden und Flüssigkeit abgießen. Die Reifezeit (und Menge der Beize) variiert je nach Dicke des Filets, und ist auch davon abhängig, wie roh oder würzig man den Fisch mag. Die meisten kratzen die Reste der Beize vorsichtig ab, bevor sie den Lachs in Scheiben von der Haut säbeln. Gut ist der Fisch geworden, wenn man keine Senfsauce braucht. Schon wenige Scheiben auf mildem Sauerteigbrot mit etwas Sahnemeerrettich, einem Spritzer Zitrone, etwas Avocado und einem Gurkensalat sind eine tolle Mahlzeit.

Die sehr einfache Beize lässt sich abwandeln. Zum Beispiel mit Orangenschale, zerstoßenem Wacholder (sparsam dosieren!), mit Ingwer oder mit Fenchelsaat oder -grün. Der britische Koch Yotam Ottolenghi mariniert gern mit Kreuzkümmel. Und wer ambitioniert ist, beizt den Lachs wie der frühere Tantris-Chef Hans Haas, dessen Rezept der Kochblogger Thomas Gerlach dankenswerterweise akribisch notiert hat (thomasgerlachkocht.de). Im Kühlschrank hält Graved Lachs mehrere Tage. Meist ist er aber schnell aufgegessen. Wer für Karfreitag damit plant, muss froh sein, wenn fürs Osterfrühstück noch was übrig ist.

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