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Kalifornien verbietet Gänsestopfleber:Foie gras gilt als Fauxpas

Für die Gänse ist es eine Qual, für viele Feinschmecker eine Delikatesse. Als erster Staat in den USA will Kalifornien die Stopfleber von den Speisekarten verbannen. Einige Restaurants hatten dagegen auf ihre Art protestiert: mit Stopfleber-Orgien.

Für diese Delikatesse werden jährlich Tausende Gänse und Enten qualvoll gemästet: Foie gras, der französische Exportschlager schlechthin, darf bei vielen Feinschmeckern gerade zu Weihnachten nicht fehlen. Zumindest kalifornische Gourmets müssen von Sonntag an aber auf Stopfleber verzichten. Es ist der erste US-Bundesstaat, der Herstellung und Verkauf der umstrittenen Pastete verbietet. Mit dem neuen Gesetz ist künftig auch der Handel mit Federn und anderen Produkten von Gänsen und Enten, die unfreiwillig mit Riesenmahlzeiten gestopft wurden, tabu.

Frankreichs Foie-gras-Industrie ist mit einer Jahresproduktion von etwa 20.000 Tonnen mit Abstand die weltweit größte. Bereits 2006 wurde die Delikatesse dort per Gesetz als "Kultur- und Gastronomieerbe Frankreichs" unter besonderen Schutz gestellt.

Für Tierschützer ist das Inkrafttreten des neuen Gesetzes dagegen längst überfällig. Bereits 2004 war das Verbot in Kalifornien beschlossen worden, der damalige Gouverneur Arnold Schwarzenegger segnete es ab. Landwirten und Restaurants wurde allerdings viel Zeit gelassen, um sich auf den Gänseleber-Bann einzustellen oder Vorschläge zu einer humaneren Fütterung zu unterbreiten.

Die Politik hat in Kalifornien einige Spitzenköche auf seiner Seite. Bereits 2007 verbannte Hollywoods Star-Koch Wolfgang Puck Gänseleber von seinen Speisekarten. Andere Gourmets liefen aber Sturm gegen das drohende Verbot, eine Gruppe von 100 Promi-Köchen startete eine Kampagne gegen das Gesetz.

Restaurants protestieren mit Stopfleber-Orgien

Josiah Citrin, Inhaber des "Mélisse" in Santa Monica, protestierte Ende Mai gegen das Verbot auf seine Art - mit einem achtgängigen "Foie for All"-Menü, das von der Vorspeise bis zum Dessert Foie gras enthielt. Auch andere Restaurants im Raum Los Angeles luden bis zum Stichtag am 1. Juli zu Stopfleber-Orgien, wie zum Beispiel das "Petrossian" in West Hollywood, das im Juni ein "Farewell"-Menü mit fünf Gängen, inklusive Foie-gras-Eiscreme, zusammenstellte.

Die Hälfte der Kunden habe in den letzen Tagen dieses Menu bestellt, sagte Chefkoch Ken Takayama der Los Angeles Times. "Nie zuvor in meiner gesamten Kochkarriere habe ich so viel Foie gras gekauft". Für Tierschützer war das aufgetischte Menü eine Provokation: Citrin servierte Stopfleber in Form von Pastete, als Parfait, mit Pistazien-Kruste garniert, als Verfeinerung von Hummer sowie Lachs und sogar Tortelloni mit Foie Gras. Zum Nachtisch ließ er Kuchen und Eis mit Stopfleber auffahren. Das Gelage kostete 200 Dollar pro Person, die Gäste mussten sich vorher anmelden.

Citrin verkauft sogar T-Shirts mit dem Bild einer kleinen Ente mit Kochmütze und dem französischen Schriftzug "Touche Pas à Mon Foie Gras" ("Hände weg von meiner Foie Gras"). Gemeinsam mit anderen Chefköchen gründete er eine Allianz für artgerechte und ethische Tierhaltung, die Coalition for Humane and Ethical Farming Standards, kurz: CHEFS. Die Gruppe soll dem Eindruck entgegenwirken, die Edelrestaurants würden sich nicht um das Schicksal der Tiere scheren. Mit einer Petition hatten die CHEFS zuvor versucht, die Parlamentarierer in der kalifornischen Hauptstadt Sacramento doch noch umzustimmen.

Doch vergeblich: Wer von Sonntag an gegen das Verbot verstößt, dem droht ein Bußgeld von bis zu 1000 Dollar am Tag.

In Deutschland ist das Stopfen von Gänsen und Enten - wie in vielen anderen EU-Staaten auch - verboten. Die Überfütterung der Tiere mit Hilfe in den Hals eingeführter Stopftrichter wird als Tierquälerei angesehen. Angesichts des freien EU-Binnenmarkts ist der Import und Verkauf von Foie gras aber weiter zugelassen.

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