Kochkurs für die Mittagspause:Französisch für Anfänger

Kochkurs Ruth Kochatelier Berlin

Moïra Seba kocht mit ihren Lehrlingen in Berlin-Mitte Gerichte, die aussehen wie aus dem Edel-Restaurant.

(Foto: Moira Seba)

"Wie heißt das: Köcheln?" Im Berliner Kochatelier kommen in der Mittagspause Hungrige zusammen, von denen manche noch nie richtig gekocht haben. Am Ende wissen sie, warum die französische Küche drei Salze, zwei Ölsorten und zwei Pfefferarten benötigt. Und wie göttlich das schmecken kann. Ein Besuch.

Von Ruth Schneeberger, Berlin

Moïra Seba hat alles im Griff. Nachdem die Französin dem weiblichen Neuankömmling gezeigt hat, wie man beim Zubereiten von Lauch mit einem sehr scharfen Messer weder die Fingerkuppen abschneidet noch die Klinge auf dem Schneidebrett abstumpft, ist sie in Sekundenschnelle beim nächsten Problemfall angelangt: einem jungen Herren, der nicht weiß, was köcheln ist.

Moïra Seba ist mutig. Die Frau mit dem hellroten Kurzhaarschnitt hat ihren Job als Juristin aufgegeben, um sich neben der Familie ihrem liebsten Hobby zu widmen: dem Essen - und Kochen. In Québec aufgewachsen, danach in Paris gelebt und schließlich nach Berlin umgesiedelt, ist die 45-jährige Französin mit deutschen Wurzeln dreisprachig aufgewachsen, was ihr jetzt zugute kommt. Und dem Kochatelier Ratatouille. Denn das kreative Publikum von Berlin-Mitte, das sie anziehen möchte, ist international, multikulturell - und mehrsprachig.

Die Kochkurse im Ratatouille finden wochentags statt. Abends und - das ist das besondere - mittags, sie dauern im Schnitt ein bis zwei Stunden. Kosten pro Person: 18 Euro. Mit inbegriffen ist das Rezept, mit dem sich das Gericht zuhause innerhalb von 30 Minuten nachkochen lässt.

Der niederländische Gast mit der runden Hornbrille versteht immer noch nicht, was der Unterschied zwischen kochen, köcheln und dämpfen ist. Was an den feinen sprachlichen Unterschieden zwischen dem Niederländischen, dem Deutschen und dem Englischen liegen mag, die hier ausprobiert werden. Oder daran, dass er zuhause so selten kocht. Dafür kommt eine Engländerin inzwischen gezielt in die deutschsprachigen Kurse, um besser Deutsch zu lernen. Dabei gäbe es auch englischsprachige Kurse. Und französische.

Sprachunterricht mit Zwiebel

Die Köchin Seba ist überzeugt: Das Sprachenlernen gelingt am besten durch Anschauungsunterricht. Die Zwiebel in die Hand zu nehmen und zu schneiden hinterlässt einen bleibenderen Eindruck als das Wort Zwiebel an eine Schultafel zu schreiben.

Dabei möchte sie ihren Gästen nicht nur das Kochen beibringen, sondern auch das Genießen. Und zwar auf Französisch. Sie spricht zwar Deutsch mit eindeutigem französischem Akzent - aber gekocht wird ausschließlich französisch.

Lachsfilet mit Honigkruste an Süßkartoffelbrei. Maispoularde, gefüllt mit geräuchertem Schinken, an Zucchini, mit eingelegter Zitrone. Rinderfilet mit Roquefortsauce an Drillingskartoffeln mit Brokkoli. Solche Sachen. Heute kochen wir: Gedämpfte Dorade mit rosa Pfeffer und Estragon an Quinoa und Lauchfondue. Klingt kompliziert für eine Truppe mit zehn Leuten, von denen einige schon Hunger haben, bevor sie die hell eingerichtete Remise in der Ackerstraße auch nur betreten haben.

Genießen trotz Bürostress

Doch die Zubereitung ist überraschend einfach. Fisch entgräten, mit den passenden Gewürzen belegen, zum Spieß formen, dämpfen - fertig. Lauch schneiden, in Butter köcheln lassen, die passenden Gewürze und Sahne dazu - fertig. Quinoa (glutenfrei und eine in Frankreich ähnlich dem Couscous beliebte Alternative zu Reis) kochen, würzen - fertig.

Das ist es auch, was Moïra Seba im Sinn hatte, als sie das Kochatelier Anfang des Jahres eröffnete: Zeigen, dass die französische Küche - ganz entgegen ihres Rufs - gar nicht so elitär ist. Dass sogar Ungeübte mit ein paar einfachen Handgriffen und den passenden Zutaten aus den Läden um die Ecke feine Gerichte zustandebringen. Dass Kochen Spaß macht, auch in der in Deutschland oft so knapp bemessenen Mittagspause. Dass es gesünder ist, sich für das Essen Zeit zu nehmen und man die Zubereitung nicht immer anderen überlassen muss.

Franzosen nehmen sich traditionell für die Mittagspause viel mehr Zeit als die Deutschen. Manchmal bis zu zwei Stunden, dazu ein Gläschen Wein. Oder auch zwei. Franzosen wickeln beim Mittagessen Geschäfte ab, heißt es. Die Deutschen besiegeln sie eher mit einem Mittagessen. Franzosen kochten viel mehr selbst, erzählt Seba - dafür seien die Deutschen geselliger und träfen sich gerne in großer Runde. Beide Eigenschaften verbindet sie nun in ihrem Projekt, das sie zwei Jahre lang vorbereitet und für das sie in Frankreich extra das Kochhandwerk erlernt hat. Kochkurs soll es nicht heißen, weil es keine unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen gibt. Hier sollen gezielt Menschen unterschiedlichen Alters, Nationalität und Herkunft zusammenkommen.

Geheimnis: rosa Pfeffer

Eine ältere Kursteilnehmerin ist Stammgast und schaut aufmerksam zu, wenn die Köchin einer jungen Studentin erklärt, was rosa Pfeffer ist und woran man erkennt, dass der Fisch frisch ist. Obwohl sie das meiste schon kennt, ist sie diejenige, die sich am angeregtesten über jede neue Zutat beugt, alles genau wissen will und an jedem Gewürz mit Begeisterung schnuppert.

Überhaupt, die Kräuter: Rosa Pfeffer wollen nun alle in ihrer Küche verwenden. Warum die französische Küche mit mindestens drei Salzen, zwei Ölsorten und zwei verschiedenen Pfefferarten kocht, das haben alle verstanden: weil die billigen Sorten zum Kochen und die teuren zum Verfeinern benutzt werden. Auch in der einfachen französischen Küche.

Am Ende des Kurses sitzen die Gäste - von der Bankangestellten über den Selbständigen bis zum Hausmann - vor dem selbst zubereiteten Feinschmeckerfisch und zart geköcheltem Lauchfondue auf Quinoaboden. Auf den Tellern sieht es aus wie im feinen französischen Restaurant. Dank eines Holzspießes, mit dem die Dorade in nur vier Minuten samtweich und hübsch eingerollt gedämpft wurde. Mithilfe eines Metallrings werden die Portionen hübsch angerichtet. Dazu ein kühles Gläschen Chardonnay und zum Abschluss ein köstliches Apfelkompott.

"Für mich hat es sich vor allem wegen der Warenkunde gelohnt", berichtet die blonde Erstbesucherin dem Fernsehteam, das an diesem Tag auch dabei ist. Kochen kann sie zwar schon routinierter als die meisten anderen hier. Aber für die kleinen Zaubertricks will sie jetzt öfter kommen.

Und Moïra Seba ist: ein bisschen erschöpft vom Multi(-kulti-)tasking - aber zufrieden.

Kochatelier Ratatouille, Ackerstr. 2, Mitte, Tel. 24 04 68 90, www.ratatouille-berlin.de.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: