Kolumne "Eigener Herd":Knolle und Scholle

Frühkartoffeln

Frühkartoffeln sind besonders fein im Geschmack. Ein Tipp, wenn auch nicht leicht zu bekommen, ist die "Pfälzer Grumbeere".

(Foto: Frank May/dpa)

Richtig gute Frühkartoffeln zu finden, ist gar nicht so einfach. Dafür machen sie es einem in der Küche um so leichter. Außer Nussbutter und ein wenig Salz brauchen sie nichts.

Von Marten Rolff

Auf dem Acker hat gerade die fetteste, vielseitigste Zeit des Jahres begonnen. In den besser sortierten Regalen liegen seit Kurzem die ersten regionalen Frühkartoffeln aus, für manche bereits ein Höhepunkt des Erntejahres. Verständlich, denn diese ersten Kartoffeln sind zart und dicht, stärkearm und speckig zugleich, und sie haben oft ein sehr feines, manchmal nussiges Aroma. Klar, ihnen fehlt diese fluffige, tröstliche Cremigkeit, die spätere, nicht durchweg festkochende Sorten auszeichnet und die sich besser für Püree oder Ofenkartoffeln eignet. Dafür besitzen Frühkartoffeln eine leichte Süße und Frische, die ungewöhnlich scheint für erdige Knollen und einen als Esser fast fröhlich stimmen kann.

Zugegeben: Gemessen an der traurigen, immer gleichen Ware in vielen Supermärkten sind die Ansprüche an eine gute Kartoffel heute extrem niedrig. Ähnlich wie bei Äpfeln hat die Sortenvielfalt immer weiter abgenommen. Und leider ist dabei ein wenig in Vergessenheit geraten, was für große Unterschiede es gibt - und dass die Wahl einer Sorte keine reine Geschmacksfrage ist. Denn noch wichtiger ist, wofür man eine Kartoffel eigentlich braucht.

Für goldbraune Bratkartoffeln unbedingt nach der Sorte Mayan Gold suchen

Da wäre zum Beispiel die speckige, am besten noch junge Sieglinde, die sich besonders gut für Kartoffelsalat (und Sommerpicknicks!) eignet. Wer hingegen gerade eine Ofen- oder Grillkartoffel benötigt, nimmt keine Frühsorte, sondern vielleicht eine gut abgelagerte, extrem cremige King Edward (leider schwer zu finden ...). Eine besonders aromatische, nussige Frühkartoffel ist Mayan Gold, die sich wegen ihrer kurzen Garzeit von kaum zehn Minuten perfekt für knusprige (und bitte nicht vorgegarte!) Bratkartoffeln eignet. Traditionalisten schwören auf das Aroma der etwas späteren Sorte Rosa Tannenzapfen. Und auch manche deutsche Landwirte setzen auf den Anbau der sehr feinen französischen Sorte La Ratte. Die sei zwar den Regionalfans unter den Kunden als vermeintliche Importware schwer zu vermitteln, erzählte kürzlich ein Kartoffelbauer, aber seit er sie als "Dingenskircher Hörnchen" verkaufe, laufe das Geschäft.

Es lohnt sich also zu variieren, auch wenn man manchmal dafür ein wenig suchen muss. Beim Kartoffelhändler "Caspar Plautz" auf dem Münchner Viktualienmarkt empfehlen sie naturgemäß gern, zwei verschiedene Sorten Kartoffeln als Beilagen zu kombinieren. Einfach um die Knolle aufzuwerten, aber auch um mehr Abwechslung auf den Teller zu bringen und sich ein wenig durch das Sortiment zu probieren. Caspar Plautz ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, wie groß der Bedarf an guten Kartoffeln zu sein scheint. Plautz war eigentlich ein Benediktinermönch, der bereits 1621 ein Buch über Kartoffeln schrieb. Heute haben sich drei Münchner Junggastronomen seinen Namen für ihren Kartoffelhandel ausgeborgt, der nach Eröffnung zum Stadtgespräch wurde. Auch sie haben ein Kartoffelkochbuch herausgegeben, das lange vergriffen war, aber soeben in einer Neuauflage erschienen ist (Caspar Plautz, Rezepte mit Kartoffeln; Kay Uwe Hoppe, Dominik Klier, Theo Lindinger, Verlag Antje Kunstmann). Das Buch ist auch deshalb eine Empfehlung, weil es jahreszeitlich arbeitet und man so ein gutes Gefühl für die Wandlungsfähigkeit und Vielfalt von Kartoffeln bekommt.

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In der Küche machen es es einem Frühkartoffeln besonders einfach. Vor allem, wenn man sie in die Mitte des Tellers rückt und zur Hauptzutat erklärt. Dann sind ein frischer Kräuterquark oder Frankfurter Grüne Soße dazu immer eine gute Wahl. Für Letztere ist es fast schon ein wenig spät, und man muss Glück haben, Kräuter wie Borretsch, Pimpinelle oder Sauerampfer zu bekommen. Sie lässt sich aber auch prima abwandeln. Für einen schlichten Kräuterquark 250 g Quark (20 %) mit 100 g Joghurt oder Sauerrahm mischen, mit 1 bis 2 TL scharfem Senf, etwas Zitrone oder Balsamico, einem hart gekochten, klein geschnittenen Ei, Salz und Pfeffer verfeinern. Hinein kommen außerdem mindestens 1-2 klein geschnittene Frühlingszwiebeln, gehackte Petersilie und Schnittlauch. Dazu gern Kresse, Kerbel, Estragon oder was das Kräuterbeet gerade so hergibt, Variieren ist hier fast schon Pflicht. Auch geröstete, gehackte Sonnenblumenkerne schmecken toll im Quark.

Auf dem Pankratiushof in Hechtsheim bei Mainz bauen sie seit gut hundert Jahren Kartoffeln an. Der Hof hat auch ein hervorragendes Restaurant (Pankratiushof) und ist für seine guten Produkte bekannt. Wer in der Küche nach einem Rezept für Frühkartoffeln fragt, hört vor allem den Rat: Weniger ist mehr. Man solle nur ein wenig Butter erhitzen und für etwa fünf Minuten kontrolliert köcheln lassen (gelegentlich umrühren, damit die Molke nicht anbrennt!), bis sie nussig duftet und eine goldbraune Farbe annimmt. Die Nussbutter durch ein Sieb streichen und zum Beispiel zu gekochten jungen Kartoffeln der Sorte Annabelle oder La Ratte servieren. Nun nur noch eine Prise Fleur de Sel darüberstreuen und vielleicht ein bisschen Rupf-Salat dazulegen. Fertig ist der Frühsommer.

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