Süddeutsche Zeitung

Kate Moss bei der "Vogue":Model mit Businessplan

Ein bisschen Yoga, ein bisschen Designen und ein bisschen Werbung für Anti-Falten-Cremes: Die Zweitkarrieren von Supermodels sind meist nicht gerade nachhaltig. Kate Moss ist da wohl eine Ausnahme. Jetzt wird sie Modejournalistin bei der Zeitschrift "Vogue" - obwohl ihre große Stärke bisher ihre Schweigsamkeit war.

Von Mareike Nieberding

Yogalehrerin, Tierschutzaktivistin, Fernsehmoderatorin - das waren Zweitkarrieren, auf die sich ehemalige Supermodels bisher einließen. Hier und da kam dann noch eine Werbekampagne für die neueste Anti-Age-Creme rein. Aber sogar dafür ist man schnell wieder zu alt: Adieu Christy Turlington, Linda Evangelista, Cindy Crawford! Der Motor der Modeindustrie ist ihr Kurzzeitgedächtnis. Eine echte, nachhaltige Zweitkarriere erfordert deshalb einen mindestens genauso klugen Businessplan wie die Erstkarriere. Vielleicht sogar einen besseren. Diesen Eindruck macht jedenfalls die Zukunftsplanung von Kate Moss.

Mit 39 Jahren scheint sie noch mal ganz vorne anfangen zu wollen. Erst in der vergangenen Woche ließ die Britin verkünden, dass sie wieder für die heimische Modekette Topshop arbeitet; seit 2007 hat sie bereits 15 Kollektionen für das Unternehmen entworfen, und nach drei Jahren Pause versucht sie sich nun aufs Neue als Modedesignerin. Und jetzt noch das: Kate Moss wird Redakteurin bei der britischen Vogue. Sie kehrt also zurück an den Ort, an dem sie selbst zum Star gemacht wurde. 1993 war sie das erste Mal auf dem Cover der britischen Ausgabe der Vogue zu sehen, danach noch 32 weitere Male.

Warum wechselt sie jetzt die Seiten? Geldsorgen? Kaum. Moss' Vermögen wird auf etwa 160 Millionen Pfund (190 Millionen Euro) geschätzt. Langeweile? Vielleicht. Berühmt geworden ist sie mit dem Heroin Chic der Neunzigerjahre, berüchtigt, weil sie sich im Laufe der Nullerjahre vom Chic befreite und nur die Drogen blieben. Aber das ist lange her. Moss ist spätestens seit ihrer Hochzeit mit Jamie Hince, dem Gitarristen von The Kills, rehabilitiert - und die schwarzledrige Vergangenheit mit Pete Doherty endlich passé. Taucht ihre Nase doch noch mal in den Klatschspalten auf, dann nur, weil sie sie gegen gutes Geld in irgendein Blumenbouquet steckt und nicht, wie früher, in ein Kokstütchen.

Jetzt also Vogue. Man fragt sich: Kann die das? Moss' große Stärke war bisher ihre Schweigsamkeit. Sie ist seit 25 Jahren im Geschäft und verweigert fast ebenso lang jegliche Interviews. Während fast jeder, ob mode-interessiert oder nicht, weiß, wie die Klum kreischt und die Schiffer kichert, könnte man bei der Moss nicht mal sagen, ob sie immer noch so schön nach ihrer Süd-Londoner Heimat Croyden klingt wie früher. Und vor allem, ob sie was zu sagen hat. Allerdings deutet ihre neue Chefin Alexandra Shulman schon an, dass sie wohl eher mit Fotos als mit Texten arbeiten wird. Moss wisse nun mal, was ein "wundervolles Bild ausmacht".

Aber auf einem Bild zu sein ist etwas ganz anderes, als eins zu machen. Vor allem, wenn man es gewöhnt ist, im Blitzlicht zu stehen. Modeproduktionen sind Knochenarbeit, Redakteurinnen oft mehr mit Kistenschleppen, Bügeln und Model-Betüteln beschäftigt als mit dem eigentlich Kreativen, dem Foto. Da moss sie jetzt durch, die Gute.

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SZ vom 18.10.2013/dayk
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