Kochnische zu Cronuts:Drei Tage, ein Bissen

Cronuts

Das Beste aus Hefe- und Croissantteig, vereint in einem teuflischen Gebäck.

(Foto: Christina Metallinos)

Das Beste aus Hefe- und Croissantteig, vereint in einem teuflischen Gebäck: Der Cronut machte einen französischen Konditor in New York berühmt. Nun hat er sein Rezept verraten. Doch dafür braucht man Zeit. Viel Zeit.

Von Christina Metallinos

Mit seinem Hybrid aus Donut und Croissant hat Konditor Dominique Ansel 2013 in New York einen Hype ausgelöst. Stundenlang standen die Menschen vor seiner Bäckerei an, nur um eines der begehrten Plunderteilchen zu ergattern. Vor einigen Monaten befeuerte Ansel den Run auf die Cronuts erneut, indem er sein Originalrezept veröffentlichte. Wer das ausprobieren will, braucht allerdings: Zeit. Viel Zeit. Ansel veranschlagt für sein Rezept ganze drei Tage.

Vorbereitung ist bei ihm alles. Der Konditor beschreibt zunächst, welche Utensilien man in der Küche haben sollte. Minimum sind mehrere Rührschüsseln, ein passender Ausstecher für Donuts (oder ein großer und ein kleiner, runder Ausstecher), Backpapier, ein großes Lineal und ein Küchenthermometer. Dann kann es losgehen.

Tag 1

Der Plan für heute: Teig und Füllung zubereiten. Eigentlich. Der Blick in den Kühlschrank zeigt mir, dass ich unmöglich zwei Tage lang Platz für ausgerollten Cronut-Teig und noch eine Schale voller Creme habe. Deshalb muss letztere warten, dafür wird der Teig aus folgenden Zutaten angesetzt:

570 g Mehl

20 g Salz

115 g Zucker

1 Pck. Trockenhefe

240 ml kaltes Wasser

2 kleine Eiweiß

115 g weiche Butter plus nochmal 250 g weiche Butter

1 EL Sahne

Alle Zutaten (außer die 250 g weiche Butter, die brauchen wir erst später) in eine große Rührschüssel geben und mit der Küchenmaschine etwa drei Minuten verkneten, bis sie gemischt sind. Teig in eine geölte, große Schüssel geben, mit Frischhaltefolie bedecken und an einem warmen Ort drei Stunden gehen lassen.

Dann den Teig ausrollen und die vier Ecken jeweils hochziehen und zur Mitte falten. So entweicht Luft aus dem Teig. Diesen auf einer bemehlten Oberfläche zu einem Quadrat mit etwa 25 Zentimetern Kantenlänge ausrollen. In eine gefettete Auflaufform legen, mit Frischhaltefolie bedecken und über Nacht kaltstellen.

Nun die 250 g weiche Butter flach in Stücken in einen Gefrierbeutel geben, diesen so umschlagen, dass er zu einem Quadrat von etwa 18 Zentimetern Kantenlänge wird. Mit einem Teigroller mehrmals darüberrollen, sodass ein gleichmäßiges Butterquadrat entsteht. Dieses auch kaltstellen.

Der Teig wirkt zäh. Mit Horrorszenarien von reißendem Cronut-Teig und zerfransten Teigfetzen im Kopf lese ich Erfahrungsberichte wie diesen hier. Der einzige Trost danach: Wenn ich versage, bin ich nicht alleine.

Teig mit Schönheitsgeheimnis

Tag 2:

Der Teig ist mein erster Gedanke nach dem Aufwachen, doch über Nacht hat er einen Schönheitsschlaf im besten Sinne gehalten. Beim Darüberstreichen ist er geschmeidig, zart und glatt. Womöglich hat Dominique Ansel ja das Schönheitsgeheimnis für strahlende Haut entdeckt: Hefe und Butter?

Apropos Butter, um die geht es heute. Der Hefeteig wird touriert, das heißt, er wird mehrmals gefaltet und mit Fett durchzogen. So wird er später blättrig wie ein Croissant. Dafür das Butterquadrat aus dem Kühlschrank holen und gegebenenfalls mit einem Teigroller noch einmal darüber gehen, sodass es geschmeidig ist. Es sollte beim Biegen nicht brechen oder reißen, aber auch nicht an den Fingern festkleben.

Teig noch einmal zu einem Quadrat mit etwa 25 Zentimetern Kantenlänge ausrollen. Das Butterquadrat in die Mitte setzen - so versetzt, dass die Ecken des Butterquadrats genau auf die Mitte der Teigkanten zeigen. Die Teigecken nun in die Mitte falten, sodass der Teig wie ein Umschlag die Butter einwickelt. Kanten festdrücken. Es sollte keine Butter herausschauen oder quellen.

Auf einem leicht bemehlten, großen Brett den Teig zu einem Quadrat mit 50 Zentimetern Kantenlänge ausrollen. Die untere Hälfte auf die obere klappen. Danach nochmals halbieren, also die rechte Teigkante auf die linke Teigkante legen. Nun sollte das Quadrat noch etwa 25 Zentimeter Kantenlänge haben.

Mit Frischhaltefolie bedeckt in den Kühlschrank legen. Nach einer Stunde den Teig erneut zu einem 50 mal 50 Zentimeter großen Quadrat ausrollen und genauso falten wie im vorherigen Schritt. Danach in Folie eingewickelt im Kühlschrank über Nacht gehen lassen.

Tag 3

Es ist soweit - heute soll es endlich Cronuts geben. In Ansels Konditorei in New York gibt es die Zuckerbomben jeden Monat mit einer anderen Füllung, er hat drei unterschiedliche in seinem Originalrezept angegeben. Ich entscheide mich für die Zitronencreme und hoffe, dass die frische Säure dem fetten Teig etwas von seiner Schwere nimmt.

Für die Zitronencreme, die man genauso gut schon an Tag 1 zubereiten hätte können, braucht man:

200 g Sahne

100 g weiße Schokolade

Saft und Schale von einer Zitrone

70 g Zucker

2 Blatt Gelatine

500 ml Traubenkernöl (zum Frittieren)

Schokolade grob hacken. Gelatine nach Packungsanweisung einweichen und ausdrücken. Sahne mit Zucker, Zitronenschale und Gelatine aufkochen. Über die gehackte Schokolade gießen und verrühren, bis die Schokolade sich aufgelöst hat. Bei Zimmertemperatur auskühlen lassen, danach den Zitronensaft unterrühren. In eine flache Gefrierdose geben und etwa eine Stunde in der Tiefkühltruhe kühlen. Gut umrühren und für eine weitere Stunde in den Kühlschrank geben.

Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und zu einem Quadrat mit etwa 40 Zentimetern Kantenlänge ausrollen. Mit Frischhaltefolie bedecken und eine Stunde kaltstellen.

Mit einem gut bemehlten Donutausstecher oder einem großen und einem kleinen, runden Ausstecher danach die Cronuts aus der Teigplatte ausstechen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und dieses leicht bemehlen. Die Cronuts daraufsetzen. An einem warmen Ort zwei Stunden gehen lassen, bis die Teiglinge aufgegangen sind und sich etwa verdreifacht haben.

Ufos aus Pisa

Bisher hat alles bestens funktioniert. Doch bereits nach einer halben Stunde sehe ich das Desaster kommen: Einige der Teiglinge gehen schief auf und sehen aus wie Ufos aus Pisa. Aber erst einmal frittieren. In seinem Rezept besteht Ansel auf Traubenkernöl, dieses ist tatsächlich gut geeignet - es schmeckt nahezu neutral und hat einen hohen Rauchpunkt, kann also sehr stark erhitzt werden.

Die 500 ml Traubenkernöl in einem kleinen, flachen Topf auf 175 Grad Celsius erhitzen. Mit dem Küchenthermometer die Temperatur kontrollieren. Zwei bis drei Cronuts hineinsetzen und goldbraun frittieren, danach wenden und im Öl lassen, bis sie auch von der anderen Seite goldbraun aussehen. Auf einem Gitter mit Küchenpapier abtropfen lassen und komplett auskühlen lassen.

Das befürchtete Desaster wird wahr: Die Cronuts, die Schieflage bekommen haben, kippen im Ölbad zur Seite. Manch ein Ring zerfällt in all seine schönen Lagen. Nach einer Weile habe ich aber den Dreh heraus: Je mehr Cronuts im Fett schwimmen, desto eher zerfallen sie. Deshalb lieber einen weniger in den Topf packen, als Platz hätte. Außerdem sollten die Teiglinge ganz gerade mit einem Schaumlöffel ins heiße Fett gesetzt werden und nicht seitlich hineingleiten.

Fotos von Fehlversuchen hinter den Kulissen zeigt man als Foodblogger nicht gerne. In diesem Fall sind sie aber als Ermutigung zu verstehen, wenn die Cronuts beim ersten Mal nicht aussehen wie aus dem Hochglanzmagazin.

Cronuts

Fotos von Fehlversuchen hinter den Kulissen zeigt man als Foodblogger nicht gerne.

(Foto: Christina Metallinos)

Die Creme aus dem Kühlschrank holen und mit einem Mixer luftig aufschlagen. In einen Spritzbeutel geben und die Cronuts mit einer spitzen Tülle von oben mit der Creme füllen. Danach mit einer gezackten Tülle den Rest der Creme oben auf den Cronuts verteilen, sodass die Einstichlöcher nicht mehr sichtbar sind. Noch am selben Tag verzehren.

Statt der Cremehaube am Schluss schlägt Ansel übrigens Zuckerguss mit Zitronensaft vor - ich persönlich finde die Creme jedoch ansehnlicher. Doch Optik ist nicht alles, viel wichtiger sind andere Dinge. Die Konsistenz? Unglaublich. Wie ein perfekt aufgeblättertes Croissant, nur mit knusprigen Lagen bis zum Innersten. Der Geschmack? Egal ob zerfallen oder nicht, beim Biss in den Cronut jubeln meine Geschmacksknospen. Es ist eine Liaison aus Fett und Fett und Zucker, die meine innersten Instinkte sofort anspricht. Ich will mehr!

Nach einem halben Cronut erinnere ich mich allerdings an eine Weisheit meiner Großmutter. Falls ihr im Café Käsekuchen serviert wurde, aus dem noch warme Butter floss, sagte sie immer: "Mit so viel Fett, da kann er nur schmecken!" Jetzt, mit einem Anflug von Völlegefühl und Übelkeit weiß ich: Recht hatte sie.

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