Die Pauluskirche in Basel hat sich zum Instagram-Hotspot entwickelt. Nicht wegen des Gebäudes und auch nicht aus religiösen Gründen; 2019 fand in der Kirche die letzte Messe statt, seitdem ist sie ein Kulturzentrum. Nein, verantwortlich für den Hype sind Magnolienbäume auf dem Vorplatz. Influencer klettern offenbar scharenweise in die rosa blühenden Bäume und posieren dort für das perfekte Frühlingsfoto – leider halten die alten Bäume dem Ansturm kaum noch stand, sodass die Stadt nun Verbotsschilder aufstellen musste.
Wenn Magnolien Ende April ihre vergängliche Pracht entfalten, schnappen viele Menschen regelrecht über und steigern sich in poetische Schwärmereien hinein: „Wenn die weiße Mondlichtseide über die Magnolien fließt, beugt sich tief mein Herz im Leide, weil so kurz das Leben ist“, dichtete die Schriftstellerin Auguste Haarländer. Podcasterin Jule Lobo erzählte aufgeregt auf Instagram, wie sie einer älteren Frau in Brandenburg Magnolienblüten aus ihrem Garten abschwatzen wollte – und abgewiesen wurde. Andere schleichen sich in Vorgärten, rupfen Blütenblätter vom Magnolienbaum – und beißen gierig hinein. Ja, sind denn alle verrückt geworden?
Tatsächlich nein, denn viele Magnolienarten sind essbar. In Japan werden junge Blätter und Knospen der Honoki-Magnolie (Magnolia hypoleuca) gekocht und als Gemüse gegessen, ältere Blätter werden pulverisiert und als Geschmacksverstärker auf Reis gestreut. In China legt man Blüten und Knospen der Yulan-Magnolie (Magnolia denudate) in Essig ein und nutzt sie zum Würzen von Reis. Man kann Tulpenmagnolien als Salat essen, Sirup daraus machen, sie für Süßspeisen kandieren. Die Rinde gilt in der chinesischen Medizin als Heilmittel bei Magen-Darm-Beschwerden, Entzündungen und Krämpfen. Tee aus getrockneten Blüten hilft gegen Erkältung.
Auch Jamie Oliver macht „Magnolia Blossom Pickles“
Es kostet zwar etwas Überwindung, etwas so Schönes abzureißen und einfach zu verspeisen, aber der Versuch lohnt sich. Magnolienblüten direkt vom Baum schmecken überraschend gut, ein wenig nach Anis und Ingwer, leicht bitter und zugleich erfrischend. Für Cocktails mit Gin, Amaro und Zitronensaft sind Magnolienblüten eine perfekte und dekorative Ergänzung. In einen Chicorée-Salat bringen sie Farbe und eine Zitrusnote. Und in Desserts überraschen sie mit blumigen Aromen und hübschen Farben – rosa Magnolien passen hervorragend zu Himbeere, Erdbeere und Rhabarber.
Um die Charakteristik und das Aroma der äußerst kurzlebigen Blüten zu konservieren, kann man Magnolien für Sirup und Essig verwenden oder Blüten und Knospen süßsauer einlegen wie Gurken. Jamie Oliver übergießt für seine „Magnolia Blossom Pickles“ Magnolienblüten mit Reisessig und Zucker und beizt die Blüten 24 Stunden lang darin. Die Pickles gibt er in Salate, asiatische Nudelsuppen oder reicht sie zu Sushi. Magnoliensirup macht man genauso wie Holundersirup, man kocht die Blüten mit Wasser, Rohrzucker und Zitronensäure mehrmals kurz auf und füllt die Flüssigkeit dann steril in Gläser ab.
Für asiatisch inspirierten Magnoliensalat kann man selbst Magnolienessig ansetzen. Dafür die Blüten gut ausschütteln und grüne Stielansätze entfernen. In ein sauberes Glas schichten und mit Reisessig übergießen. Mit einem Gewicht oder einem Glas beschweren, damit die Blüten vollständig mit Essig bedeckt sind. Gut verschließen und mindestens eine Woche bei Zimmertemperatur ziehen lassen. Den fertigen Essig durch ein Tuch abseihen, in eine saubere Flasche füllen und im Kühlschrank lagern. Die Magnolien-Vinaigrette verleiht Salaten eine ganz besondere Note. Oder durch die Blume gesagt: Der florale Essig fließt wie rosa Seide über den Blütenzauber.
Das braucht man dazu
- 8 - 10 große Magnolienblüten
- 500 ml Reisessig
- 1 sauberes Einweckglas und ein Gewicht zum Beschweren