Kochschule:Tipps für Grillmeister, die es ernst meinen

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Angelo Menta möchte nicht mehr auf den Dutch Oven verzichten. Das ist eine Art Cowboytopf auf drei Beinchen, der in den USA sehr weit verbreitet ist. (Foto: Justyna Krzyzanowska)

Zweitgrill, Dutch Oven und Fleisch, das erst nach 13 Stunden fertig ist: Grillexperte Angelo Menta kennt jeden Trick. Was Gourmets von ihm lernen können.

Interview von Siri Warrlich

Herr Menta, mit Ihrem Buch "Grillgut" wollten Sie ein Nachschlagewerk für alle Lebenslagen eines Grillmeisters schaffen. Das Buch enthält - neben Rezepten - etwa 30 Seiten Theorie. Was sind am Grill die häufigsten Fehler?

Die meisten Leute grillen viel zu heiß. Der Grill wird mit Kohle zugeschüttet, alles darauf gehauen und kein Unterscheid zwischen verschiedenen Fleischsorten gemacht. Am Ende sind die edelsten Stücke vertrocknet und die Bratwurst gerade noch okay. Man sollte sich vorher schon ein paar Gedanken über Garzeiten machen und in eine Tabelle mit Kerntemperaturen schauen. Beim Grillen rate ich auf jeden Fall zu einem Fleischthermometer.

Grillen mit Tabelle und Thermometer klingt kompliziert. Grillen bedeutet doch Entspannung, Spaß, Gespräche mit Freunden. Wie geht das, wenn man nebenher rechnen muss?

Wer ein bisschen tiefer in die Materie einsteigen will, kommt natürlich nicht drum herum, sich mit der Technik dahinter auseinanderzusetzen. Eine Bratwurst auf den Rost legen kann schließlich jeder. Zwischen den Fleischsorten gibt es große Unterschiede. Ein Putensteak braucht etwa 90 Grad Kerntemperatur Celsius bis es gar ist, ein Rinderfilet medium 58 Grad. Das bedeutet nicht, dass das Fleisch bei dieser Temperatur gegrillt werden soll - sondern, dass die Temperatur im Inneren der Fleischstücke bis zu diesen Werten ansteigen, sie aber nicht überschreiten sollte. Um das sicherzustellen, braucht man ein Fleischthermometer. Wer ein paar Mal mit Tabelle und Thermometer gearbeitet hat, hat die Temperaturen dann aber rasch im Kopf. Was viele nicht wissen: Nachdem man das Fleisch vom Grill nimmt, steigt die Temperatur im Inneren noch mal, weil die Hitze von außen nach innen zieht. Man sollte das Fleisch also schon runternehmen, wenn bis zur idealen Temperatur noch zwei bis drei Grad Luft sind.

Abgesehen von Temperaturen ist in Ihrer Grillschule auch viel vom "indirekten Grillen" die Rede. Was bedeutet das?

Ich bin ein großer Fan des indirekten Grillens. Dabei ist nur ein Teil des Kohlenrosts mit Kohlen bedeckt. Das Grillgut liegt nicht direkt über den heißen Kohlen, sondern daneben. Es bekommt keine direkte Hitze von unten, sondern wird durch die Hitze gegart, die im Grill zirkuliert. Das geht natürlich nur mit einer Haube auf dem Grill. Für Fleisch, das länger braucht, ist das indirekte Grillen die ideale Zubereitung - zum Beispiel für Schweinefilet im Speckmantel. Das grillt man eine Dreiviertelstunde indirekt bei 170 Grad, legt etwas Räucherholz auf die Kohlen und hat am Ende ein langes, saftiges, leckeres Stück Fleisch im Grill.

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Sie bereiten sogar Rinderrouladen und das italienische Schmorgericht Ossobuco in großen Töpfen über der Kohle. Klappt das drinnen auf dem Herd nicht besser?

Für die meisten Leute scheint Grillen eine sehr einseitige Sache zu sein: Steaks, Hähnchenkeulen und noch ein paar Bratwürste, da hört die Auswahl an Gerichten auch schon auf. Dabei stimmt das gar nicht! Ich möchte neue Horizonte eröffnen. Der Grill ist letztlich auch nur eine Hitzequelle, Grillen nur eine Spielart des Kochens. Man kann auf dem Grill wunderbar Schmorgerichte wie Rinderrouladen zubereiten, die länger dauern. Letztlich hat man dann sogar mehr Zeit, mit Freunden zu reden, weil man die Stücke nicht ständig umdrehen muss. Man macht einfach den Deckel zu und kann das Fleisch vergessen. Beim Ossobucco schmoren die Beinscheiben zwei Stunden vor sich hin - genug Zeit für ein, zwei Bierchen.

Noch länger dauert es, nach Ihrem Rezept Pulled Pork zu smoken - nämlich zwischen 13 und 16 Stunden. Sie empfehlen, das Fleisch über Nacht mithilfe eines Rings aus Kohlen, dem sogenannten Minionring, zu smoken. Eine Kohle soll die nächste anstecken. Wenn die Glut erlischt, war die Mühe umsonst. Wie können Anfänger bei dem Gericht nachts noch ruhig schlafen?

Ich würde nicht empfehlen, zum ersten Pulled Pork direkt 50 Leute einzuladen. Das könnte nach hinten losgehen. Pulled Pork gehört schon zum Grillen für Fortgeschrittene. Eine Garantie, dass es klappt, gibt es nicht. Man muss ran und es ausprobieren. Als ich es das erste Mal gemacht habe, bin ich ehrlich gesagt die ganze Zeit dabei geblieben. Ich habe eben frühmorgens angefangen, das ist die Alternative zum Smoken über Nacht.

13 Stunden Smoken funktioniert nur, wenn die Briketts von guter Qualität sind. Aber woher weiß man das beim Einkaufen?

Die meisten Griller verwenden entweder Holzkohle oder Holzkohlebriketts. In der Regel werden Briketts aus Holzkohlestaub gepresst. Holzkohlen glühen schnell an und glühen etwas heißer als Briketts, aber dafür verglühen sie auch schneller. Der Preis ist ein wichtiger Anhaltspunkt für die Qualität. Gute Holzkohlenbriketts kosten derzeit zwischen 1,50 und zwei Euro pro Kilo. Bei Kohlen liegt der Preis etwas niedriger, ab ein Euro aufwärts pro Kilo. Wer zusätzlich Räucherholz verwendet, kann damit den den Fleischgeschmack verändern. Das Holz wird einfach auf die glühenden Kohlen gelegt und fängt nicht an zu brennen, weil im Kugelgrill nur wenig Sauerstoff ist. Obsthölzer räuchern eher mild. Buche, Eiche oder Walnuss liefern dagegen würzigen Rauch. Räucherholz gibt es in verschiedener Form zu kaufen, zum Beispiel als Mehl oder Chips. Ich mag größere Stücke lieber, die man bei Bedarf einfach wieder aus dem Grill nimmt.

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Mit guten Kohlen ist es aber nicht getan. Sie raten Profi-Grillern zum Zweitgrill. Warum?

Es gibt beim Grillen ein Problem, das immer wieder auftritt: Das Fleisch landet nach dem Grillen auf kalten Tellern. Bis alle endlich eingetrudelt sind und am Tisch sitzen, ist das Zeug abgekühlt. Da dachte ich mir, warum packt man das Fleisch, nachdem es gegrillt wurde, nicht in einen Zweitgrill mit drei, vier Kohlen? Dann hat er um die 60 Grad. Dort kann das Fleisch ruhen, bis alle zum Essen bereit sind. Eine Ruhezeit von etwa fünf Minuten ist bei guten Steaks übrigens ohnehin ganz wichtig. Nur dann wird es richtig schön zart und die Säfte sammeln sich und laufen nicht sofort heraus, wenn man das Fleisch anschneidet. Im Saft steckt schließlich der Geschmack. Und man kann im Zweitgrill - ähnlich wie im Backofen - wunderbar die Teller vorwärmen. Der Zweitgrill kann auch ein ausrangierter sein oder einer aus dem Baumarkt für 30 Euro. Hauptsache, das Ding hat einen Deckel.

Was gehört sonst noch zur Grundausstattung für Griller, die es ernst meinen?

Auf jeden Fall ein Haubengrill, er bietet am meisten Möglichkeiten. Was man auch haben sollte, ist ein Anzündkamin. Das ist eine Art kleine Tonne mit einem Griff dran. Man kippt die Kohlen hinein, darunter kommt Grillanzünder - sollte man auch haben - und nach etwa 25 Minuten sind die Kohlen durchgeglüht und man muss sie nur noch ausschütten. Superpraktisch. Es glüht viel gleichmäßiger durch als im Grill. Wichtig ist auch eine Grillzange, mit der man das Grillgut wendet. Nicht immer mit der Gabel reinpieksen, dann läuft der ganze Fleischsaft hinaus. Auch gut ist eine Kohlenzange und ein eiserner Ascheeimer neben dem Grill, wenn man mal Kohlen rausnehmen möchte. Die Menge der Kohlen im Grill ist nämlich der beste Weg beim Kugelgrill, die Grundtemperatur im Grill zu kontrollieren. Was auch sehr sinnvoll ist, sind ein paar hitzefeste Handschuhe. Ohne Handschuhe den heißen Grillrost anzufassen, ist nicht so toll.

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Von Christina Metallinos

Ein halbes Jahr lang haben Sie auf einem Künstlerhof mit Grillrezepten experimentiert. Welches ist Ihr Favorit für die kommende Grillsaison?

Besonders haben es mir die vegetarischen Experimente angetan. Es hat mir Riesenspaß gemacht, da ein paar Sachen auszuprobieren, zum Beispiel einen Burger mit krossen Buchweizenstreuseln im Patty. Man mischt fein gemahlenes Buchweizenmehl mit heißem Wasser. Das gibt Klümpchen, die ein bisschen wie Hackfleisch aussehen. Die Klümpchen in der Pfanne kross rösten, dann kommen sie in das Patty - eine Mischung aus Lauch, Ei, getrockneten Tomaten und Käse. Der Burger ist saftig und trotzdem kross. Ich mag ihn total gerne, gerade eigentlich fast lieber als Fleischburger.

Inspiration für Ihre Rezepte bekommen Sie auch aus dem Ausland. Spareribs zum Beispiel sind ein Grill-Klassiker aus den USA und in Südafrika ist das Barbecue als "Braai" enorm wichtig. Welche Ideen aus anderen Ländern könnten auch die Grillkunst in Deutschland bereichern?

Nicht mehr verzichten möchte ich auf den Dutch Oven, eine Art Cowboytopf auf drei Beinchen, der in den USA sehr weit verbreitet ist. Dort kennt ihn jeder. Er ist gusseisern und schwer, man legt Kohlen darunter und oben drauf. So wird der Dutch Oven zu einer Art Backofen. Er ist super geeignet für alles Geschmorte, auch für Eintöpfe oder man kann sogar Burgerbrötchen darin backen. Hier ist er noch relativ unbekannt, aber das geht jetzt so langsam los. Die meisten ambitionierten Griller wissen genau, was ein Dutch Oven ist und nutzen ihn nebenher, um zum Beispiel noch einen Eintopf zu machen. Der köchelt dann so vor sich hin, braucht nur eine Hand voll Kohlen und man kann ihn vergessen. Nach zwei, drei Stunden ist der Eintopf fertig - obwohl man so gut wie keinen Aufwand damit hatte.

Mehr Informationen für Grillfreunde gibt es im Buch "Grillgut", Becker Joest Volk Verlag, 29,95 Euro. (Foto: Becker Joest Volk Verlag)
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