Süddeutsche Zeitung

Kurz gesichtet:Südliches Flair

Rasch den Flur aufmöbeln? Geht zum Beispiel mit portugiesischen Klebefliesen. Und für Stadtspaziergänge gibt es jetzt schöne Korbtaschen, manche auch aus Leder gefertigt. Die sommerlichen Stil-Neuigkeiten der Woche.

Von Anne Goebel und Tanja Rest

Das erste Aufatmen in der Corona-Krise bringt jetzt überall regelrechte Stilwunder an den Tag: Im Netz verbreiten sich Geschichten sagenhafter Renovierungen, mit denen Menschen während des Lockdowns angeblich ihre Wohnungen in Nullkommanichts verschönerten. "Mum completely revamps kitchen" hieß neulich eine der Heldengeschichten aus dem Mirror über eine aufgemöbelte Küche, in den Niederlanden zeigt die erfolgreiche Interior-Bloggerin Marieke Rijksen auf Whispering Bold täglich neue Tricks. Wer da in Flur oder Bad noch schnell mithalten will, macht sich besser an eine schöne neue Verpackung anstelle aufwändiger Umbauarbeiten: Statt Fliesen zu verlegen einfach die alten überkleben, zum Beispiel mit dem aktuellen Sortiment von Moonwall Stickers aus Portugal (moonwallstickers.com).

Mode von Prada, Gucci, Saint Laurent oder Valentino auf 100 Quadratmetern - nur für männliche Kundschaft: Das Münchner Modeunternehmen Mytheresa hat nach dem Start seines Männer-Onlineshops im Januar jetzt mit der Eröffnung des Stores im Schäfflerhof nachgelegt. Anstelle eines Schaufensters gibt die Front direkt den Blick in das Innere des Ladens frei, gestaltet mit viel Zement, Stahl und Plexiglas. Eine Materialmischung, die gemeinhin als typisch männlich-nüchtern gilt, vielleicht soll sie potenziellen Kunden die Scheu vor dem Betreten einer Luxusboutique nehmen. Der Innenarchitekt Roberto Baciocchi, der auch Geschäfte für Prada entwarf, lebt zwar in einem toskanischen Anwesen aus dem 18. Jahrhundert, hat aber beruflich eine Vorliebe für unterkühlte Optik (mytheresa.com).

Das war natürlich anders vorgesehen: Als die Designer für diesen Sommer jede Menge luftiger Taschen aus Naturmaterialien in die Kollektionen aufgenommen haben, wusste bei Missoni, Celine oder Givenchy niemand, dass ein einfacher Spaziergang über eine Strandpromenade im Jahr 2020 eben keine einfache Sache ist. Die Modelle aus Stroh, Bast oder Bambus sehen in der Stadt aber fast genauso gut aus. Und die Wiener Designerin Julia Skergeth hat einen Beutel entworfen, der zwar die Korb-Form aufgreift, aber ganz klassisch aus Leder gefertigt ist - damit passt "The Petit Round Weaver" in Kirschrot auch noch gut in den Herbst (185 Euro, juliaskergeth.com).

Zwei Monate nach dem Abgang von Clare Waight Keller bei Givenchy ist nun ein Nachfolger gefunden: Matthew M. Williams, Gründer des Labels 1017 ALYX 9SM. Keiner der ganz großen Namen, aber einer, der funktionieren könnte - er bringt alles mit, was die Branche gerade elektrisiert: Jugend (er ist erst 34 Jahre alt), einen glaubhaft coolen Streetwear-Hintergrund (sein Label genießt Kultstatus bei den Millennials), Kontakte zu Star-Musikern (Lady Gaga, Kanye West) und den Willen zur Nachhaltigkeit. Man darf davon ausgehen, dass Givenchy, das unter Waight Keller vergeblich versuchte, an alte Eleganz anzuknüpfen, nun wieder rockiger daherkommt. Und das nicht von ungefähr: Einer Studie von Bain & Company zufolge werden junge Konsumenten bis zum Jahr 2025 mehr als die Hälfte der Kundschaft im Luxussektor ausmachen. Der gebürtige Kalifornier will sein Label Alyx weiterführen, aber vom italienischen Ferrara nach Paris übersiedeln. Seine erste Kollektion für Givenchy wird im Oktober erwartet - in welchem Rahmen, ist angesichts der Corona-Epidemie aber noch unklar.

Wer gute Stühle oder Lampen konzipiert, muss nicht unbedingt ein Gefühl für Mode haben - bei Konstantin Grcic ist das aber der Fall. Der deutsche Designer hat schon mit einigen Großen der Branche zusammengearbeitet, für Prada entwarf er eine Weste und für Boss zuletzt einige Teile der Herbst-Winter-Kollektion 2019. Die neuen Entwürfe des Möbelgestalters für das kleine Münchner Label Aeance sind jetzt auf dem Markt. Die Kollektion ist minimalistisch gehalten, was Grcics ästhetischer Grundlinie entspricht, zu den klassischen Schnitten passt die Farbpalette von dunklem Blau über Rot und Mauve. Die Verbindung von funktionellen Details wie wasserabweisende Stoffe oder nach innen verlegte Taschen mit zurückhaltender Eleganz sind typisch für die 2015 gegründete Marke. Die "Collection 03" besteht zu 96 Prozent aus recycelten Textilien (aeance.com).

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Quelle:
SZ vom 20.06.2020
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