Süddeutsche Zeitung

Kochnische zu Steak:Zartes Fleisch, rückwärts gebraten

Scharf anbraten, dann im Ofen gar ziehen lassen - so lautete die Regel, um auch zu Hause ein butterweiches Steak wie beim Profi hinzubekommen. Ein deutscher Sternekoch predigt dagegen: Macht es doch andersrum!

Von Christina Metallinos

Kolja Kleeberg, Inhaber des Berliner VAU-Restaurants, empfiehlt für das perfekte Steak die Methode des sogenannten Rückwärtsgarens: Das Fleisch wird roh in den Ofen gelegt und darin vorgegart - und erst danach in der Pfanne angebraten. So wird es innen zart und hat außen trotzdem eine schöne Kruste. Soweit die Theorie.

Die meisten Hobbyköche sind der Ansicht, Fleisch habe Poren, durch die Flüssigkeit austritt, wenn man es nicht scharf anbrät. Eine Legende, aber eine, die sich hartnäckig hält. Wer sein Steak bisher immer erst angebraten und dann in den Ofen gelegt hat, tut sich mit dem Rückwärtsgaren zunächst schwer.

Umgewöhnung als größte Herausforderung

Insofern steht am Anfang dieses Praxistests die Überwindung. Dazu verwende ich ein kleines Rumpsteak, knapp zwei Zentimeter dünn, 180 Gramm schwer. Dies hätte ich gerne medium rare, also zwischen rosa und blutig.

Das Steak wird gesalzen und gepfeffert, dann kommt es im vorgeheizten Ofen auf den Rost, bei 50 Grad Ober-/Unterhitze. Nach etwa 55 Minuten erhitze ich auf dem Herd eine gusseiserne Pfanne mit etwas neutralem Öl wie Sonnenblumen- oder Rapsöl. Alternativ geht auch Butterschmalz. Sobald das Fett heiß ist, kommt das Steak in die Pfanne. Von jeder Seite eine Minute scharf anbraten, danach in Alufolie wickeln und noch einmal fünf Minuten ruhen lassen. Schließlich mit Meersalz und frischem Pfeffer, mit Kräuterbutter oder mit einer Sauce nach Wahl servieren.

Bereits vor dem Anbraten hatte ich die Befürchtung, dass das Steak zu lange im Ofen war - beim Anschnitt habe ich schließlich die Gewissheit. In der Mitte geht es gerade noch als medium durch, außen ist es für meinen Geschmack bereits zu durchgebraten. Woran das liegt? Das Steak war vergleichsweise dünn, insofern würde ich für Steaks um die 200 Gramm, die nicht von einem dicken Filetstück stammen, nicht mehr als 45 Minuten Garzeit empfehlen.

Ungenauigkeit einbeziehen

Abgesehen davon lassen sich die wenigsten Haushaltsöfen exakt auf 50 Grad Celsius einstellen. Die perfekte Kerntemperatur für die Garstufe "medium rare" liegt bei rund 55 Grad - ist die Temperatur im Rohr höher, geht es natürlich schneller. Dickere Stücke können dafür ruhig länger im Ofen ruhen, selbst wenn der Durchmesser des Steaks kleiner ist. Kleeberg hält als Vorgarzeit einen Zeitraum zwischen 60 und 90 Minuten für angemessen.

Für den zweiten Versuch verwende ich wieder ein kleines Rumpsteak, das ich nach einer knappen Dreiviertelstunde heraushole und anbrate. Es entspricht genau meiner Vorstellung: Der Geschmack passt, das Fleisch ist saftig, die Kruste gebräunt. Zudem ist die rückwärtsgebratene Variante vergleichsweise stressfrei und lässt sich gut vorbereiten. Da jedes Steak nur zwei Minuten in der Pfanne braucht, kann man auch größere Mengen auf einmal zubereiten.

Einziger Nachteil: die lange Garzeit im Rohr. Eigentlich bräuchte ich meinen Ofen zwischendurch mal für die Beilagen. Ofenkartoffeln und geröstete Gemüse mit mediterranen Kräutern zum Beispiel. Ganz klassisch, vorwärtsgebacken.

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