Streetstyle:Schulmädchenreport Folge 281

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"Baby one more time": Der Titel von Britney Spears Hit trifft auch auf den immer wiederkehrenden Trend von Kniestrümpfen zu Röcken zu. (Foto: Screenshot: Youtube)

Ein Modetrend als endlose Saga: Strümpfe zu Röcken und kurzen Hosen sind als Streetstyle-Phänomen wieder mal zurück. Interessanterweise tragen auch immer mehr Männer den Look.

Von Silke Wichert

"Baby one more time" heißt einer der größten Hits von Britney Spears aus dem Jahr 1998, und genauso, wie dieser Song nicht totzukriegen ist, schlägt auch der Modetrend aus dem legendären Video immer wieder zu: Kniestrümpfe zu kurzen Röcken. Damals wie heute der ultimative Schulmädchen-Look, der alle paar Jahre auf Laufstege und Bürgersteige zurückkehrt.

Warum? Nun ja, akademisch anspruchsvoll ist die Erklärung nicht. So fortschrittlich/feministisch sich die Gesellschaft einerseits gibt, so erratisch/erotisch operiert sie weiterhin auf kognitiver Ebene. Lolita-Fantasien ziehen also immer noch ähnlich verlässlich wie der Strapse-Korsagen-Trigger, den Billie Eilish kürzlich auf dem Cover der britischen Vogue zündete. Bisschen schizophren das Ganze, aber das passt ja in unsere generell etwas widersprüchliche Zeit.

Sofort was los am Bein: Laufsteglook von Fendi für diesen Sommer. (Foto: Fendi)

Aktuell sieht man Socken zu Röcken auch deshalb so häufig auf der Straße, weil dort sowieso gerade alles aus den Neunzigern zurückkehrt. Bauchfrei, Tunnelzug-Zeugs, rechteckige Sonnenbrillen - und eben Faltenröcke mit Kniestrümpfen und flachen Schuhen, wie sie abgesehen von Britneys Video auch in der Mode-Klamotte "Clueless" von 1995 zu sehen waren. Die Kniestrumpfabteilungen weltweit dürften in den letzten Monaten ordentlich Umsatz gemacht haben. Schon im Spätherbst vergangenen Jahres posteten unter dem Hashtag #schoolcore auf Instagram Horden von Mädchen Bilder von sich in kurzen Röcken mit Strümpfen. (Hatte vielleicht aber auch damit zu tun, dass es im Corona-Jahr der geschlossenen Bildungsanstalten sonst nicht allzu viel "schoolcore" gab.)

Die Theorie, im Sommer sei die Kombination aus kurz (sommerlich) und lang (herbstlich) eigentlich nur mittelpraktisch, wurde vom Wetter der vergangenen Wochen eindrucksvoll widerlegt. All die jungen Mädchen von München bis Berlin konnten zuletzt gar nicht passender angezogen sein. Beim halben Bedecken der Beine dürfte allerdings noch etwas anderes eine Rolle spielen: "Mini" hatte in der Mode jetzt erstaunlich lange Pause. Fast alle Röcke und Kleider reichten in den letzten Saisons bis zur Hälfte der Wade (midi) oder bis zum Knöchel (maxi), weshalb ständig von "modest fashion" die Rede war. Nun, da es in Kollektionen von Versace bis Saint Laurent wieder richtig kurz wird, wählen viele erst mal den schrittweisen Übergang: Was oben jetzt freiliegt, wird von unten her wieder bedeckt, die "Nackte Haut zu bedeckter Haut"-Ratio bleibt also praktisch die gleiche.

Im Japanischen gibt es sogar ein eigenes Wort für diesen Bereich zwischen Rock und Strumpf. "Zettai ryōiki." Vor allem durch die Manga-Kultur ist der Look aus kurzem Rock und (Overknee-)Socken dort besonders populär. Als die ideale Ratio zwischen Länge des Minis, der gezeigten Haut und dem oberen Strumpfteil gilt übrigens 4:1:2,5 - mit einer Toleranz von großzügigen 25 Prozent.

Ausgleichende Gerechtigkeit? Schuljungen-Ästhetik von Gucci. (Foto: Gucci)

Auf dem Laufsteg war die Kombination für diesen Sommer etwa bei Acne Studios, dem ukrainischen Label Bevza, Gucci und vor allem bei Fendi zu sehen. Kaum ein Rock oder Kleid kam hier ohne weiße oder schwarze Strümpfe aus. Unter Stylisten ist die Sockenkiste ohnehin ein beliebtes Mittel, damit unten rum noch ein bisschen mehr los ist auf dem Laufsteg. Interessant ist, dass längere Socken immer häufiger auch bei Männern zum Einsatz kommen. Nach dem Erfolg der Dokumentation "The Last Dance" über Michael Jordan konnten viele die Socken gar nicht hoch genug ziehen. Das Bild von Harry Styles in sehr kurzen Gucci-Shorts mit längeren Socken in den Loafern ging Anfang des Jahres sofort viral. Auch hier greift - immerhin ausgleichende Gerechtigkeit - irgendwo die Schuljungen-Ästhetik.

Horden von Mädchen bereiteten sich diesen Sommer außerdem gedanklich auf die viel betrommelte Neuauflage der Serie "Gossip Girl" vor. Weil die bekanntlich in einer New Yorker Privatschule spielt, würden da natürlich, so dachte man jedenfalls, lauter coole Schuluniform-Looks zu sehen sein. Seit Anfang Juli läuft nun das Reboot auf HBO Max und ist zumindest in dieser Hinsicht eine Enttäuschung. Kaum Strümpfe. Dafür aber: hohe, wuchtige Stiefel. Und genau diese Kombination ist für nächsten Herbst bei Labels wie Miu Miu oder Bottega Veneta zu sehen. Extra kurz zu extra hoch. Das Prinzip bleibt also ungefähr das gleiche, nur mit härterer Gangart.

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