Würde man jemanden als „blöde Birne“ beschimpfen? Als „arroganten Apfel“, „fiese Feige“ oder „trottelige Traube“? Wohl kaum. Nur die Pflaume muss als einzige Obstsorte als Schimpfwort herhalten. Warum ausgerechnet diese beliebte Frucht zweckentfremdet wird, um Menschen zu beleidigen, ist nicht nachvollziehbar. Eigentlich ist „Pflaume“ ein Kompliment, denn was gibt es Besseres als einen ofenwarmen Zwetschgendatschi? Oder einen Zwetschgenknödel mit Butter und Semmelbröseln, außen weich und süß, innen süßsäuerlich?
Pflaumen und Zwetschgen (im Elsass Quetschen) tragen nicht nur regional unterschiedliche Namen, es handelt sich streng genommen um verschiedene Sorten (wobei es auch verwirrend viele Kreuzungen zwischen beiden gibt). Zu den Zwetschgen gehören alle Formen mit länglichen, spitz zulaufenden Früchten und dunkel- bis schwarzblauer Schale. Pflaumen sind eher rund bis oval, die Früchte sind rötlich bis blau, auch gelbe und grüne Renekloden und gelbe Mirabellen gehören zu den Pflaumen. Die Ume wiederum ist pflanzenkundlich eher mit der Aprikose verwandt, wird bei uns aber „japanische Pflaume“ genannt.
Salzpflaumen wirken sogar fiebersenkend
Der pappsüße Pflaumenlikör, der in deutschen China-Restaurants mit der Rechnung an den Tisch kommt (und dann oftmals heimlich in Blumentöpfen entsorgt wird), wird aus Ume hergestellt. Roh ist diese Frucht ungenießbar, sie eignet sich auch nicht zum Kuchenbacken. Dennoch erfährt sie im fernen Osten sprachlich weitaus mehr Wertschätzung als die Pflaume bei uns. Eine japanische Redensart besagt: „Eine Umeboshi am Morgen schützt den ganzen Tag vor bösen Geistern.“ Umeboshi sind getrocknete, in Salz eingelegte, fermentierte Pflaumen. In der japanischen Volksmedizin werden sie verwendet, um Lebensmittelvergiftungen zu heilen, Fieber zu senken und Dauermüdigkeit zu bekämpfen. Die Wirkung ist grob gesagt das Gegenteil von „Du Pflaume!“.
Die Blüten des Ume-Baums werden in Japan verehrt wie die Kirschblüte. Es existieren mehr als 100 Gedichte über Ume im Manyōshū, der „Sammlung von Zehntausend Blättern“, Japans ältester Gedichtsammlung. Umeboshi sind Teil eines gesunden Frühstücks, mittags liegt eine Salzpflaume in der Bento-Box, zum Abendessen gibt es einen Schluck Umeshu (Pflaumenschnaps). Am besten schmecken sie, wenn sie traditionell im Holzfass fermentiert wurden, aber mit ein wenig Geduld kann man sie auch relativ einfach selbst herstellen.

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Die Aubergine kann so herzhaft und befriedigend schmecken wie kaum eine andere Frucht. Besonders toll ist es, sie zu grillen und dann mit Mozzarella, Tomaten und Basilikum zu füllen.
Da man hierzulande keine frischen japanischen Pflaumen bekommt, kann man alternativ Mirabellen oder Wildpflaumen verwenden, die ebenfalls noch Saison haben. Europäische Pflaumen und Zwetschgen schmecken dagegen zu süß und sind zu weich. 500 Gramm Früchte mit 80 Gramm Salz, zwei Teelöffel Wodka und zwei TL Zitronensäurepulver in einen sauberen Plastikbeutel geben, alles gut durchmischen, Luft aus dem Beutel drücken, so verschließen, dass kein Saft herauslaufen kann, und flach auf einen Teller legen. Mit einem Kilo Gewicht beschweren und nach etwa einer Woche den (mittlerweile sehr flüssigen) Inhalt in ein steriles Glas füllen. Wenn das Wetter trocken und sonnig ist, eine Schale mit Küchenpapier auslegen, Früchte einzeln darauf platzieren und drei Tage lang trocknen lassen (geht auch drinnen). Die Salzlake aufheben. Wenn die Mirabellen getrocknet sind, in die Flüssigkeit zurückgeben und mindestens drei bis sechs Monate im Keller oder im Kühlschrank reifen lassen. Alternativ kann man fertig eingelegte Umeboshi im Asia-Laden kaufen.
Ein einfaches Rezept mit Salzpflaumen sind Onigiri mit Umeboshi. Die japanischen Reisbällchen sind ideale Snacks für die Mittagspause oder eine gesunde Alternative zu Landjäger und Käsebrot bei Wanderungen. Dafür den Reis waschen, im Reiskocher garen und abkühlen lassen. Mit Furikake (Gewürzmischung) und etwas Salz würzen, mit nassen Händen zu Kugeln formen. Pflaumen entsteinen, durch ein Loch in die Reisbällchen drücken, mit Nori (Algenblatt) umwickeln – fertig. Das schaffen auch Leute, die sich als Küchen-Pflaume einschätzen.
Das braucht man dazu
- 5 Tassen Sushireis
- 1 Packung Nori (Algenblätter)
- Umeboshi (japanische Salzpflaumen)
- 1 Prise Salz
- 1 Packung Furikake (japanische Gewürzmischung)