Essen & Trinken:Zum Kohl!

Essen & Trinken: Als Salat mit Zwiebelkaramell auf Bauernbrot könnte Rosenkohl neue Fans gewinnen.

Als Salat mit Zwiebelkaramell auf Bauernbrot könnte Rosenkohl neue Fans gewinnen.

(Foto: Hans Gerlach für food und text studios)

Krautgemüse ist gesund, hat aber ein muffiges Image. Neu interpretiert kommt es jedoch überaus modern daher. Hier sind fünf Rezepte für Kohl, wie man ihn so nicht kennt.

Von Hans Gerlach

Die Zeiten, in denen Sauerkraut das prägende Gemüse der deutschen Küche war, sind lange vorbei. Heute würden zum Beispiel die Engländer für die Deutschen sicher nicht mehr den Spitznamen "Krauts" erfinden, der müsste eher mit Tomaten zu tun haben, denn davon essen wir fünfmal soviel wie von Weißkraut und Rotkraut zusammen. Und selbst diese beiden Kohlsorten werden wohl weit öfter fertig zubereitet gekauft, als zu Hause frisch verkocht. Die Abneigung gegen Kohl mag bei manchen Älteren zusammenhängen mit Erinnerungen an lange, karge Winter mit den immergleichen Eintöpfen. Sie ist aber schade, denn es steckt jede Menge Aroma in Winterkohlsorten. Wer bei der Zubereitung nur ein klein wenig umdenkt, wird überrascht sein, wie vielseitig (und modern) Kohl sein kann. Hier sind fünf Rezepte für die gängigsten Sorten.

Rosenkohl

Raureif an Rosenkohl ist ein Symbolbild für den Gemüsegarten im Winter. Rosenkohl kann man nämlich mitten im Winter und bei Frost noch gut ernten. Während die meisten Kohlsorten ursprünglich nur deshalb zum Wintergemüse wurden, weil sie sich im Lager so gut halten, die eigentliche Ernte findet im Spätherbst statt. Ein Krautsalat aus Rosenkohlblättchen lässt sich zwar nicht auf Krauthobeln eimerweise vorbereiten, dafür schmecken die fein geschnittenen Rosenkohlblättchen besonders mild, zart und gleichzeitig knackig. Da reicht im Zweifelsfall auch ein einzelnes Kohlköpfchen für ein schönes Butterbrot.

Butterbrot mit Rosenkrautsalat

Zutaten: (für 4 Brote) 12 Rosenkohlköpfchen, 1 rote Peperoni, 1/2 TL Kümmelsaat, 4 EL Rapsöl, Salz, Pfeffer, 1 EL Weißweinessig, 2 Zwiebeln, 2 EL Walnusskerne, 4 Scheiben Bauernbrot, Butter zum Bestreichen

Zubereitung: Rosenkohl putzen, also die äußeren, welken Blätter abziehen. Rosenkohl - nach Belieben halbiert oder im Ganzen - in feine Streifen schneiden. Die Peperoni waschen und in feine Ringe schneiden. Kümmelsamen mit ein paar Tropfen Öl (so kullern sie nicht weg) auf ein Brett geben und fein hacken. Mit den Peperoni zum Rosenkohl geben, mit Salz, wenig Pfeffer und 1 EL Weißweinessig würzen, ziehen lassen. 2 Zwiebeln abziehen, halbieren und würfeln. Walnusskerne im kleinen Topf rösten bis sie duften, herausnehmen und grob hacken, leicht salzen. Zwiebeln mit 2-3 EL Rapsöl in den Topf geben und zugedeckt bei sanfter Hitze 15 Minuten goldbraun und weich dünsten. Gleich zu Beginn salzen, öfter umrühren. Falls ein Pastis oder Ouzo im Haus ist - einige Tropfen verstärken das Zwiebelaroma. Am Ende 4 große Bauernbrotscheiben (am besten mit toller Kruste) abschneiden, mit Butter bestreichen. Rosenkrautsalat mit wenig Rapsöl mischen, abschmecken. Zuerst die Zwiebeln, dann den Rosenkohlsalat auf den Broten verteilen, mit Walnusskernen bestreuen. Wer mag, kann ein oder zwei feine, französische Ölsardinen mit auf das Brot legen.

Rotkohl

Norddeutscher Rotkohl ist oft gesünder als bayerisches Blaukraut, und das liegt allein an der Zubereitung. Denn in Bayern gibt man häufig Natron mit an den Kohl, was die Kochzeit verkürzt. Das Gericht wird dadurch weniger säurelastig, was wiederum die Wirkung der prächtigen Kohlfarbe beeinträchtigt. Violette Pflanzenfarbstoffe, sogenannte Anthocyane, sind sehr gesund, weil sie die Zellen vor Beschädigungen schützen - durch reaktionsfreudige Sauerstoffatome. Nur sind diese Farbstoffe leider empfindlich, in saurer Umgebung bleiben sie stabiler als in basischer Umgebung - wo der Kohl blauviolett wird. Mit Säuren wie Essig oder Orangensaft färbt sich der Kohl eher rotviolett. Ein Tipp: Neben dem kugeligen Rotkohl gibt es auch Roten Spitzkohl, der schmeckt etwas süßer, zarter und eignet sich gut für rote Krautsalate. Hier aber soll es um Rotkraut als Suppeneinlage gehen, denn als solche ist es unterschätzt.

Udonnudelsuppe mit Rotkraut und knusprigem Speck

Zutaten: 1 Zwiebel, 300 g Rotkohl, 200 g Petersilienwurzeln, 1 Liter (Geflügel-)Brühe, 2 Lorbeerblätter, 4 Thymianzweige, 1 Bund Dill, 200 g Sauerkraut, 125 g (Pancetta-)Speck in dünnen Scheiben, Salz, Pfeffer, 1/2 TL Kümmel, 2 EL Weißweinessig, 200 g gekochte Kichererbsen, 400 g Udonnudeln (trocken aus dem Supermarkt oder 800 g gekocht und vakuumiert aus dem Asienladen), 200 g Sauerrahm oder Joghurt

Zubereitung: Zwiebel und Petersilienwurzeln schälen und würfeln oder in Scheiben schneiden. Das Rotkraut in feine Streifen schneiden. Das Gemüse beiseite stellen. Die Brühe mit den Schalen der Petersilienwurzeln, dem Kohlstrunk, Lorbeerblättern, Thymian und den Dillstängeln aufkochen und 20 Minuten bei schwächster Hitze ziehen lassen. Den Speck in einen Topf geben, erhitzen und goldbraun knusprig braten (dabei ab und zu bewegen).

Den Speck auf Küchenpapier abtropfen lassen und grob zerbröseln. Etwas vom Speckfett abgießen (abkühlen lassen und als Brotaufstrich verwenden), dann das Gemüse im restlichen Speckfett 2-3 Minuten dünsten, mit Salz, Pfeffer und einer Prise Kümmel kräftig würzen. Mit Weißweinessig ablöschen, die Brühe durch ein Sieb zum Gemüse gießen, Sauerkraut und Kichererbsen zugeben und alles zusammen etwa 20 Minuten kochen lassen.

Die Udonnudeln nach Packungsanweisung kochen. Nun die Suppe abschmecken, Nudeln abgießen und in Teller verteilen. Den Dill grob hacken. Rotkrautsuppe auf den Nudeln mit Dill, Sauerrahm und Speckbröseln anrichten. Tipp: Udonnudeln sind lang und glitschig - am besten isst man sie mit Stäbchen und Löffel; Gabel und Löffel sind zwar ungewohnt für eine Suppe, gehen natürlich aber auch.

Rezepte mit Schwarzkohl, Wirsing und Weißkraut

Schwarzkohl

Schwarzkohl oder Palmkohl (Italienisch: cavolo nero) ist eigentlich ein Grünkohl, nur sind die Blätter lang, schmal und blaugrün: Als Federn würden sie einem großen, eleganten Vogel gut stehen. Die Blätter eignen sich bestens, um darin alle möglichen Dinge einzurollen, die man vor allzu direkter Hitze schützen möchte. Der Trick dabei: Die Blätter im Ofen oder direkt auf einer mittelheißen Grillglut kurz anwelken lassen. Dann lassen sie sich einfach aufrollen. Die Forellenröllchen kann man wie beschrieben im Ofen zubereiten oder bei passendem Wintergrillwetter ebenfalls direkt in der Glut garen. Dann verkohlt die äußere Wicklung des Kohlblattes vielleicht ein wenig, aber der Inhalt schmeckt köstlich.

Forellenröllchen mit Ofen-Knoblauch-Zitronen-Salsa

Zutaten: 2 Knoblauchknollen (je frischer desto besser), 3 Bio-Zitronen, 1 TL Fenchelsamen, Salz, Pfeffer, 100 ml Olivenöl, 600 g Forellenfilet (ohne Gräten und ohne Haut), 3 EL Olivenöl, 2 EL Sojasauce, 12 große Schwarzkohlblätter

Zubereitung: Zuerst den Ofen auf 200 Grad vorheizen (Umluft). Die Knoblauchknollen im Ganzen auf einem Blech im Ofen garen, es dauert ungefähr 45 Minuten, bis die Zehen alle weich sind. Nach etwa 25 Minuten die Zitronen rundherum ein paarmal einstechen und mit in den Ofen geben. Wenn der Ofen sowieso schon angeschaltet ist, kann man als Beilage auch ein paar halbierte Kartoffeln oder in dicke Scheiben geschnittene Süßkartoffeln mit auf dem Blech garen. Fertigen Knoblauch und Zitronen kurz abkühlen lassen, dann quer halbieren. Fenchelsamen mit ein paar Tropfen Olivenöl hacken, mit Knoblauch- und Zitronenfruchtfleisch in eine Schüssel drücken. Verrühren, mit Salz und Pfeffer würzen, Olivenöl unterrühren.

Die Forellenfilets in etwa 20 längliche Stücke schneiden, dafür den breiten Teil der Filets längs halbieren. Die Forellenfilets mit Sojasauce und 2 EL Olivenöl marinieren. Schwarzkohlblätter etwa 7 Minuten im Ofen welken lassen. Den Ofen auf 220 Grad Umluft hochschalten. Dicke Mittelrippen aus den Schwarzkohlblättern herausschneiden, jedes Fischstück in einen Blattstreifen einrollen. Auf ein Blech setzen, mit Olivenöl beträufeln und auf der mittleren Schiene im Ofen 5 Minuten backen. Mit Salsa und Ofenkartoffeln (oder Kartoffelpüree oder Weißbrot) anrichten.

Wirsing

Wirsingblätter sind durch ihre Welligkeit lockerer und zarter als feste Kopfkohlsorten. So schmeckt ein Rahmwirsing-Püree mit etwas Muskat und Speck ganz wunderbar, während Pürees aus festem Rot- oder Weißkohl nicht so gut gelingen. Der Name "Wirsing" leitet sich vom italienischen "Verza" ab, denn Wirsing stammt aus Norditalien. Dort wird das Gemüse oft mit Käse kombiniert. Für einen "Flan di verza con Fonduta", einen Wirsing-Auflauf mit der italienischen Variante des Käsefondues, muss etwa ein Fontinakäse aus dem Aostatal in den Topf. Im Unterschied zum Schweizer Käsefondue wird "Fonduta" mit Eigelb gebunden. Nach unserer Erfahrung gelingt eine wirklich cremige "Fonduta" nur mit Fontinakäse aus Rohmilch perfekt, aber ganz ehrlich: ein Raclette ist auch sehr fein.

Geschmorter Wirsing mit Bröseln und Fonduta

Zutaten: Für die Fonduta: 300 g Rohmilch-Fontinakäse, 185 ml Milch, 3 Eigelbe, Salz, Pfeffer, Muskat, Für den Wirsing: 1 kg Wirsing, 2 Zwiebeln, 1 Apfel, 3-4 EL Butter, 1 Schuss Weißwein, 150 ml Wasser, 2 EL helles Miso, 3 EL grobe Semmelbrösel - Vorsicht, der Wirsing muss über Nacht ruhen!

Zubereitung: Den Wirsing waschen und welke Blätter entfernen, den Kohl in 6 dicke Spalten schneiden. Die Zwiebeln schälen, halbieren und fein würfeln. Den Apfel schälen, erst in Spalten, dann quer in Scheiben schneiden, dabei das Kerngehäuse entfernen. Wirsingstücke in einer oder zwei großen Pfannen von beiden Seiten mit 2-3 EL Butter hellbraun anbraten, dann alles in eine Pfanne legen, Apfel und Zwiebel zugeben, mit Salz und Pfeffer würzen und zugedeckt etwa 40 Minuten schmoren. Dabei nach und nach das Wasser angießen, so dass immer ein klein wenig Flüssigkeit in der Pfanne bleibt. Die weich geschmorten Kohlspalten aus der Pfanne nehmen, die Flüssigkeit vollständig einkochen, zuletzt das Miso unterrühren.

Wirsingstrunk herausschneiden. Eine Kastenform mit den größeren, grüneren Blättern auslegen. Die restlichen Blätter mit den Apfelzwiebeln sorgfältig in die Form schichten, überstehende grüne Blätter nach innen umschlagen. Den Wirsing in der Form mit einem Gewicht beschweren, zum Beispiel mit zwei vollen Tetrapacks. Im Kühlschrank über Nacht abkühlen und pressen.

Am nächsten Tag den Fontinakäse grob reiben und mit der Milch mischen, 2 Stunden ziehen lassen. Wirsing aus der Form stürzen und in 8 dicke Scheiben schneiden. Auf ein Blech legen. Auf der mittleren Schiene in den kalten Ofen schieben, auf 220 Grad erhitzen (Umluft). Nach 10 Minuten, wenn der Ofen heiß ist, mit Bröseln bestreuen, Butterflöckchen auf den Bröseln verteilen. Etwa 10 Minuten backen, bis die Brösel hellgolden sind. Währenddessen die Käse-Milch-Mischung in einer Metallschüssel über einem Wasserbad (passender Topf mit etwas kochendem Wasser) erwärmen, bis der Käse geschmolzen ist. Dabei ständig rühren. Nacheinander die Eigelbe zugeben. Dadurch wird die Masse zuerst flüssiger, nach einigen Minuten binden aber die Eigelbe, die Fonduta wird cremig. Jetzt sofort vom Herd nehmen, in einen zweiten Topf umfüllen und abschmecken. Je zwei Wirsingscheiben auf einem Teller mit Käsesoßenspiegel anrichten.

Weißkraut

Als Sauerkraut war der helle Kohl über Jahrhunderte eine der wenigen Vitamin-C-Quellen in der kalten Jahreszeit - oder auf langen Schiffsreisen. Denn Weißkohl lässt sich ganz leicht milchsauer fermentieren, so hält er monatelang ohne Vitamine zu verlieren. Rotkohl ist trockener als Weißkohl, sein natürliches Zellwasser reicht meist nicht aus, um genug natürliche Salzlake für die Fermentation zu bilden. Rotes Sauerkraut ist zwar möglich, aber viel seltener als weißes Sauerkraut. Von den vielen regionalen Weißkohlsorten, die früher angebaut wurden, haben sich einige bis heute gehalten. Zum Beispiel das berühmte Filderkraut aus der Nähe von Stuttgart oder das leider fast vergessene Ismaninger Kraut aus der Gegend nördlich von München. Weißkohlblätter funktionieren übrigens gut, um darin Gemüse sanft im eigenen Dampf zu garen. Das Kraut würzt das Gemüse dabei mit zarten Kohlaromen.

Ofengemüse in Kohlblättern

Zutaten: (für 4 Personen; als Beilage für 6-8 Personen) 4-5 EL Olivenöl, die äußeren Blätter von einem Kopf Weißkraut (den Rest für Krautsalat oder gedünstetes Weißkrautgemüse verwenden), 400 g Karotten, 400 g Kartoffeln, 400 g Lauch, 1 mittlere Fenchelknolle (300 g), 200 g Edelkastanien (aus der Tiefkühltheke oder vakuumiert), 1 Bio-Zitrone, 3 EL Haselnussmus, 100 g Oliven, 250 g Crème fraîche oder Joghurt

Zubereitung: Einen Topf mit Salzwasser zum Kochen bringen. Den Kohl mit dem Strunk auf eine große Gabel oder eine Fleischgabel spießen. Immer wieder in das Wasser tauchen, damit die äußeren Blätter weich werden. Nacheinander die äußeren Blätter vorsichtig abziehen, insgesamt etwa 20 Stück. Dicke Mittelrippen herausschneiden. Abtropfen lassen, dann eine große, geölte Auflaufform damit auslegen, so dass die Blätter sich großzügig überlappen und an den Rändern überstehen.

Die Karotten waschen, längs halbieren und in 4 cm lange Stücke schneiden. Kartoffeln waschen, nach Belieben schälen oder nicht, dann 3 cm groß würfeln. Lauch putzen, dabei Wurzeln und welke Blattstücke abschneiden, von der grünen Seite her einschneiden und in fließendem Wasser waschen. Die Lauchstange in 3 cm breite Stücke schneiden. Fenchelknolle halbieren und 2 cm groß würfeln. Die Zitronenschale dünn abschälen, den Saft auspressen. Alle Zutaten mit Kastanien, Oliven und Nussmus in die ausgelegte Form geben, kräftig würzen und mit Olivenöl beträufeln, in der Form vorsichtig mischen. Überstehende Kohlblätter nach innen umschlagen und alles mit drei, vier Kohlblättern zudecken. Den Ofen auf 180 Grad Umluft stellen, die Form mit einem Deckel zudecken mit dem Gemüse auf der zweituntersten Schiene in den kalten Ofen schieben und mit aufheizen. Sobald der Ofen heiß ist, 40 Minuten garen, Deckel abnehmen und 20-30 Minuten fertig garen bis das Gemüse weich ist.

Das Ofengemüse in der Form servieren, die Kohlblätter werden im Ofen teilweise knusprig und man kann sie - fast wie ein Gewürz mit dem restlichen Gemüse essen. Mit Creme fraîche oder Joghurt anrichten.

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